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Stollenbäcker verschicken mehr per Pakete

Keine Märkte, keine Firmenfeiern - auf das Weihnachtsgebäck möchte trotzdem keiner verzichten.

Von Franz Herz & Annett Heyse
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Petra Menge holt eine Ladung Stollenpakete an der Bäckerei Sauer in Pretzschendorf ab. Syrka Uschner (hinten) kümmert sich bei der Bäckerei um das Versandgeschäft.
Petra Menge holt eine Ladung Stollenpakete an der Bäckerei Sauer in Pretzschendorf ab. Syrka Uschner (hinten) kümmert sich bei der Bäckerei um das Versandgeschäft. © Egbert Kamprath

Kerstin Sauer, die mit ihrem Mann Chris ihre Bäckerei im Klingenberger Ortsteil Pretzschendorf betreibt, hat dieses Jahr schon 1.300 Päckchen mit Stollen verschickt, deutlich mehr als im vergangenen Jahr.

"Wir sind ja sonst deutschlandweit auf Weihnachtsmärkte gefahren", erzählt sie. In Mühldorf am Inn, in Nürnberg, in der Nähe von Münster konnten die Marktbesucher in früheren Jahren Stollen aus dem Osterzgebirge kaufen. Dieses Jahr geht das nicht.

Dorfbäcker Sauer gewinnt neue Kunden

Daher bestellen mehr Kunden entweder über das Internet oder telefonisch. "Wir haben uns das Versandgeschäft über die Jahre aufgebaut, aber dieses Jahr ist es deutlich mehr", sagt die Bäckersfrau. Jeden Tag fährt ein Postfahrzeug damit vom Hof.

Allerdings ist der Stollenversand aufwendiger als der Direktverkauf. "Wenn wir mit 500, 600 Stollen ein Wochenende auf den Markt gefahren sind, haben wir die direkt verkauft. Jetzt müssen wir sie einpacken, zu jedem eine Rechnung schreiben", berichtet Sauer. Das ist Mehrarbeit.

Hilft aber, die Verluste auszugleichen, die durch das Fehlen der Weihnachtsmärkte entstehen. Außerdem werden dadurch Kunden auf die Bäckerei aufmerksam, die sie bisher nicht kannten. Rund 600 Neukunden hat sie dieses Jahr schon gewonnen. Das Gros davon kommt aus Deutschland. Einzelne Kunden bestellen auch aus den Nachbarländern. Lieferungen nach Übersee oder außerhalb der EU machen Sauers nicht mehr, dafür ist der bürokratische Aufwand zu groß.

Bäckerei Laube mit digitalem Stollenshop

Welch wichtigen Status der Christstollen einnimmt, sieht man auf einen Blick im Internet, auf der Homepage der Freitaler Bäckerei Laube. Ein separater Button führt hier zum Stollenshop. Rosinenstollen, Mandelstollen, Schokostollen, Cranberry-Whiskey-Stollen und Mohnstriezel - hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Wahlweise kann man das Gebäck im Karton, in der dekorativen Blechdose oder ohne schmucke Zusatzverpackung ordern. Die günstigste Variante gibt es schon ab 6,80 Euro, zuzüglich Versandkosten.

Und die Menschen kaufen. "Wir haben dieses Jahr mehr Stollen als 2019 gebacken. Vor allem der Online-Versand hat zugelegt", sagt Inhaber Marcel Nitz. Die Bäckerei Laube mit ihren 18 Filialen in Freital, Bannewitz, Dresden, Rabenau und Wilsdruff ist schon einer der großen Betriebe in der Region. Und profitiert nun davon, dass die Weihnachtsmärkte ausfallen.

"Dass wir mehr verkaufen und vor allem versenden, liegt bestimmt daran, dass keine Märkte stattfinden und auch keine Touristen nach Dresden zum Stollenkaufen kommen", sagt der Bäckermeister.

Großer Aufwand für kleine Familienbetriebe

Die Bäckerei Laube hat sich mit ihrem digitalen Stollenshop längst darauf eingerichtet. Die Produkte können in einen Warenkorb gefüllt und gleich auch bezahlt werden. Das setzt voraus, dass in der Zentrale ein Team die Bestellungen entgegennimmt, die Zahlungseingänge prüft, die Pakete packt und zeitnah auf die Reise schickt. Ein Mehraufwand, den nicht alle Bäckereien in dem Maße stemmen können.

Cornelia Marten zum Beispiel. Sie betreibt die Bäckerei Krahl in Hainsberg und hat auch eine schöne Homepage. Doch die meisten Stollen verkauft sie in ihren insgesamt drei Geschäften. "Natürlich verschicken wir für unsere Kunden auch Stollen. Aber wir werben nicht offensiv mit dem Stollenversand", sagt die Meisterin.

Der Grund: Dem kleinen Familienbetrieb fehlt es schlicht an Kapazitäten. Weder ist genug Platz noch genug Personal vorhanden, neben dem Tagesgeschäft auch noch einen Stollenversand aufzuziehen.

Starkes Interesse aus dem Berliner Raum

Die Bäckerei Tannenbaum-Degenkolbe im Glashütter Ortsteil Schlottwitz ist auf den Versand eingerichtet. Dieses Jahr beliefert sie auf diesem Weg auch Stammkunden bis aus Thüringen und Hessen, die in früheren Jahren in den Laden gekommen sind und eingekauft haben, berichtet Bäckermeister Ringo Tannenbaum.

Die Bäckerei hat auch überregional Aufsehen erregt, durch den Gewinn von zwei Goldmedaillen für ihre Produkte und dadurch, dass der Betrieb Sachsens beste Nachwuchsbäckerin, Michelle Pöhlmann, ausgebildet hat. "Darüber gab es einen Fernsehbeitrag im MDR, den auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg ausgestrahlt hat. Das hat uns großes Interesse aus dem Berliner Raum gebracht", erzählt der Bäckermeister.

Es ist aber nicht so, dass mit dem zunehmenden Stollenversand weniger Kunden in den Laden kommen. Auch dort steigt dieses Jahr der Stollenabsatz. Tannenbaum nimmt an, dass dies mit dem Wegfall der Weihnachtsmärkte zu tun hat. Mancher, der sonst auf dem Markt eingekauft hat, sieht sich nun im Laden um.

Vielleicht schmeckt ihm dann der Dinkel-Cranberry-Stollen, den die Schlottwitzer Bäckerei dieses Jahr neu entwickelt hat. Dabei werden die Beeren in Whisky eingelegt. Der Alkohol verdunstet, das Aroma bleibt.

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