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Wann es sich lohnt, die DDR-Versicherung zu wechseln

Versicherer versuchen, Kunden aus Altverträgen zu locken. Eine Fall aus Nordsachsen zeigt exemplarisch, dass das manchmal, aber nicht immer sinnvoll ist.

Von Sylvia Miskowiec
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Alles nass!  Hier springt in der Regel die Hausratversicherung ein.
Alles nass! Hier springt in der Regel die Hausratversicherung ein. © dpa-tmn

Wasserschäden sind bisher nicht versichert!“ Als die Allianz Versicherung mit dieser Nachricht an eine ihrer Kundinnen im nordsächsischen Naundorf herantrat, war die Überraschung groß. Denn es lag gar kein Schaden vor. Das Schreiben diente lediglich der Information. Der Grund: Die ursprüngliche Gebäudeversicherung der Frau stammte noch aus DDR-Zeiten. Die Allianz hatte diese wie viele andere Altverträge in den neunziger Jahren übernommen – und möchte ihre Kunden offenbar von neuen Policen überzeugen.

Doch, dass solche elementaren Dinge wie Wasserschäden nicht abgedeckt sein sollten und daher der Abschluss eines neuen Vertrags empfehlenswert sei, machte die Kundin stutzig. Schließlich entfallen laut Gesamtverband der deutschen Versicherer fast 45 Milliarden Euro in der Wohngebäudeversicherung auf die Regulierung von Schäden durch Leitungswasser – fast die Hälfte der Gesamtsumme. Die Naundorferin wandte sich daher mit dem Schreiben der Versicherung an die Verbraucherzentrale Plauen. Die hatte ihrer Kundin Anonymität zugesagt.

Noch viele Altverträge in Sachsen

In der Verbraucherzentrale kannte man bereits ähnliche Fälle. Denn selbst 33 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es immer noch Wohngebäude- oder Hausratversicherungsverträge aus DDR-Zeiten. „In letzter Zeit treten vermehrt Versicherer an diese Kunden heran und schlagen neue Tarife und somit Neuverträge vor“, sagt Jasmin Trauloft, Leiterin der Verbraucherzentrale Plauen. Viele reagierten darauf verunsichert. Zur recht, meint die Beraterin für Finanzdienstleistungen. „Grundsätzlich lohnt sich in einem solchen Fall immer der unabhängige Blick eines Experten ins Kleingedruckte der Versicherungsunterlagen – der alten wie der neuen.“

Wichtig ist vor allem: Was genau ist bisher versichert? Bis zu welchen Summen leistet die Versicherung, insbesondere wenn es um Elementarschäden wie Überschwemmung, Rückstau oder Erdrutschrisiken geht – und ist das alles überhaupt versichert? Bei der Kundin aus Naundorf hatte die Allianz offenbar voreilig gehandelt. „In den alten Versicherungsbedingungen stand ein Verweis auf eine zusätzliche Schadensabsicherung, die auch Leitungs- und Wasserschäden abdeckte“, sagt Trautloft. „Diese zusätzliche Absicherung machte das Argument der Versicherung für einen Neuvertrag hinfällig. Die Frau ist beim alten Vertrag geblieben.“ Verbraucherschützer raten, immer genau zu prüfen, welche Leistungen im Vertrag enthalten sind. Gegebenenfalls ließe sich auch mit Zusatzbausteinen wie beispielsweise einer Elementarschadensabsicherung ein voller Schutz erzielen – ohne Neuvertrag.

Auch Neuverträge haben Vorteile

Doch neue Policen seien nicht per se schlecht, erklärt auch die Stiftung Warentest. „Alte Verträge decken zwar die meisten Schäden ab, viele neue sind in Details aber besser“, sagen die Prüfer. Überspannung sei jetzt oft inklusive, die Entschädigungsgrenzen für Bargeld und Wertpapiere wurden angehoben. Auch Verbraucherschützerin Trauloft betont die zeitgemäßeren Risiken, die neue Policen beinhalteten, etwa die Absicherung der Ladestation für Elektroautos oder Schäden, die durch Internetnutzung entstanden sind. Auch Hotelübernachtungskosten, die sich aus der Unbewohnbarkeit einer Wohnung ergeben, seien mittlerweile meist inkludiert, während Wohngebäudeversicherungen aus DDR-Zeiten oft nur den entstandenen Sachschaden bezahlten.

Ein Neuvertrag muss zudem nicht unbedingt teurer als der alte sein, wie ein Kunde aus dem vogtländischen Weischlitz erfuhr. „Sein Wohngebäudeversicherer unterbreitete ihm ein neues Angebot“, sagt Trautloft. Da dieses zeitgemäßere Leistungen abdecken, aber nicht wesentlich mehr kosten sollte, wandte sich der Mann misstrauisch an die Verbraucherzentrale. Ein Check ergab hier: alles in Ordnung.

Die Stiftung Warentest hat im vergangenen Jahr 247 Hausrat-Versicherungen von 98 Anbieter geprüft. Im Modellfall einer 100-Quadratmeter­Wohnung im zweiten Stock kostete der Jahresbeitrag für das günstigste Angebot nur 52 Euro, der teuerste das Vierfache. Wie viel man am Ende zahlen muss, hänge allerdings davon ab, was man alles versichert haben möchte, so die Prüfer. Wer neben den Standardleistungen für Feuer, Einbruch, Raub, Blitzschlag, Leitungswasser­schäden sowie Sturm und Hagel Sonderwünsche hat, muss für seinen neuen Vertrag entsprechende mehr kalkulieren.

Check auf Elementarschäden empfehlenswert

Zur Vorsicht mahnen Verbraucherschützer allerdings diejenigen, die in einer Region zu Hause sind, in der es bereits Elementarschäden durch Überschwemmungen, Erdbeben oder ähnliche Ereignisse gegeben hat. „Hier ist zu prüfen, ob die im Altvertrag abgedeckte Gefahr nach den Naturkatastrophen der vergangenen Jahre in einem Neuvertrag noch mitversichert ist“, rät Trautloft. „Zudem sollten Kunden die Höhe der Versicherungssumme, die Leistungsgrenzen und eventuelle Selbstbeteiligungen genau vergleichen beziehungsweise kontrollieren – und neue Verträge nie sofort unterschreiben und sich im Zweifel beraten lassen.“

Die Verbraucherzentrale Sachsen bietet telefonisch, online und an verschiedenen Standorten persönliche Beratungen zu Versicherungen an. Eine halbe Stunde kostet 15 Euro.