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Verfassungsgericht erlaubt höheren Rundfunkbeitrag

Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhöhung des Rundfunkbeitrages um 86 Cent vorläufig gebilligt. Die Öffentlich-Rechtlichen hatten in Karlsruhe geklagt.

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Nach einer Klage der ARD-Anstalten, des ZDF und dem Deutschlandfunk musste sich das BUndesverfassungsgericht mit der Erhöhung der Rundfunkgebühr beschäftigen.
Nach einer Klage der ARD-Anstalten, des ZDF und dem Deutschlandfunk musste sich das BUndesverfassungsgericht mit der Erhöhung der Rundfunkgebühr beschäftigen. © Uli Deck/dpa

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die von Sachsen-Anhalt blockierte Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorläufig in Kraft gesetzt. Das Bundesland habe die im Grundgesetz gesicherte Rundfunkfreiheit verletzt, weil es dem vereinbarten Staatsvertrag nicht zugestimmt habe, entschied das Karlsruher Gericht nach Angaben vom Donnerstag. Bis es eine Neuregelung gibt, gilt nach Beschluss des Verfassungsgericht Artikel 1 der ursprünglichen Regelung rückwirkend seit 20. Juli. Der Rundfunkbeitrag steigt damit um monatlich 86 Cent auf 18,36 Euro.

Für öffentlich-rechtliche Sender ist der Rundfunkbeitrag die Haupteinnahmequelle. Seit 2013 wird er je Wohnung erhoben und betrug zuletzt 17,50 Euro pro Monat. Zum Jahreswechsel hatte er auf 18,36 Euro steigen sollen. Den Bedarf ermittelt hat die unabhängige Kommission KEF. Es wäre die erste Erhöhung seit 2009 gewesen.

So sollte eine Finanzlücke von 1,5 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024 ausgeglichen werden. Damit der ausgehandelte Staatsvertrag in Kraft treten kann, fehlt allerdings die Zustimmung Sachsen-Anhalts.

Die Wirklichkeit "unverzerrt darstellen"

Der Ministerpräsident des Landes, Reiner Haseloff von der CDU, hatte den Gesetzentwurf am 8. Dezember vor der Abstimmung im Landtag zurückgezogen, weil sich abzeichnete, dass seine Partei - anders als die Koalitionspartner SPD und Grüne - die Erhöhung nicht mittragen würden. Und mit der AfD, die als Kritikerin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt ist, wollte der Regierungschef keine gemeinsame Sache machen. Weil aber alle 16 Landesparlamente zustimmen müssen, ist die Erhöhung somit blockiert.

In Zeiten "vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake News, Deep Fakes andererseits" wachse die Bedeutung des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, entschied der Erste Senat mit dem nun veröffentlichten Beschluss vom 20. Juli. Die Sender sollten die Wirklichkeit durch "authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten" unverzerrt darstellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund rücken.

AfD-Chrupalla: Urteil ist "undemokratisch"

Der Gesetzgeber sei verantwortlich, dass auch die finanziellen Voraussetzungen für die Aufgaben gegeben sind. "Erfüllt ein Land seine Mitgewährleistungspflicht nicht und wird dadurch die Erfüllung des grundrechtlichen Finanzierungsanspruchs unmöglich, liegt bereits darin eine Verletzung der Rundfunkfreiheit."

Die AfD hat harsche Kritik an der Entscheidung geübt. "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist zutiefst undemokratisch, weil es die Mitbestimmung der Länder bei der Festsetzung des Beitrages aushebelt", sagte der Parteivorsitzende Tino Chrupalla am Donnerstag. Es sei Zeit für die Umwandlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ein Bezahlmodell. "Jeder Bürger soll frei entscheiden können, ob er das Programm ganz oder teilweise abonnieren will", sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel das Spitzenduo der AfD für die Bundestagswahl bildet.

Die Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten sich in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt gesehen und in Karlsruhe geklagt. Die obersten Verfassungsrichter Deutschlands wiesen Eilanträge kurz vor Weihnachten ab, weil diese nicht gut genug begründet worden seien. Ihre Verfassungsbeschwerden seien auch "weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet", so das Gericht damals. Allerdings sah es keinen Anlass, sofort einzugreifen.

Reaktionen aus Sachsen

Die Entscheidung für einen höheren Rundfunkbeitrag hat in Sachsens Regierungskoalition Zustimmung ausgelöst. Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) verwies darauf, dass der Freistaat die Anhebung um 86 Cent pro Monat befürworte. "Insofern bestätigt der Beschluss auch die sächsische Position", betonte Schenk mit Blick auf den Karlsruher Richterspruch. Zudem sieht der Minister in der Entscheidung wichtige Hinweise für die derzeit von den Ländern debattierte Strukturreform.

Für die Grünenfraktion in Sachsens Landtag hob Claudia Maicher hervor, dass eine solidarische Finanzierung der Sender gerechtfertigt sei. Die Abgeordnete ergänzte: "Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht nicht darin, es der Politik recht zu machen, sondern die Vielfalt der Interessen und die gesellschaftliche Relevanz zu beachten."

SPD-Fraktionschef Dirk Panter sieht ARD, ZDF und Deutschlandradio durch Karlsruhe gestärkt. Die Meinungsvielfalt werde vor allem durch klassische Medien garantiert. Mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagte Panter: "Damit er seinem Auftrag nachkommen kann, muss er auch entsprechend finanziert werden." Der CDU-Medienexperte Andreas Nowak hob hervor: "Die Finanzierung muss dem Auftrag folgen." Er verwies auf ein Positionspapier der Landtagsfraktion. Darin wird als Maßnahme gegen steigende Kosten unter anderem der Abbau von Doppelstrukturen in den Anstalten gefordert. "Dabei sind Fusionen und gegebenenfalls (Teil-)Privatisierungen zu prüfen", heißt es in dem Dokument.

Die Linke in Sachsens Landtag erkennt "dringenden Handlungsbedarf im Rahmen der Auftragsdebatte", wie die Abgeordnete Antje Feiks sagte. Die Öffentlich-Rechtlichen sollten sich nicht am Überbietungswettbewerb um überteuerte Sportrechte beteiligen müssen. Feiks sprach sich zudem dafür aus, Vergütungen für Intendanten und Talkmaster zu deckeln. (SZ/ale/dpa)