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Grundsteuer: Wenn das Finanzamt einen zum Forstwirt macht

Jeder Eigentümer muss jetzt eine Grundsteuererklärung machen. Dabei erlebt man auch Kurioses. So hat es funktioniert.

Von Franz Herz
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Für viele Grundstücksbesitzer ist dieses Jahr kein angenehmes: Ans Finanzamt muss eine Grundsteuererklärung geschickt werden.
Für viele Grundstücksbesitzer ist dieses Jahr kein angenehmes: Ans Finanzamt muss eine Grundsteuererklärung geschickt werden. © Claudia Hübschmann

Die Nachbarin und der Autor dieses Artikels hatten sich geeinigt, die Grundsteuererklärung zusammen zu bewältigen. Denn vier Augen sehen mehr als zwei. Martina Schneidenbach von nebenan hatte sich vorab schon mal beim Finanzamt informiert. Dort hatte sie den Tipp bekommen, Kinder oder pfiffige Enkel um Hilfe zu bitten. „Dann ist das eine Sache von zehn Minuten, einer Viertelstunde“, hatte die Mitarbeiterin ihr versprochen. Dass es Stunden werden, in denen wir sogar vom Hausbesitzer zum Forstwirt werden, mit dem Finanzministerium in Dresden telefonieren und für ein einziges Grundstück gleich zwei Steuererklärungen abgeben sollten, ahnten wir da noch nicht.

Der Garten führt in die Irre

Beide starteten wir das Programm Elster, das elektronische Finanzamt, und suchten das Formular. Es gibt eines für Bayern, eines für Hessen. Sachsen müssen das nehmen, was „Grundsteuer für andere Bundesländer“ heißt.

Dabei muss man Anlagen auswählen, und schon schlägt die erste Falle zu. Die Nachbarin wählt eine Anlage für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke aus. Sie beruft sich auf das Grundsteuerportal. Denn als Hilfe für die Grundsteuerklärung hat der Freistaat Sachsen dieses Portal ins Netz gestellt. Das gibt zu jedem Grundstück im Freistaat detaillierte Informationen, die selbst den Eigentümern manchmal unbekannt sein können. Und bei Nachbars Gartengrundstück steht etwas von Landwirtschaft, Wald und ein paar Quadratmetern Straße.

Wie aus zehn Minuten drei Stunden werden

Wir füllen aus und füllen aus, bis wir am Schluss zu dem Punkt kommen: „Prüfen“. Fünf Fehler und einen Hinweis weist das Programm der Nachbarin aus. So kann sie das Formular nicht abschicken. Aber erst einmal die Fehler finden. Zu zweit fressen wir uns durch knochentrockene Erklärungen.

So verstehen wir schließlich, dass Nachbars eben kein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sind. Also muss die Anlage wieder raus. Das geht aber gar nicht so einfach. Um sicherzugehen, löschen wir alles. Sie fängt noch einmal an, alles auszufüllen, bis Elster wirklich nichts mehr zu meckern hat. Nach drei Stunden gibt es den endgültigen Tastenklick und wenigstens ihre Erklärung ist jetzt beim Finanzamt. Zeit zum Mittagessen.

Sechs Teilflächen kann Elster nicht erfassen

Parallel versuchte ich, mein eigenes Grundstück zu erfassen. Das hat wirklich ein paar Eigenheiten. Dazu gehören das Haus, aber auch Wald, ein Obstgarten und blanke Felsen: allein rund 2.000 Quadratmeter Unland, wie das Grundsteuerportal richtig feststellt. Da ist also alles dabei, vom schönen Wohnstandort, der einen Bodenrichtwert von 51 Euro je Quadratmeter hat, Gartenland mit fünf Euro je Quadratmeter, der Wald mit 19 Cent je Quadratmeter und das wertlose Unland.

So etwas kann bei der Grundsteuererklärung zur Herausforderung werden; ein Grundstück, sechs verschiedene Teilflächen vom wertlosen Felsen bis zum Zweifamilienhaus.
So etwas kann bei der Grundsteuererklärung zur Herausforderung werden; ein Grundstück, sechs verschiedene Teilflächen vom wertlosen Felsen bis zum Zweifamilienhaus. © Screenshot Franz Herz

Die Flächen kontrollierte ich nach dem Mittag alle noch einmal anhand meiner Unterlagen. Das passte. Nun wollte ich sauber die unterschiedlichen Flächen eingeben. Schließlich will ich nicht für das alles den höheren Baulandsatz bezahlen. Doch nach der zweiten Fläche streikt Elster. „Maximale Anzahl von Teilflächen erreicht“, steht da in Rot. Was nun, ich habe ja noch nicht einmal die Hälfte erfasst? Probieren hilft auch nicht. Also beim Finanzamt nachfragen. Doch da habe ich Pech. Montags endet die Sprechzeit um 15.30 Uhr. Und es war schon 15.40 Uhr.

Ein Anruf beim Ministerium hilft etwas weiter

Doch das Finanzministerium in Dresden hat ja auch noch eine Hotline. Dort gibt es bis 17 Uhr Auskünfte. Im zweiten Anlauf komme ich schon durch und habe auch einen freundlichen Herrn am Telefon. Dem schildere ich mein Problem und gemeinsam kommen wir zu dem Schluss, dass es wohl ein technisches Problem mit Elster sein könnte. Der Mann vom Ministerium rückt sogar die Durchwahl der Technikspezialisten im Finanzamt Pirna raus. Nur haben die leider jetzt schon Feierabend.

Am nächsten Morgen ein erneuter Versuch. Die Technikspezialisten sind aber offenbar sehr gefragt. Mal piept das Besetztzeichen, mal geht niemand ran. Doch nach mehreren Anläufen stellt einer fest: Das Problem ist doch nicht technischer Natur. Zuständig ist dafür die Bewertungsabteilung. Hier wurde mir dann geholfen.

Der Kollege guckt unter meinem Aktenzeichen in den Computer, sieht sich mein Grundstück an und sieht offenbar mit fachmännischem Blick, dass ich zwei Aktenzeichen bekommen habe. Ich blättere in meinem Steuerordner – und tatsächlich: Ich habe ein Schreiben im Mai bekommen für mein Haus und im Juni ein zweites für das restliche Grundstück. Ich habe damals gedacht, das sei dasselbe. Der ganze Unterschied auf den großen Blättern waren vier andere Ziffern im Aktenzeichen. Zum Glück hatte ich beide ordentlich abgeheftet.

Was bei der Nachbarin falsch war, ist bei mir jetzt richtig

Der Mitarbeiter erklärt mir, dass das Finanzamt schon bei der Vorbereitung berücksichtigt hat, dass wir ein Haus mit einem gewissen Wert haben und Hinterland mit wenig Wert, steuerlich gesehen zwei verschiedene Grundstücke. Die unterschiedliche Farbgebung der Flächen kennzeichnet zusätzlich unterschiedliche Bodenwerte. Erst fülle ich eine Erklärung für das Haus aus. Das ist unkompliziert, wirklich in zehn Minuten zu schaffen.

Doch dann muss ich genau das machen, was bei der Nachbarin falsch war. Ich muss mich zum Land- und Forstwirt erklären. Unter dem anderen Aktenzeichen fülle ich eine zweite Erklärung für den viel größeren Rest unseres Grundstücks aus, den ich aber als landwirtschaftliches Grundstück deklariere. So wurden diese beiden Steuererklärungen bis zum Abendbrot auch noch fertig. Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Wenn ich nicht zwei freie Tage gehabt hätte, wäre ich gescheitert.