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Die fünf gefährlichsten Stellen für Radfahrer

Schlechte Übergänge, falsche Beschilderungen, Slalomstrecken - die Stadt Freital macht es den Pedalisten nicht gerade einfach. Ein Testbericht.

Von Annett Heyse
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Sonja Schmidt, Uwe Weigel und Hans-Gunther Müller bewerten die Mittelinsel am Neumarkt als schlimmste Gefahr für Freitals Radfahrer.
Sonja Schmidt, Uwe Weigel und Hans-Gunther Müller bewerten die Mittelinsel am Neumarkt als schlimmste Gefahr für Freitals Radfahrer. © Egbert Kamprath

Es ist ein Wochentag kurz vor Ferienende, früher Nachmittag in Freital. Der Berufsverkehr setzt allmählich ein. In Richtung Tharandt rollen die Fahrzeuge im Takt der grünen Welle durch die Stadt. Vor dem Technologie- und Gründerzentrum am Neumarkt aber werden die Autos ausgebremst. Drei Radfahrer kämpfen sich hier auf der leichten Steigung und bei heftigem Gegenwind voran. Hans-Gunther Müller, Sonja Schmidt und Uwe Weigel gehören zur Arbeitsgemeinschaft Rad. Die AG fand sich 2014 zusammen und setzt sich für bessere Radfahrbedingungen in Freital ein. Es ist kein leichtes Unterfangen. "Im Rathaus gibt es niemanden, der Experte für Radwege ist und wenigstens ein bisschen für die Sache brennt", sagt Hans-Gunther Müller. Wohl die wenigsten Mitarbeiter im Bauamt fahren selbst Rad in Freital und könnten nachvollziehen, wo die neuralgischen Punkte liegen. Uwe Weigel sagt: "Wir müssen da immer wieder nerven." Aber was stört die Radfahrer und wo besteht dringend Verbesserungsbedarf? 

1. Punkt: Mittelinseln auf der Dresdner Straße

Es war gut gemeint, als die Stadt ab 2011 begann, entlang der Dresdner Straße für mehr Grün zu sorgen. So entstanden auch zwei hübsch anzusehende Mittelinseln, eine am Neumarkt und eine nahe dem Potschappler Rathaus. Für Radfahrer sind sie der blanke Horror. Denn auf Höhe der Inseln hat kein Fahrzeug eine Chance zum Überholen. Viele versuchen deshalb, Radfahrer noch schnell vor der Insel zu überholen oder drängeln und fahren nervös dicht auf. "Das führt zu gefährlichen Situationen. Ich habe es selbst schon erlebt", berichtet Sonja Schmidt. Besonders ungeduldig sind Autofahrer oft am Neumarkt. In Fahrtrichtung Tharandt gibt es hier eine Geradeaus- und eine Rechtsabbiegespur. Mitunter werden hier Radfahrer regelrecht von rechts und links vorbeidrängelnden Pkws in die Zange genommen. Welche Lösung ist hier denkbar? "Man könnte die Rechtsabbiegespur stark verkürzen, dann müssten alle Pkws erst einmal geradeaus fahren", schlägt Hans-Gunther Müller vor. Dazu Tempo 30, dann wäre der Frust der Pkw-Fahrer auf die langsameren Radfahrer auch nicht mehr so groß - und übrigens vor allem mehr Platz auf diesem Abschnitt, meint Müller.

2. Punkt: Das Radweg-Gehweg-Paradox Somsdorfer Straße

Als 2017 endlich ein durchgängiger Radweg von Freital nach Tharandt freigegeben wurde, fiel vielen ein Stein vom Herzen. Den Radfahrern sowieso und den Autofahrern auch, denn die 2,8 Millionen-Euro-Investition macht die Straße für alle Verkehrsteilnehmer sicherer. Allerdings nicht an der Somsdorfer Straße. Dort quert der Radweg die Fahrbahn - und dann? Dann geht es eigentlich nicht weiter, denn der Radweg mündet auf einen Fußweg, den Radfahrer laut StVO nicht benutzen dürfen. Viele fahren trotzdem dort entlang und riskieren an Ausfahrten und vor dem Gästehaus am Backofenfelsen Zusammenstöße mit Fahrzeugen oder Fußgängern. Spätestens an der Bahnunterführung wird es extrem gefährlich, denn dort ist nicht einsehbar, ob an der Engstelle Fußgänger entgegenkommen. Es gibt an der Somsdorfer Straße oder anschließend in Richtung Freital auch keine Einfädelspur vom Radweg auf die Fahrbahn. Und auch aus Richtung Dresden kommend wird der Radweg von Ortsfremden immer noch übersehen, weil keine sinnvollen und deutlich sichtbaren Markierungen überhaupt auf den Radweg hinweisen. "An der Somsdorfer Straße ist grundsätzlich etwas falsch. Egal, was Radfahrer dort machen, StVO-gerecht können sie sich dort gar nicht verhalten", sagt Uwe Weigel. Das verunsichere letztendlich auch die Autofahrer und führe zu gefährlichen Situationen, insbesondere auch beim Rechts- wie Linksabbiegen.

Der gut sichtbare Radweg mündet an der Somsdorfer Straße auf den Gehweg, welcher eigentlich nicht befahren werden darf. Hier werden Radfahrer regelrecht in die Irre geführt und zu verkehrswidrigem Verhalten angeleitet. Die Ampel ist übrigens eine reine Fu
Der gut sichtbare Radweg mündet an der Somsdorfer Straße auf den Gehweg, welcher eigentlich nicht befahren werden darf. Hier werden Radfahrer regelrecht in die Irre geführt und zu verkehrswidrigem Verhalten angeleitet. Die Ampel ist übrigens eine reine Fu © Egbert Kamprath

3. Punkt: Überweg Leßkestraße

Der Weißeritztalradweg war einer der ersten Freitaler Radwege überhaupt. Er wurde als touristischer Radweg angelegt, dient aber auch vielen Pendlern als ein Stück autofreie Verbindung durch Freital. Dort, wo er die Leßkestraße kreuzt, sind die abgesenkten Bordsteine allerdings so versetzt angeordnet, das Radfahrer im Fußwegbereich regelrecht um die Ecken zirkeln müssen. Wer ein schweres Rad mit Packtaschen hat, kommt dabei schon ins Schwitzen. "Von der Stadt wurde das versetzte Anordnen der abgesenkten Bordsteine damit begründet, dass damit das Tempo der Radfahrer automatisch gedrosselt wird", erinnert sich Hans-Gunther Müller, der auch bemängelt, dass an dieser Stelle eine deutliche Markierung auf der Straße fehlt. "Hier wäre ein roter Streifen wie an der Somsdorfer Straße absolut sinnvoll."

Abgesenkte Bordsteine an der Leßkestraße markieren die Überfahrt, allerdings sind diese so schräg versetzt, dass Radfahrer hier regelrecht um spitzwinklige Ecken gezwungen werden.
Abgesenkte Bordsteine an der Leßkestraße markieren die Überfahrt, allerdings sind diese so schräg versetzt, dass Radfahrer hier regelrecht um spitzwinklige Ecken gezwungen werden. © Egbert Kamprath

4. Punkt: Trichterförmige Einengungen auf der Dresdner Straße

Stellen, an denen sich die Straße wie in einem Trichter verengt, gibt es mehrere auf der Dresdner Straße, so beispielsweise in Deuben zwischen dem Rathaus und der Kreuzung Poisentalstraße. Eine der gefährlichsten befindet sich in Fahrtrichtung Tharandt in Potschappel hinter dem Abzweig Coschützer Straße. Ohne Warnung mündet die breite Fahrspur in einen Bereich, wo Grüninseln und Parkspur die Straße einengen. Die Radfahrer müssen dann sehen, wie sie sich zwischen dem rollenden Verkehr und dem Straßenrand behaupten. Daran wird sich auch nichts ändern. Zwar plant die Stadt, in Fahrtrichtung Tharandt einen Angebotsstreifen zu markieren. Das ist eine überfahrbare Strichellinie so wie auf der Poisentalstraße. Die Pläne dafür sind fertig. Aber ausgerechnet an der gefährlichen Stelle zwischen der Straße "Am Markt" und der Straße Zur Lessingschule sei dafür kein Platz, hieß es zuletzt aus dem Rathaus. 

Diese trichterförmige Einengung in Potschappel hinter dem Abzweig Coschützer Straße kommt ohne Warnung. Radfahrer werden hier eingequetscht zwischen Grüninseln, Parkstreifen und rollendem Verkehr. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Diese trichterförmige Einengung in Potschappel hinter dem Abzweig Coschützer Straße kommt ohne Warnung. Radfahrer werden hier eingequetscht zwischen Grüninseln, Parkstreifen und rollendem Verkehr. Eine Lösung ist nicht in Sicht. © Egbert Kamprath

5. Punkt: Übergänge an den Auf- und Abfahrten Wilsdruffer Straße

Diese Radwege kann man wohl nur als Slalomstrecke bezeichnen: Die Zu- und Abfahrten zwischen Wilsdruffer Straße und Carl-Thieme-Straße verlangen Radfahrern alles an Geschick ab. Denn von der Bahnbrücke geht es in Fahrtrichtung Kesselsdorf im Zick-Zack über eine Fußgängerinsel und dann weiter bergauf. Dabei wird auch noch die Rechtsabbiegespur gekreuzt. In Fahrtrichtung Bahnbrücke sind die abgesenkten Bordsteine derart spitzwinkelig versetzt, dass Radfahrer nicht nur genau auf Fußgänger und Überfahrt achten müssen, sondern auch noch quasi rückwärts über die Schulter blicken müssen, um den rechtsabbiegenden Autoverkehr im Auge zu behalten. Eine Leistung, die rein anatomisch betrachtet eigentlich nur Uhus schaffen. 

"Wer ein schweres Rad hat oder mit Packtaschen unterwegs ist, der bekommt hier echte Probleme, sein Rad überhaupt noch zu halten", kommentiert Sonja Schmidt. Sie befürchtet, an der Stelle wird sich nichts ändern. "Das müsste man umbauen." Zumindest einen dicken roten Fahrradstreifen auf der Fahrbahn, um den Übergang besser für Autofahrer sichtbar zu machen, sollte aus Sicht der AG Rad aber drin sein.

Hier kreuzt die Zu- und Abfahrt den Radweg, der im Slalom über die Mittelinsel führt. Autofahrer müssten hier eigentlich stoppen, kommen aber oft rasant bergab und zwingen Radfahrer zum Anhalten.
Hier kreuzt die Zu- und Abfahrt den Radweg, der im Slalom über die Mittelinsel führt. Autofahrer müssten hier eigentlich stoppen, kommen aber oft rasant bergab und zwingen Radfahrer zum Anhalten. © Egbert Kamprath

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