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Das Monster unter dem Bett

Wie Eltern auf kindliche Ängste eingehen und altersgerecht Sicherheit vermitteln können.

Von Birgit Hilbig
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Mit vier bis sechs Jahren ängstigen sich Kinder gerade abends im Bett oft vor magischen Wesen.
Mit vier bis sechs Jahren ängstigen sich Kinder gerade abends im Bett oft vor magischen Wesen. © stock.adobe.com

"Angst“, flüstert das Zweieinhalbjährige und drückt sich schutzsuchend an seinen Papa: Gerade hat es zum ersten Mal in seinem Leben eine Hexe gesehen. Und sie flößt ihm Furcht ein, obwohl es sich nur um eine Puppe handelt und das Kleinkind noch gar keine Märchen mit Hexen kennt. „Vermutlich ist es das Andersartige, Unvertraute und Uneindeutige, das die Angst auslöst“, sagt Susanne Knappe, Professorin für Gesundheitswissenschaften an der Evangelischen Hochschule Dresden. Und Angst sei zunächst etwas Positives: „Sie bewahrt uns davor, uns in lebensgefährliche Situationen zu begeben. So werden wir nicht blindlings auf eine belebte Straße treten oder ins Wasser springen, wenn wir nicht schwimmen können.“

Bei Kindern begleiten Ängste die Entwicklung und treten meist in einem bestimmten Zeitfenster auf. „Zu den bekanntesten Beispielen gehört das Fremdeln“, so Susanne Knappe. „Mit etwa sieben bis acht Monaten reagieren viele Babys plötzlich mit Unruhe oder Weinen, wenn sie von einer weniger bekannten Person auf den Arm genommen werden – obwohl sie noch vor kurzem kein Problem damit hatten.“ Ursache sei hier ein Schub bei der Sehfähigkeit: Auf einmal erfassen die Kinder besser, wer zum vertrauten Umfeld gehört und wer nicht. Lernen die Kinder die Person näher kennen, nimmt das Fremdeln wieder ab.

Eltern sollten sich mit Ängsten auseinandersetzen

Als typisch fürs Kleinkindalter betrachten Fachleute Trennungsängste: Zwei- bis Dreijährige zeigen anfangs meist deutliches Unbehagen, wenn sich die Eltern in der Kita verabschieden. Oft möchten sie nicht in einem Zimmer allein sein; hinzu kommt die Furcht vor der Dunkelheit. „Mit vier bis sechs Jahren ängstigen sich Kinder dann nicht selten vor magischen Wesen wie Monstern und Geistern“, sagt Susanne Knappe, „aber auch vor Naturgewalten wie Wasser, Sturm, Blitz und Donner.“ In all diesen Fällen, so die Psychologische Psychotherapeutin, brauchen Kinder Erwachsene, die die furchteinflößenden Erscheinungen benennen und verstehbar machen können. „Dabei hilft es nicht, pauschal zu sagen: Du brauchst keine Angst zu haben. Man sollte sich dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechend mit der Situation auseinandersetzen.“ Wenn zum Beispiel ein Tier im Zoo Furcht einflößt, könne man mit dem eigenen Verhalten zeigen, dass wohl keine ernste Gefahr besteht: sich der Anlage langsam nähern, sich das Tier in Ruhe zusammen anschauen, zeigen, dass da ein schützendes Gitter ist.

Magische Lampe hilft

Auch beim legendären Monster unter dem Bett sei es sinnvoll, die Kleinen auf ihrem Entwicklungsstand abzuholen: „Geschichten um Fabelwesen beschäftigen Vorschulkinder stark. Sie können noch nicht sicher unterscheiden, was daran real sein könnte und was nicht.“ Deshalb habe es nichts mit Veralbern zu tun, wenn man eine „magische Taschenlampe“ bemühe, die die Monster angeblich sichtbar machen könne. „Wenn ich damit unters Bett leuchte, und es zeigt sich nichts, beruhigt das.“ Allerdings nur so lange, wie es genau dieser Denkfähigkeit der Kinder entspricht.

Susanne Knappe rät Eltern, auf ihr Bauchgefühl zu hören, welche Strategie für ihr Kind passt. Wer unsicher ist, könne einer gruseligen Figur auch aus dem Weg gehen und sagen: „Wahrscheinlich stammt die nur aus einem Märchen. Aber einem für größere Kinder.“ Damit erkennen Eltern die Angst an und zeigen zugleich, dass die Figur ihre furchteinflößende Wirkung verlieren wird – so wie normalerweise alle kindlichen Ängste mit Zunahme der kognitiven Fähigkeiten verschwinden. Erst wenn sie länger als sechs Monate anhalten und den Alltag maßgeblich beeinträchtigen, müssten sich Eltern Sorgen machen. „Dann hat die Angst ihre natürliche Schutzfunktion verloren“, so die Fachfrau, die dann als ersten Ansprechpartner den Kinderarzt empfiehlt.