Dresden
Merken

Ermittlungen nach Pegida-Demo

Am Montagabend kam es zu Auseinandersetzung am Neumarkt. Die Polizei ermittelt auch wegen eines neuen Transparents.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Polizei ermittelt.
Die Polizei ermittelt. © dpa/Friso Gentsch (Symbolfoto)

Nach der ersten Pegida-Demo dieses Jahres vergrößert sich die Anzahl laufender Ermittlungsverfahren bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Gleich zweimal kam es am Neumarkt zu körperlichen Auseinandersetzungen. Zunächst sollen Pegida-Teilnehmer auf Gegendemonstranten losgegangen sein, weil sie angeblich von dieses gefilmt worden waren. Nach dem Ende der Demo kam es zu einem weiteren Übergriff, bei dem einem 30-jährigen Gegendemonstranten ein Handy aus der Hand geschlagen wurde. Das teilte die Polizei noch am späten Montagabend mit. 

Darüber hinaus prüfen die Beamten auch ein neues Transparent von Pegida-Teilnehmern auf einen möglicherweise strafrechtlichen Gehalt. Darauf stand: „Wenn ein Nazi singt: „Hurra, hurra, ein Jude brennt!“, dann kommt er vor Gericht, aber wenn jemand singt: ,Advent, Advent, ein Bulle brennt…‘, dann wird sie Sachsens Justizministerin. Die Botschaft zielt darauf ab, dass Sachsens neue Justizministerin Katja Meier als Jugendliche in einer Punkband Bass gespielt hatte und die Band auch ein Liedtext mit der zitierten Zeile im Repertoire hatte. Die Grünen-Politikerin Meier hat sich wiederholt von diesem Text distanziert.

30-Jähriger sieht Zusammenhang

Offenbar gibt es zwischen den beiden körperlichen Übergriffen am Montagabend einen Zusammenhang. Der 30-Jährige berichtete gegenüber Sächsische.de, dass er wohl von einer Gruppe Pegida-Teilnehmer wiedererkannt worden sei als einer der Beobachter der ersten Auseinandersetzung. Er und sein Begleiter seien auf dem Heimweg vom Neumarkt gegen 20.20 Uhr in der Kleinen Kirchgasse und weiter entlang der Wilsdruffer Straße bis zum Kulturpalast plötzlich von bis zu acht jungen Männern geschubst, angespuckt und beleidigt worden. „Es hatte den Charakter einer Treibjagd“, sagte der Mann, „es war unangenehm.“ 

Um Beweise zu haben, habe er die Gruppe gefilmt. Da sei ihm von einem das Handy aus der Hand geschlagen worden. Erst vor dem Kulturpalast habe er Polizisten gesehen und auf sich aufmerksam machen können. Dann seien die Täter vor den Uniformierten geflüchtet. Die Beamten hätten sie verfolgt. Einer der mutmaßlichen Täter habe festgenommen werden können, weil er zum Kulturpalast zurückgekehrt war, berichtete der 30-Jährige, der noch am Abend von der Polizei vernommen wurde. Der Mann ist angehender Jurist und protestiert seit Jahren regelmäßig gegen Pegida, gegen Hass und Hetze in seiner Stadt, wie er sagt. Er ist auch Mitorganisator der „Erhebet Eure Herzen“-Friedensgebete in der Kreuzkirche, die einmal im Monat vor Pegida-Kundgebungen stattfinden. Auf Twitter hat der 30-Jährige ein Video der Auseinandersetzung geteilt. Mehr als 13.000 User hatten es sich bis zum Dienstagabend bereits angesehen.   

Antifa als Meiers "Schutzstaffel"?

Der erneute Vorfall ist bemerkenswert, weil Pegida-Gründer Lutz Bachmann nur wenige Minuten zuvor den angeblich friedlichen Charakter „unserer Bürgerbewegung“ betont hatte. Pegida lehne Gewalt als Mittel im politischen Diskurs ab. Anlass dafür waren Medienberichte im Zusammenhang mit der Verurteilung von sechs Neonazis am Freitag, die zur „Freien Kameradschaft Dresden“ gehörten. Nach Überzeugung des Gerichts hat sich die Gruppe, zu der rund weitere 30 Rechtsextreme Neonazis gehörten, bei Pegida kennengelernt, und im Sommer 2015 sehr schnell radikalisiert. Das jedenfalls war das Ergebnis der Beweisaufnahme in dem fast zweieinhalbjährigen Prozess vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden.

Darüber hinaus kritisierte Bachmann die neue Justizministerin Meier scharf. Neben dem Liedtext warf ihr Bachmann vor, die Silvester-Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz zu verharmlosen. Bachmann sprach dabei von linksextremen Terrorismus. Die Antifa nannte Bachmann bewusst „Schutzstaffel“, sie sich schützend vor Sachsens Justizministerin stelle. Meier brauche diese "Schutzstaffel", um politische Gegner „auszumerzen“, „einzuschüchtern“, zu „drangsalieren und vielleicht auch bald zu ermorden“. Die Schutzstaffel ("SS") war eine Organisation der Nazis, die im Dritten Reich unter anderem Konzentrationslager betrieben hatte und am Holocaust beteiligt war.

Rund 1.500 Teilnehmer hatten nach der einmonatigen Pause die Demo besucht. Bachmann kündigte an, bis auf weiteres werde sich Pegida im Winter 14-tägig treffen. Bereits seit Mitte 2019 demonstriert Pegida von Ausnahmen abgesehen nicht mehr wöchentlich in Dresden. Am Montag waren nur drei Redner aus Dresden auf der Bühne.

Etwa 100 Teilnehmer zählte die Gegendemo am Montagabend. 160 Polizeibeamte waren im Einsatz. (SZ)

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.