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Ein Stollenmädchen bäckt in der Welt

Konditorin Hanna Haubold lernt in London, Nizza und Oslo die Tricks der Profis kennen. Ihrem Traum bringt sie das ein Stück näher.

Von Kay Haufe
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Eigentlich zählen Torten nicht zu den LIeblingskuchen von Hanna Haubold. Doch ihre Herstellung findet sie großartig.
Eigentlich zählen Torten nicht zu den LIeblingskuchen von Hanna Haubold. Doch ihre Herstellung findet sie großartig. ©  privat

Fast zehn Euro für ein kleines Törtchen! Das ist im berühmten Londoner Kaufhaus Harrod's ganz normal. Aber dafür bekommt der Kunde auch etwas ganz Besonderes: Erstklassige Rohstoffe und natürlich die perfekte Dekoration mit Blattgold und glänzenden Umhüllungen. Hanna Haubold erzählt euphorisch von den drei Wochen, die sie in der Pattisserie des Edelkaufhauses arbeiten durfte. Direkt nach ihrer Ausbildung zur Konditorin hat sie sich dort im März 2019  für ein Praktikum beworben und wurde genommen. "In London habe ich mit den Top-Konditoren der Welt zusammengearbeitet. Zu sehen, wie dieses Unternehmen strukturiert ist und wie die Mitarbeiter auf die verschiedenen Wünsche der Gäste wie Unverträglichkeiten eingehen, war eine große Bereicherung für mich", sagt Haubold.   

Die 22-Jährige ist keine Unbekannte in Dresden, war sie doch 2017 das  Stollenmädchen. Schon damals ließ sie mit ihren Kenntnissen über das berühmte Weihnachtsgebäck ihre Konkurrentinnen hinter sich. Ihre Ausbildung bei der Kaffee Wippler GmbH konnte Hanna bereits ein halbes Jahr früher als gewöhnlich abschließen. "Meiner Lehrmeisterin Kathrin Wippler habe ich sehr viel zu verdanken." Sie habe ihr nicht nur sehr viel beigebracht, sondern immer auch Raum für eigene Ideen gelassen, die Hanna ausführen durfte. Die Arbeit in der Konditorei habe sehr viel Spaß gemacht. "Heutzutage findet man ja viele Rezepte und auch Videos zum Backen im Internet. Aber ich muss das ausprobieren und üben, nur dann kann ich es mir auch aneignen", sagt sie, die übrigens gar nicht so gern Torten isst, sondern viel lieber Mohnkuchen.     

Verrückt und flippig

Dass sie einmal Konditorin werden würde, stand lange nicht fest. Nach dem Abitur wollte Hanna erst mal nur raus aus dem gewohnten Umfeld, arbeitete als Au pair in Neuseeland. Dort hat sie unter anderem ein  Café kennengelernt, in dem sie auf Anfrage auch selbst mitbacken durfte. "Mein Traum war schon immer, ein eigenes Café zu eröffnen. Also habe ich mich gefragt, was ich dafür alles brauche." Logischerweise kam Sie dabei auf eine Ausbildung im Bäcker- oder Konditorenbereich. Von Neuseeland aus hörte sie sich um, wer dafür in Dresden gute Referenzen hat. Und landete bei Familie Wippler. "Ich habe es einfach probiert und mit Kathrin Wippler sogar geskypt." Sie hatte Glück und bekam den Platz. Kein Selbstverständlichkeit, denn bei Wipplers stehen die Ausbildungsbewerber Schlange. Aber auch für Kathrin Wippler war die Arbeit mit Hanna eine große Bereicherung, wie sie sagt. "Hanna vergisst man nicht so schnell. Sie ist wirklich überdurchschnittlich in ihren Leistungen, dazu kreativ und wissensdurstig. Durch ihre verrückte und flippige Art, die absolut positiv ist, hat sie uns auch im Team mitgerissen. Wir sind heute noch in Kontakt."   

Neues kennenzulernen und das mit ihrem Faible für Reisen zu verbinden, war schon immer Hannas Wunsch. Einen perfekten Partner fand sie dabei in der Dresdner Handwerkskammer, wo sie das Erasmus-Programm kennenlernte, das jungen Leuten den Austausch in Europa ermöglicht und finanziell unterstützt. "Na klar, muss ich mir selbst die Betriebe aussuchen und mich bewerben, auch Unterkunft und Flüge buchen", sagt Hanna.  Aber organisatorisch werde ihr von der IHK viel abgenommen. So führte sie ihr Weg durch die europäischen Backstuben weiter nach Nizza, Edinburgh und Oslo. Neben perfekten Croissants hat sie in Frankreich auch Mille Feuille kennen- und zubereiten gelernt, ein hauchdünnes Blätterteiggebäck mit Creme. "Und natürlich Macarons und Quiche", sagt sie rückblickend. 

Reden mit Kollegen verboten

Doch nicht immer klappt alles in der Zusammenarbeit. Das Arbeitsklima sei in der Backstube am Mittelmeer sehr angespannt gewesen, der Vorarbeiter habe die Mitarbeiter gern schreiend in die Schranken gewiesen. Hanna durfte dort nicht mit anderen reden. "Das hat mich belastet und so etwas möchte ich nicht noch einmal erleben", sagt sie. Ganz anders dagegen in der schottischen Hauptstadt, wo sie wie eine Freundin im jungen Team aufgenommen wurde.  

Inzwischen absolviert Hanna ihre Meisterausbildung. Klappt alles, wird sie im April fertig. Auch hier haben ihr   besonderes Engagement und ihr Interesse für das Handwerk weitergeholfen. Sie erhält die Begabtenförderung und muss nur zehn Prozent der Kosten selbst tragen. Wenn sie fertig ist, will Hanna auf jeden Fall weitere Backstuben dieser Welt kennenlernen, das Erasmus-Programm ermöglicht ihr es noch einige Monate.  Den Traum vom eigenen Café träumt Hanna weiterhin. Aber inzwischen könnte er etwas in die Ferne rücken. Denn während der Meisterausbildung hat Hanna ihre große Liebe getroffen. Einen angehenden Bäckermeister aus dem Brandenburgischen. "Er kommt aus einem Familienbetrieb, den er mal weiterführen möchte und ich fühle mich dort bereits sehr wohl", sagt sie mit einem Lächeln.   

Exotische Brote

Der Vater ihres Freundes habe schon zwei ihrer Ideen umgesetzt, saisonale Brote mit Curry, Kürbis und Pflaume sowie mit Trockenpflaumen, Walnüssen und Pflaumenmus. Beides sei bei der Kundschaft gut angekommen. "Das motiviert mich."

Wenn Hanna Bedenken hört, was den Bäcker- und Konditorenberuf angeht, schüttelt sie den Kopf. "Na klar müssen wir früh aufstehen. Aber wir haben dafür mehr vom Tag, es ist alles eine Organisationsfrage. Und so hat doch jeder Beruf Vor- und Nachteile." Sie rät jungen Leuten im Handwerk, die ersten harten Monate der Ausbildung unbedingt durchzustehen, pünktlich und motiviert zu sein. "Wenn die Stimmung im Team nicht stimmt, kann das zermürbend sein, aber da muss man durch", sagt sie. Dafür hätten die Handwerksberufe viele Vorteile. "Man sieht sofort, was man gemacht hat, kann eigene Ideen umsetzen und eingefahrene Kreisläufe auch positiv verändern."  

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