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Mit diesem Trick ersparen Sie sich das Umgraben im Garten

Vor dem Winter plagen sich viele Gartenbesitzer mit dem Spaten ab. Ein Forstingenieur aus dem Erzgebirge arbeitet nach einer Methode, die der Umwelt hilft und gute Erträge bringt.

Von Susanne Plecher
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Schaufel statt Spaten: In seinem Garten in Schlettau trägt Roberto Böhme Komposterde auf die abgeernteten Beete aus
Schaufel statt Spaten: In seinem Garten in Schlettau trägt Roberto Böhme Komposterde auf die abgeernteten Beete aus © Jürgen Lösel

Spaten ansetzen, das Blatt mit dem Fuß kraftvoll in den Boden treten, mit der Erde aus dem Loch heben, umdrehen, von vorn beginnen: Spaten ansetzen, in den Boden treten – so lange, bis das ganze Beet umgegraben ist und sich der Muskelkater ankündigt.

Für viele Gärtner ist diese schweißtreibende Arbeit typisch für den Oktober, wenn die Beete abgeerntet sind und die ersten Nachtfröste drohen. Für Roberto Böhme nicht. „Ich komme schon seit Jahrzehnten ohne Umgraben aus“, sagt der Forstingenieur im Ruhestand.

Er lebt in Schlettau bei Annaberg-Buchholz. Studiert hatte er in Tharandt und beruflich immer mit Naturschutzthemen zu tun. Nur wenn er neue Beete anlegt oder etwas aus- oder eingraben will, greift er zum Spaten. „Und wenn sich der Boden stark verdichtet hat. Dann grabe ich aber nur flach um“, sagt er.

Immer mehr kritisieren das Umgraben

Wer sich im Herbst abmüht, so die Idee hinter dem Umgraben, hat es im Frühjahr leichter. Denn der Winterfrost zerbricht die groben Erdschollen, die beim Umgraben entstehen. Diese Frostgare macht den Boden feinkörnig und leichter zu bearbeiten. Im Frühling lockert man ihn vorm Säen oder Pflanzen nur noch einmal etwas auf – und los geht es ins neue Gartenjahr.

Doch diese Praxis hat immer mehr Kritiker gefunden, weil das Umgraben nicht nur tiefere Bodenschichten nach oben an Licht und Luft befördert, sondern auch die vielen Mikroorganismen, die darin leben – und an ihre Erdschicht angepasst sind. Sind sie Kälte oder Trockenheit ausgeliefert, sterben sie. „Das verändert die Stoffwechselprozesse in der Erde“, sagt Böhme.

Bei jedem Durchmischen oder Wenden des Bodens wird organische Substanz abgebaut. Es dauert, bis sich das wieder reguliert. Zudem schwemmen Regen und Schnee die im Boden enthaltenen Nährstoffe aus.

Mit einem Grubber wie diesem lassen sich die Beete leiht bearbeiten.
Mit einem Grubber wie diesem lassen sich die Beete leiht bearbeiten. © Jürgen Lösel

In einem breiten Beet hatte der Schlettauer Kartoffeln angebaut. Sie sind längst geerntet. Der Boden ist noch aufgebrochen und leicht umgewälzt. Nebenan wuchs Gemüse. Böhme entfernt grob das Unkraut und lockert die Erde mit einem Grubber auf.

Danach verteilt er eine fünf bis zehn Zentimeter hohe Kompostschicht auf dem Beet. Das ist sein ganzes Geheimnis. „Durch die Niederschläge und die Frostgare vermischen sich Kompost- und Beeterde im Winter“, erklärt er. Im Frühling grubbert er. Mehr Arbeit hat er damit nicht.

„Früher war Umgraben völlig normal, viele haben noch Mist in den Boden eingearbeitet“, erinnert er sich. Aber seine Methode zeigt Erfolge: Böhmes Gartenboden ist auch nach unten humushaltiger geworden.

Starkzehrer wie Brokkoli, Porree oder Möhren gedeihen prächtig. Kurz nach der Wende hatte Marie-Luise Kreuter ihn auf die Idee gebracht. Ihr Buch „Der Biogarten“ ist inzwischen zum Klassiker geworden.

Eine Mulchschicht tut es auch

Wer einen humusreichen, gut strukturierten und krümeligen Gartenboden hat, kann sich, wie Ricardo Böhme, das Umgraben sparen. Bei schweren lehmigen oder tonigen Böden klappt das eher nicht. Dann bleibt das Umgraben das Mittel der Wahl, schreibt Wolfgang Kawollek im „Ulmer Gartenbuch“. In jedem Fall darf die Erde beim Bearbeiten nicht zu nass sein, sonst wird sie schnell verdichtet.

Anstelle des Komposts kann auch eine Mulchschicht aus Herbstlaub oder Ernteresten auf den Beeten ausgebracht werden. Die Methode wird auch Flächenkompostierung genannt und ist ein wesentlicher Bestandteil der Permakultur. Der Mulch wirkt dabei im Prinzip wie eine Beautykur: Er schützt den Boden vor starken Temperaturschwankungen sowie vor Verwitterung durch Sonne, Wind und Niederschlägen. Gleichzeitig setzt er durch Verrottungsprozesse nach und nach Nährstoffe frei.

„Die Bodenbedeckung erhält das Bodenleben und sorgt dafür, dass eine natürliche Lockerung und Belüftung erfolgt“, erklärt Marja Rottleb vom Naturschutzbund Deutschland. Dadurch spart man Geld für synthetischen Dünger und entlastet die Umwelt.

Andere Alternative: Gründüngung

Eine Alternative zum Mulchen ist die Gründüngung. Dafür werden kurz nach der Ernte die lila blühende Phacelia, Kreuzblütler wie Gelbsenf und Winterraps oder Leguminosen wie Lupinen und Klee ausgesät. Das ist auch im Oktober möglich, wenn der Boden noch warm genug ist, um die Samen keimen zu lassen. Die tiefreichenden Wurzeln dieser Pflanzen lockern den Boden auf, manche reichern ihn sogar mit Nährstoffen an. Ihre Überreste werden im Frühjahr eingearbeitet, sagt Isabelle Van Groeningen, Leiterin der Gartenschule der Königlichen Gartenakademie in Berlin.

Auf den Kompost von Roberto Böhme kommen alle Grünabfälle, die im Garten anfallen, dazu Gemüseschalen und gelegentlich eine Hand Komposterde vom Nachbarhaufen.
Auf den Kompost von Roberto Böhme kommen alle Grünabfälle, die im Garten anfallen, dazu Gemüseschalen und gelegentlich eine Hand Komposterde vom Nachbarhaufen. © Jürgen Lösel

Die Böhmes setzen auf ihre Kompostmethode. Weil sie viel Gemüse anbauen, ist der Bedarf an Kompost hoch. Drei Haufen haben sie im Halbschatten neben Bäumen und Sträuchern und im Windschutz einer Hainbuchenhecke angelegt. Die Umrandungen sind aus Latten grob zusammengezimmert. „Der Komposthaufen ahmt die Recyclingprozesse der Natur nach“, sagt Böhme. Für die untere Schicht häckselt er Strauchschnitt, verteilt danach Gartenabfälle, verwelkte Blumen, Erntereste, Gemüseschalen darauf – je nachdem, was anfällt. Gelegentlich streut er etwas reifen Kompost ein. „Das ist wie eine Impfung mit Mikroorganismen“, sagt er.

Firmen wie Neudorff, Silberkraft oder Natursache verkaufen online Kompostwürmer, die man neu angelegten Häufen zugeben kann. Das beschleunigt den Verrottungsprozess.

Nur wenig Laub in den Kompost

„Manche schichten den Haufen nach einem halben Jahr um, aber nötig ist das nicht“, sagt Böhme. Nach neun bis zwölf Monaten ist der Kompost reif und die Erde fertig. Um grobe Bestandteile wie kleine Äste oder Steine herauszufiltern, wird sie durch ein Kompostsieb gesiebt, bevor sie auf die Beete ausgetragen wird.

Auch Herbstlaub kann auf dem Komposthaufen verteilt werden. Allerdings verrottet es meist schlecht. Daher rät die Bayerische Gartenakademie, immer nur eine dünne Schicht Blätter auf den Haufen zu geben und sie mit Grünschichten abzuwechseln. Reste kann man neben dem Kompostplatz lagern und den Winter über immer wieder kleine Schichten Laub über andere Garten- und Küchenabfälle streuen.

Harte Eichenblätter oder Kastanienlaub, das oft von der Miniermotte befallen ist, hat auf dem Kompost eben so wenig zu suchen wie gekochte oder gebratene Speisereste. Die locken Mäuse oder Ratten an.

„Es ist nicht schwierig, einen Komposthaufen anzulegen. Wenn man es richtig macht, stinkt er auch nicht“, sagt Böhme. „Aber es ist wichtig, dass wir Biomasse nicht nur entnehmen. Wir müssen Garten und Natur auch wieder etwas zurückgeben.“ (mit dpa)