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Hol den Baseball-Schläger: Dieser Dortmunder "Tatort" macht aggressiv

Der "Tatort" aus Dortmund mit Kommissar Faber entwickelt sich immer mehr zum Problem-Fall. Es nervt jetzt langsam.

Von Marcus Thielking
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„Bitteschön!“ Hauptkommissar Faber (Jörg Hartmann) gibt seiner Kollegin Herzog (Stefanie Reinsperger) wertvolle Tipps zum Aggressionsabbau.
„Bitteschön!“ Hauptkommissar Faber (Jörg Hartmann) gibt seiner Kollegin Herzog (Stefanie Reinsperger) wertvolle Tipps zum Aggressionsabbau. © WDR/Thomas Kost

Wer diesen „Tatort“ in der Mediathek schauen will und gar nicht mehr durchblickt, kann gleich zu Minute 43 springen. Da drückt Hauptkommissar Faber seiner Kollegin Herzog auf dem Auto-Schrottplatz einen Baseball-Schlager in die Hand: „Bitteschön!“ Sie so: „Warum?“ Er so: „Ihre Mutter verzeiht Ihnen Ihren Verrat nicht, Pawlak hat Sie belogen und ausgenutzt, ich geh’ Ihnen auf’n Sack, unsere Chefs lassen Sie am langen Arm verhungern, Arschloch Haller ist wieder da, das Wetter ist auch scheiße – suchen Sie sich einen Grund aus!“

Tatsächlich drischt die Hauptkommissarin dann völlig enthemmt und wild schreiend auf einen alten Renault Twingo ein, dass die Scheiben nur so splittern. Eine herrliche Szene in einem „Tatort“, der sonst eher öde und nervig ist. Seit 2012 ermittelt das Dortmunder Team um Kommissar Faber (Jörg Hartmann). Von Anfang an war es eine Besonderheit, dass sich die Figuren hier weiterentwickeln und über mehrere Folgen hinweg private und berufliche Krisen durchmachen. „Horizontale Erzählweise“ nennen das die Filmemacher. Im Grunde ist es ein sympathischer Kontrast zu „Tatort“-Teams wie Köln oder München, wo seit Jahrzehnten die ewig gleichen Typen ermitteln.

So schlimm kann Dortmund nicht sein

Aber spätestens in dieser Folge „Cash“ stößt das Konzept an seine Grenzen. Wer nicht wirklich jede der letzten 23 Dortmunder „Tatort“-Folgen gesehen und verinnerlicht hat, steigt kaum noch durch. Schwierig, da Dortmund im „Tatort“-Reigen nur etwa zweimal im Jahr dran ist.

Wenn dann auch noch die verschiedenen Privat-Schicksale der Kommissare den eigentlichen Krimi-Fall komplett überlagern – irgendwas mit Geldwäsche im Drogen- und Glücksspielgeschäft oder so –, dann steigt auch beim geneigten Zuschauer allmählich der Aggressionspegel. Sinnlose Effekte aus der Filmhochschul-Trickkiste machen es auch nicht besser: Zeitraffer-Szenen, extreme Nahaufnahmen, Figuren verschwinden langsam aus dem Bild durch Überblendung – was soll das?

Auch die gepflegte Ruhrpott-Romantik verkommt langsam zur Folklore. Ständig Zigaretten, Käffchen, Schnäppecken in dunklen und verrauchten Spelunken. Auch wenn man lange schon nicht mehr in Dortmund war: So schlimm kann es doch dort nicht sein. Zum Schluss dieses Films möchte man nur noch wie Faber rufen: „Ich hol’ den Baseball-Schläger, echt!“