Dresden. Es ist einer der heißesten Arbeitsplätze der Stadt. Auf dem mittleren Straßenzug der Carolabrücke gibt es nicht einen Schattenplatz, die Sonne brennt den ganzen Tag auf die abgefräste Fahrbahn herab. Da hilft nur eine Kopfbedeckung und ausreichend Wasser für die Bauarbeiter von Hentschke Bau, die den mittleren Brückenteil sanieren.
"Obwohl sich das Tragwerk der Brücke in einem guten Zustand befindet, sind verschiedene Erhaltungsmaßnahmen erforderlich, um das Bauwerk auch in den nächsten Jahrzehnten nutzen zu können", sagt Simone Prüfer, die Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes zum Pressetermin am Mittwoch. Zuletzt wurde 1994 an der Brücke gebaut, damals war die Entwässerung defekt, und es lief Wasser in ihr Inneres. "Alle 30 Jahre muss man an einer Brücke wieder arbeiten, um sie für kommende Zeit fit zu machen", sagt Prüfer.
Was bedeutet der Denkmalschutz für die Carolabrücke in Dresden?
Dazu werden momentan die Brückenkappen, das sind die Randbereiche des mittleren Brückenzuges, mit ihren Geländern und Beleuchtungsmasten abgebrochen und neu errichtet. Die ersten Stahlbetonkappen an der elbaufwärts gelegenen Brückenseite sind bis zur Brückenmitte bereits betoniert und vom Elbradweg aus gut mit ihrer markanten Zahnung erkennbar.
Im restlichen Abschnitt laufen Schal- und Bewehrungsarbeiten. "Weil es vergangene Woche heiß und windig war, haben wir die Kappen mit Folie abdecken müssen, sonst wären sie zu schnell getrocknet, und das hätte Risse ergeben", sagt Bauüberwacher Jörg Hoffmann.
"Die Carolabrücke wurde im vergangenen Jahr unter Denkmalschutz gestellt, und es war eine Auflage, gezahnte Kappen herzustellen", sagt die Amtsleiterin. Das sei technologisch etwas aufwendiger und bedarf mehrerer Arbeitsschritte, sei finanziell aber nur geringfügig teurer.
Auch die sogenannten Füllstabsgeländer müssen in ihrer Form erhalten werden, ist eine weitere Auflage vom Denkmalschutz. Da das Geländer aber den technischen und Sicherheitsanforderungen entsprechen muss, wird es künftig 1,30 Meter hoch, statt bisher 97 Zentimeter.
Interessantes Detail: Bis Juni 2021 war der erste, elbaufwärts liegende Brückenzug der 1971 fertiggestellten Carolabrücke saniert worden. Zu diesem Zeitpunkt stand die Brücke noch nicht unter Denkmalschutz, und so musste nicht auf diese Vorgaben geachtet werden. Die Kappen sind hier glatt betoniert, und das bestehende Geländer hat eine Erhöhung erhalten.
Woran wird an der Carolabrücke momentan gearbeitet?
Wenn die Brückenkappen fertig sind, wird die Brückenabdichtung im Fahrbahnbereich aufgebracht. Sie besteht aus mehreren Schichten: einer Epoxidharzgrundierung, einer Bitumenschweißbahn und Gussasphalt. Dann werden die Brückengeländer montiert und neue Lichtmasten aufgebaut. Im Brückeninneren soll noch die Elektroausstattung erneuert werden. Abschließend erhält die Brücke bis zur Ampel am Rathenauplatz einen neuen Fahrbahnbelag aus Asphaltbeton.
Auch die Brückenabdichtung wird erneuert. Am Spannbetontragwerk sind schadhafte Stellen zu sanieren. Weiterhin tauschen Fachleute die Fahrbahnübergangs-Konstruktionen aus, setzen die Brückenentwässerung instand und erneuern die Beleuchtung. Auch im Inneren der Brücke müssen Schäden beseitigt werden. Das ist in einigen Bereichen nur kriechend möglich. Für die Reparatur der Schäden an der Außenseite wird ein Arbeitsschiff genutzt.
Wann soll der Brückenteil wieder nutzbar sein?
Nachdem von Dezember 2019 bis Juni 2021 der erste, elbaufwärts liegende Brückenzug saniert wurde, arbeiten die Fachleute seit Oktober 2022 am mittig liegenden. Ende 2023 soll er wieder nutzbar sein.
Bereits wie beim ersten Brückenzug muss die Stadt die Sanierung komplett selbst bezahlen, da es keinen Zuschuss vom Freistaat gibt. Die Baukosten von rund 3,5 Millionen Euro liegen noch im geplanten Rahmen, sagt Simone Prüfer. Die Sanierung des ersten Brückenzuges hatte 5,5 Millionen Euro gekostet.
Wie soll der Verkehr auf der Brücke geführt werden?
Wenn der mittlere Teil wieder geöffnet wird, soll es nicht wie bisher zwei Spuren für den motorisierten Verkehr geben. Die Stadt plant dort einen Verkehrsversuch. Danach wird es einen Fahrstreifen in Richtung Innenstadt für Autos, Busse und Lkw geben. Die zweite Fahrbahn steht dann Radfahrern zur Verfügung. Sie haben mit diesem "Reallabor", wie die Stadt den Verkehrsversuch nennt, einen durchgängigen Radweg von der Albertstraße, über die Brücke und weiter über die St. Petersburger Straße in die Stadtmitte und weiter zum Unigelände.
Wie geht es mit dem letzten Brückenzug der Carolabrücke weiter?
Ab 2024 soll der letzte, elbabwärts liegende Brückenzug saniert werden, auf dem sich die Straßenbahngleise und ein kombinierter Fuß- und Radweg befinden. Der genaue Baubeginn stehe aber noch nicht fest. "Dazu sind noch Abstimmungen zu gleichzeitigen anderen Bauvorhaben im Umfeld und zur Sperrung des Straßenbahnverkehrs zu führen", erläutert die Straßenbauamtschefin. Auch sei die Finanzierung dafür noch nicht gesichert. Prüfer rechnet mit einer Bauzeit von rund 1,5 Jahren.
Der neue Geh- und Radweg auf dem zuletzt zu sanierenden Brückenzug wird wie der auf dem elbaufwärts liegenden Brückenteil von 3,60 auf 4,25 Meter verbreitert. Er bietet damit wesentlich bessere Bedingungen für Passanten, die dort gern ein Foto von Dresdens Silhouette machen. Möglich wurde die Wegeverbreiterung, da erstmals beim Großbrückenbau leichterer Carbon- beziehungsweise Basaltbeton eingesetzt wurde. Damit hatte die Stadt gemeinsam mit dem Institut für Massivbau der TU Dresden neue Wege beschritten. (mit SZ/phi)
Weitere Informationen zur Brücke unter www.dresden.de/carolabruecke