Der Bus ist noch locker dreihundert Meter weg, gerade erst an der Einmündung Wilsdruffer Straße. Doch wer jetzt an der Fußgängerampel auf Höhe des Goldenen Löwen steht und die Linie A in Richtung Dresden gerne erreichen möchte, hat schlechte Karten. Es vergehen noch eine Minute und 15 Sekunden, bis der Verkehr stoppt und die Passanten Grün bekommen. Vom Bus sind da nur noch die Rücklichter zu sehen. Ärgerlich.
Die Fußgängerampel in Potschappel ist ein typisches Beispiel, wie es eigentlich nicht funktionieren soll. "Untersuchungen zeigen, dass ab 40 Sekunden Wartezeit die Akzeptanz gegenüber der Ampel sinkt und Fußgänger dann eher geneigt sind, über Rot zu gehen", schreibt der Ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) und forderte bereits vor zwei Jahren fußgängerfreundliche Ampelschaltungen.
Dabei ist die Signalanlage am Goldenen Löwen sogar eine richtige Fußgängerampel. Wer den Schalter betätigt, bekommt Grün. Mitunter sogar schon nach zehn Sekunden. Aber es gibt auch Wartezeiten, die jenseits einer Minute liegen, was die Idee der Fußgängerampel konterkariert. Aus dem Rathaus heißt es dazu, dass die Fußgängerampel am Goldenen Löwen in die Grüne Welle auf der Dresdner Straße eingetaktet ist. Das heißt: Die Fußgänger können zwar an der Ampel Grün anfordern, bekommen es aber erst, wenn es das Zeitfenster der Grünen Welle zulässt - und zwar in beide Fahrtrichtungen gesehen.
Laut VCD ist das genau die falsche Herangehensweise: "Der tägliche Spießrutenlauf der Fußgänger in unseren Städten muss beendet werden. Nicht der Fuß- sollte dem Autoverkehr, sondern der Auto- dem Fußverkehr angepasst werden. Wir wollen lebenswerte Städte, in denen einfach sicher und fließend gegangen, in denen gespielt und entspannt werden kann." Allerdings ist die Ampel am Goldenen Löwen nicht der einzige Fall in Freital, wo die Fahrzeuge Vorfahrt haben.
Ampel am Neumarkt: Geduld erforderlich
Am Neumarkt steht der nächste Vertreter der Sorte der Alibi-Fußgängerampeln. Ein älterer Herr drückt auf den Taster und wartet. Es passiert - nichts. Verkehr ist auch gerade kaum vorhanden. Der Mann schüttelt den Kopf und geht bei Rot. 56 Sekunden nach Knopfdruck erscheint endlich der grüne Ampelmann. Auch diese Ampel ist in die Grüne Welle für Autofahrer eingepasst. "Würden Fußgänger hier zu jeder Zeit Grün erhalten, wäre die Grüne Welle unterbrochen. Durch die Unterbrechung wird der ankommende Fahrzeugpulk an der Fußgängerampel und an der darauffolgenden Ampel angehalten, was in der Folge zu erheblichem Rückstau auf der Dresdner Straße in beiden Fahrtrichtungen und zu Überstauungen benachbarter Knotenpunkte führt", teilt Matthias Weigel, Pressesprecher der Stadt Freital, mit. Dies hätte zudem erhöhte Schadstoffemissionen und Umweltbelastungen zur Folge.
Ampel Poisentalstraße: Radweg eingebunden
Etwas fußgängerfreundlicher ist die Ampel an der Poisentalstraße an der Einmündung Körnerstraße. Hier dauert es ab Knopfdruck zwischen 31 und 41 Sekunden, bis die Fußgänger gehen dürfen. Die Ampel bleibt damit in dem akzeptablen Bereich, den die Wissenschaftler benannten. Positiv erwähnt werden muss, dass auch der Weißeritztalradweg, der an der Stelle die Poisentalstraße quert und direkt auf die Körnerstraße führt, eine Bedarfsampel hat. Radfahrer können hier ebenfalls per Tastendruck Grün anfordern. Die Wartezeit betrug bei Tests unter einer Minute.
Ampel Rabenauer Straße: Perfekte Wartezeit
So macht Fußgängerampel Spaß: Taster gedrückt, kurz gewartet - nach sechs Sekunden springt die Ampel um. An der Rabenauer Straße steht die perfekte Fußgängerampel. Unabhängig von irgendwelchen grünen Wellen bekommen die Passanten hier die Vorzugsbehandlung, die anderswo nur suggeriert wird. Was positiv auffällt: Die Ampel ist auch an Wochenenden in Betrieb. Das ist mitunter ein Manko an anderen Stellen, wie der Dresdner Straße. Dort sind manche Ampeln an Wochenenden außer Betrieb. So zum Beispiel der Knotenpunkt Dresdner Straße/Wilsdruffer Straße. Der Grund ist das geringe Verkehrsaufkommen. Einige ältere Freitaler fühlen sich jedoch verunsichert und kritisieren, dass Ampeln an Sonn- und Feiertagen abgeschaltet werden.
Ampel Wilsdruffer Straße: Perfekte Tarnung, spätes Grün
Die Wilsdruffer Straße ist gespickt mit Ampeln. Eine steht an der Einmündung Moritz-Fernbacher-Straße. Diese Ampel hat einen Taster für die Fußgänger, der auch aufleuchtet, wenn man drückt. Aber es passiert - nichts. Erst nach 1:05 Minuten erscheint der grüne Mann. "Das ist keine Fußgängerampel. Mit dieser Ampel wird der gesamte Knotenpunkt signalisiert. Deshalb sind hier, wie an Knotenpunktampeln üblich, die Wartezeiten für Fußgänger etwas höher", erläutert Pressesprecher Weigel. Um die Geduld der Fußgänger nicht allzu sehr zu strapazieren, gibt es aber einige psychologische Tricks. Der bekannteste ist die sogenannte Restzeitanzeige. Auf einem zusätzlichen Feld wird den Fußgängern dabei angezeigt, wie viele Sekunden noch bis zum Grün vergehen. Das lenkt die Passanten ab, gefühlt verkürzt sich damit die Wartezeit. In Freital gibt es solche Anzeigen nicht.
Ampel an der Porzelline: Schnelles Grün, schnelles Rot
Eine Vorzeigeampel steht an der Porzelline. Hier kreuzt ein gut frequentierter Fußweg zwischen Potschappel und dem Edgar-Rudolph-Weg/Sauberggebiet die Umgehungsstraße. Drückt man den Taster, dauert es nur sechs Sekunden bis zum Fußgänger-Grün. Perfekt. Nicht ganz so perfekt ist die Dauer des Grüns. Wer schlecht zu Fuß ist, schafft es gerade so über die Straße. Wer nicht sofort bei Grün startet oder noch ein paar Schritte von der Ampel entfernt ist, läuft schon wieder bei Rot über die Straße. Ein paar mehr Grün-Sekunden für Fußgänger könnte die Ampel, die übrigens von vielen Schülern der Lessing-Schule genutzt wird, durchaus vertragen.
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