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Der liebenswürdige "Tatort"-Killer darf nicht sterben

Zum dritten Mal liefern sich Borowski und sein stiller Gast Kai Korthals eine furiose Jagd im „Tatort“. Das Ende freilich ist inakzeptabel.

Von Bernd Klempnow
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Recht so: Eigentlich ist Kai Korthals (Lars Eidinger) am Ende des Films tot, doch er lässt Borowski (Axel Milberg) nicht los. Das lässt hoffen.
Recht so: Eigentlich ist Kai Korthals (Lars Eidinger) am Ende des Films tot, doch er lässt Borowski (Axel Milberg) nicht los. Das lässt hoffen. © NDR

Viele Sonntagskrimis bot die neue „Tatort“-„Polizeiruf“-Saison wegen der Bundestagswahl und ihren Triellen noch nicht. Aber alle Fälle waren überdurchschnittlich und wurden jetzt sogar noch vom Kieler „Tatort. Borowski und der gute Mensch“ getoppt. Zum dritten Mal lieferten sich der Kommissar und der Serienkiller Korthals eine hochspannende, in stimmungsreichen Bildern gefilmte Jagd.

Der stille Gast, der Frauen entführt und malträtiert, war 2012 und 2015 schon aufgetaucht. Die Resonanz auf die sehr persönlich geführten Auseinandersetzungen der jeder auf seine Weise unglücklichen Männer war enorm. Axel Milberg kam endlich mal aus seiner „Tatort“-Komfortzone heraus, angestachelt vom so originellen wie verstörenden Spiel Lars Eidingers. Dessen Psychopath ging durch Wände, wandelte sogar durch des Kommissars Wohnung und putzte sich genüsslich die Zähne mit der Zahnbürste eines seiner Opfer. Seine Figur ist der archetypische Antiheld, ein Monster mit zarter Seele und unkontrollierbarem dunklen Trieb. Nun ist der tot, selbst gerichtet. Spät hat er erkannt, „ein schlechter Mensch“ zu sein.

Die Trilogie in der Mediathek

Die ARD nimmt das Ende zum Anlass, nun die ganze Trilogie in die Mediathek zu stellen. Der produzierende NDR feiert dieses ungewöhnliche Fernsehprojekt mit einem Serien-Podcast, der in neun mal dreißig Minuten die Geschichte vom stillen Gast in einer Audioversion erzählt.

Doch eines machte der „Tatort“ vom „... guten Menschen“ auch klar. Solche Qualität darf nicht einfach enden. Natürlich, nach dem Schuss ins Hirn kann Korthals nicht so einfach auferstehen. Aber selbst im 25. „James Bond“ machen Rückblenden und raffinierte cineastische Erzählweisen eine Weiterentwicklung der vermeintlich vertrauten Figuren glaubhaft. Warum nicht die Alpträume von Borowski nutzen, in denen der schuldunfähige Killer auftaucht? Warum nicht Ebenen des Jenseitigen und Wahnfantasien erfinden, die dieses Gespann an neue Grenzen bringen?

Diese „Borowskis“ unterstrichen vor allem das Ausnahmetalent von Lars Eidinger. Der verkörperte den so kindlich-naiven wie teuflischen Korthals brillant. Wohl ist der Scheusal und doch liebenswürdig, zerbrechlich, unsicher und hat stets etwas Jünglinghaftes. Solche schauspielerischen Momente sind magisch und viel zu selten im TV-Alltag. Fazit: Zugabe!