SZ + Freital
Merken

Aus Westfalen über Chemnitz und Dresden nach Freital

Frauke Fähndrich hat Theologie studiert, Versicherungen verkauft und war für ein halbes Jahr arbeitslos. Dann wurde sie Pfarrerin. Sächsische.de sprach mit ihr.

Von Maik Brückner
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Frauke Fähndrich arbeitet seit Anfang Juli als neue Pfarrerin in Freital. Vorher nahm sie hier an einem Wiedereingliederungsprogramm teil.
Frauke Fähndrich arbeitet seit Anfang Juli als neue Pfarrerin in Freital. Vorher nahm sie hier an einem Wiedereingliederungsprogramm teil. © Egbert Kamprath

Frau Fähndrich, was hat Sie bewogen, Pfarrerin zu werden?

Ich bin über die Familie väterlicherseits kirchlich sozialisiert. Als Jugendliche habe ich Kirche als Familie, als zweites Zuhause kennengelernt und erlebt, vor allem in der Zeit, als es bei uns zu Hause schwierig wurde. Meine Eltern hatten sich getrennt, als ich in der Pubertät war. Die Kirche hat mich aufgefangen. Diese Erfahrungen wollte ich weiter geben. Ich bin in unserer Familie nicht die Erste, die den Beruf ergriffen hat. Ich habe die Ahnenforschung meines Großvaters ausgewertet und bin auf 23 Pfarrer gekommen. Der Letzte lebte übrigens gut 100 Jahren vor mir. Den Ausschlag, dass ich letztlich begonnen habe, Theologie zu studieren, gab aber ein anderer.

Wer war dieser Mensch?

Das war unser Religionslehrer in der Oberstufe. Er machte einen so guten Unterricht, dass ich Lust bekommen habe, das weiterzuverfolgen.

Sie sind in Westfalen aufgewachsen. Wieso arbeiten Sie in Sachsen?

Das ist ein ungewöhnlicher Weg. Ich habe mein Theologiestudium zu einer Zeit beendet, in der in Westfalen immer mehr Pfarr- und Vikariatsstellen abgeschafft wurden. Und ich erhielt keine Stelle, um mich auf den Pfarrberuf vorbereiten zu können. Es gab viel zu viele Absolventen. Deshalb bin ich 2005 in die freie Wirtschaft gegangen und habe eine Ausbildung als Versicherungsfachfrau begonnen. Doch ich merkte schnell, dass das nicht das Richtige ist. Ein Freund sagte zu mir, dass mein ethisch-gründliches Studium – er meinte mein Theologiestudium – eher verkaufshinderlich gewesen ist.

Wieso?

Ich habe den Leuten fast ausschließlich beim Sparen geholfen, ihnen erklärt, was sie nicht brauchen oder ihnen bessere Angebot gemacht. Das war nicht im Sinne des Unternehmens. Deshalb wurde meine Ausbildung nach einem halben Jahr Probezeit beendet. Ein Kollege tröstete mich. Er fand es bewundernswert, dass ich meiner Haltung treu geblieben bin, trotz des Drucks, der mir gegenüber aufgebaut wurde. Danach war ich ein halbes Jahr arbeitslos.

Vermittelt die Arbeitsagentur auch Pfarrerinnen?

Nein. Der Bearbeiter war ehrlich. Beim ersten Treffen sagte er mir, dass er sich zwar um Akademiker kümmere. Als Theologin würde ich bei ihm aber nur verwaltet, nicht vermittelt. Das ginge über andere Kanäle. Über welche, konnte er mir aber nicht sagen. Es war eine ungewöhnliche Situation, weil die Kirche eigentlich ihre eigenen Mitarbeiter ausbildet und dann auch einstellt. Für mich war es ein Glücksfall, dass sich dann kurze Zeit später in Sachsen neue Möglichkeiten ergaben.

Was war passiert?

Anders als in Westfalen fehlten der Landeskirche hier Theologen. Man machte den Westfalen ein Angebot, drei angehende Pfarrer als Vikare einzustellen. Ich wurde ausgewählt und durfte mich bewerben. Das hat geklappt. Am 1. September konnte ich 2006 mein Vikariat in Chemnitz beginnen. Nach dem zweiten theologischen Examen wurde ich übernommen und bekam meine erste Stelle in Mittelsachsen. 2014 konnte ich dann nach Dresden an die Dreikönigskirche wechseln.