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Fast jedes fünfte Lebensmittel in Sachsen beanstandet

Die Mängelquote steigt: Nahrungsergänzungsmittel und asiatische Pilze fielen den Landeskontrolleuren zuletzt besonders negativ auf.

Von Sven Heitkamp
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Eine Warnung sprachen die Lebensmittelprüfer wegen Mu-Err-Pilzen und anderen pflanzlichen Produkten aus Asien aus.
Eine Warnung sprachen die Lebensmittelprüfer wegen Mu-Err-Pilzen und anderen pflanzlichen Produkten aus Asien aus. © dpa/Oliver Berg

Die Ministerin war nicht begeistert. Die Anzahl der Beanstandungen bei Lebensmitteluntersuchungen habe sich in den vergangenen Jahren stetig erhöht, sagte Sozialministerin Petra Köpping (SPD) gleich zur Begrüßung, als sie am Donnerstag den neuen Jahresbericht der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) in Leipzig präsentierte. „Das ist ein Trend, der sich leider fortsetzt.“

Mehr als 20.000 Lebensmittel, Kosmetika, Tätowierungsmittel und andere Bedarfsgegenstände seien im vergangenen Jahr untersucht worden. Bei 18,2 Prozent der Proben habe es Probleme gegeben, erklärte Köpping. Allerdings bezog sich der Großteil der Kritik auf irreführende und nicht vorschriftsmäßige Kennzeichnung der Waren. Dazu gehörten vor allem nicht hervorgehobene Allergenkennzeichnungen, falsche Nährwertangaben und falsche Versprechungen zur Wirkung.

Aber auch fehlende Nettofüllmengen und Herstellerangaben sowie eine mangelnde Lesbarkeit der inzwischen üblichen Pflichtangaben wurden besonders häufig beanstandet. „Auch wenn dies keine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit bedeutet, sind solche Mängel dennoch ein ernstzunehmendes Problem im Sinne des Verbraucherschutzes“, mahnte Köpping.

Gesundheitsschädliche Funde

Zwar zeigten die Untersuchungsergebnisse, dass die Sicherheit der Lebensmittel und Kosmetika generell auf einem hohen Niveau liege, so die Prüfer. Dennoch wurden von 20.222 Proben 3.682 beanstandet. Bei 51 Proben wurden laut dem Jahresbericht Krankheitserreger gefunden und bei sechs Proben gesundheitsschädliche, chemische Stoffe entdeckt. 268 Proben wurden als „nicht zum Verzehr geeignet“ eingestuft – 1,3 Prozent aller untersuchten Waren. Allein von den gut 1.000 untersuchten tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst, Fisch, Milch und Käse wurde mehr als jedes Vierte wegen Mängeln bei Inhalts- und Zusatzstoffen kritisiert.

Vorsicht bei asiatischen Pilzen

Eine Warnung sprachen die Lebensmittelprüfer wegen Mu-Err-Pilzen und anderen pflanzlichen Produkten aus Asien aus. Seit Mitte vorigen Jahres gebe es eine auffällige Häufung von Problemen bei Lebensmitteln überwiegend aus Vietnam, die über asiatische Groß- und Einzelhändler vertrieben würden. Dabei seien gesundheitsgefährdende Verunreinigungen und Keime wie Salmonellen, Schimmelpilze und Pflanzenschutzmittel gefunden worden.

Die Kontrolleure stießen auch auf Teile von Insekten und andere Fremdkörper, die nicht ins Essen gehören. Der Vertrieb solcher Pilz-Produkte sei zwar inzwischen von der Landesuntersuchungsanstalt gestoppt worden, und gegen einen Großmarkt würden Ermittlungen laufen. Dennoch könnten Waren noch im Umlauf sein oder wegen ihrer langen Haltbarkeit bis zum nächsten Jahr noch in Vorratsschränken liegen. Gerade empfindliche Verbraucher wie Schwangere, Ältere und Kranke sollten die Pilze aufgrund möglicher mikrobiologischer Verunreinigungen nicht roh essen, sondern abkochen und bei der Zubereitung für eine gute Küchenhygiene sorgen, warnte LUA-Präsident Jens Albrecht.

Nahrungsergänzungsmittel täuschen

Kritik wegen irreführenden und falschen Angaben übten die Kontrolleure vor allem an Nahrungsergänzungsmitteln. Deren Marktanteil wachse beständig, und die Kunden würden sich von den Produkten einen gesundheitlichen Nutzen erhoffen. Viele Werbeversprechen seien aber nicht zulässig, warnte Albrecht. Dazu gehörten sogenannte Fatburner zur Körperfettverbrennung und Präparate für eine bessere Funktion der Gelenke. „Beide Produktbezeichnungen sind als unzulässig gebrandmarkt worden“, betonte Albrecht. Damit würden Versprechungen gemacht, die die Ergänzungsmittel aber nicht halten können. „Die Wirkung ist nicht nachgewiesen. Das ist klare Verbrauchertäuschung.“ 75 Prozent aller untersuchten Proben seien beanstandet worden.

Giftige Tätowierungsfarben

Grobe Verstöße und Gesundheitsgefahren machten die Kontrolleure auch bei Tätowierfarben und weiteren Tattoo-Hilfsmitteln aus. 14 der 19 untersuchten Proben seien mangelhaft gewesen. In vier Proben seien höhere Schwermetallwerte wie Arsen, Nickel und Blei und in drei Proben kritische Konservierungsstoffe entdeckt worden. „Der Trend des Tätowierens ist ungebrochen und mitten in der Gesellschaft angekommen“, vermerkt der LUA-Bericht. Laut Umfragen sei in Deutschland mittlerweile etwa jeder fünfte Erwachsene tätowiert. Daher werde es umso wichtiger, auf korrekte Produkte zu achten.

Probleme bei Kosmetik

Von insgesamt 630 Kosmetik-Proben wurde jede Vierte bemängelt, der Großteil wegen fehlerhafter Kennzeichnungen und irreführender Werbung. In einer Flüssigseife und einem unkonservierten Duschgel wurden aber auch gesundheitsgefährdende Mikroorganismen entdeckt und die Proben als nicht sicher eingestuft.

Umzug nach Bischofswerda

In den kommenden Jahren sollen die beiden Dresdner Standorte der Landesuntersuchungsanstalt in einen Neubaukomplex nach Bischofswerda umsiedeln. Bis Oktober laufe dafür jetzt der Architektenwettbewerb, berichtete Albrecht. Geplant sei derzeit, dass der Umzug Anfang 2029 stattfinden kann. Der Neubau für etwa 225 Millionen Euro solle dann 345 Mitarbeitern Platz bieten. Dabei hofft die Landesbehörde darauf, dass ihr Personalbestand weiter wachsen kann. Die Standorte in Leipzig und Chemnitz sollen laut Albrecht aber weiter bestehen bleiben.