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Weingut Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe: "Proschwitz ist ein Juwel"

Georg Prinz zur Lippe über die Lage seines Weingutes, den Weinskandal und seine Prognose, wie sächsischer Wein künftig schmeckt.

Von Olaf Kittel
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Georg Prinz zur Lippe wurde 1957 als jüngstes von sieben Kindern geboren. Seine Familie siedelte sich Mitte des 18. Jahrhunderts in Sachsen an.
Georg Prinz zur Lippe wurde 1957 als jüngstes von sieben Kindern geboren. Seine Familie siedelte sich Mitte des 18. Jahrhunderts in Sachsen an. © Thomas Kretschel

Prinz Georg, viele Weintrinker denken, wenn sie auf sächsischen Wein angesprochen werden, zunächst an Sie und Ihr Weingut. Wie fühlt sich das denn an?

Na, ob das so ganz richtig ist? Sicher, wir waren einer der ersten Betriebe, die unsere Weine in andere Regionen und ins Auslandgeliefert haben. Wir haben das gemacht, weil wir bei dem hohen Preisniveau und den niedrigen Erträgen nur dann überleben können, wenn wir Qualität liefern, die außerhalb des normalen Rahmens liegt. Wir bekommen es von den Sommeliers in Wien oder in Venedig sofort um die Ohren gehauen, wenn der Wein nicht ihren Qualitätsansprüchen entspricht.

Das ist ein Druck, den wir jeden Tag spüren. Vielleicht bin ich auch ein wenig bekannter als andere, weil ich zu den Ersten in Sachsen gehörte, die nach 1990 losgelegt haben. Einige wiederum kannten mich aus meinem ersten Leben aus München. Die sagten, was ist denn das für ein verrückter Vogel.

Gehen Sie manchmal durch den Weinberg und denken: Mein Gott, was habe ich hierhin gelegt?

Ich sehe die Leistung immer als Teamwork. Ich bin nur der Synchronring, der versucht, das Getriebejeden Tag neu zu synchronisieren. Das ist manchmal ganz schön kompliziert. Aber natürlich freue ich mich, wenn ich durch den Weinberg gehe. Ich freue mich, wenn ich meinen Sohn Georg-Moritz sehe. Dann denke ich schon mal, vielleicht hat er Lust, das später weiterzumachen. Wenn nicht, wird Proschwitz eben eine Stiftung. Auch gut.

Was ist Proschwitz für Sie?

Für mich ist es ein Juwel, weil dieser Betrieb einige besondere, mittelalterliche Weinberge der Kirche in sich trägt. Wir haben da die ehemaligen Weingärten des Bischofs gegenüber dem Meißener Burgberg, wir haben die Weinberge des Klosters Altzella und einen Teil der Weinberge der Clarissinnen in Seußlitz sowie die wesentlichen Weingärten der Benediktinerinnen vom Kloster Heilig Kreuz.

Zusammen stehen sie für eine uralte Weinbaugeschichte Sachsens. Alle unsere Weine basieren auf Löss und Urgestein. Dies sichert allen unseren Weinen eine einheitliche Handschrift von hoher Mineralität, die dem Urgestei entstammt, und filigraner Fruchtigkeit, die Frische, die uns der Löss schenkt.

Als Sie hier anfingen, wurden Sie angefeindet. Später schien es immer nur aufwärts zugehen. Zuletzt aber scheiterte die Expansion nach Thüringen, die Schuldenlast soll hoch sein. Wie geht es Ihnen heute?

Als Unternehmensberater würde ich eigentlich niemandem raten, Weinbau zu betreiben. Jedenfalls nicht hier. Sie haben eine hohe Kapitalbindung, es braucht viel teure Technik, Weinberge und Gebäude – bei uns liegen die Investitionen im zweistelligen Millionenbereich. Der Weinbau ist auch sehr personalintensiv. Beides zusammen ist sehr schwierig. Aber wir stehen sehr gut da. Auch, weil wir aus dem Betrieb 25 Jahre lang selbst in guten Jahren nichts entnommen haben.

Und warum ging Thüringen schief?

Thüringen machte mir 2006 das Angebot, auch dort ein exklusives Weingut aufzubauen. Aber dann wurden uns viele Steine in den Weg gelegt, und die Landesregierung duckte sich ab, nachdem es Widerstand gegen unser Engagement von einigen Schlüsselfiguren aus Agrarwirtschaft und Politik gab. Das mag ich gar nicht.

Irgendwann habe ich mich dann gefragt, was das für mich bedeutet und ob dieser Kampf wirklich lohnt. Ich musste ja auch viel vor Ort sein, trug noch mehr Verantwortung für viele Mitarbeiter – und irgendwann habe ich realisiert, dass das so langfristig überhaupt keinen Sinn macht. Deshalb habe ich beschlossen, den Betrieb wieder zu veräußern. Ich fühle mich seither deutlich wohler.

In den letzten Jahren hatte ich den Eindruck, dass die Konkurrenz mehr Preise abgeräumt hat als Sie.

Für die Landesweinprämierungen und die wesentlichen internationalen und nationalen Bewertungen sehe ich das nicht. Hier hat sich unsere Bewertung in den letzten drei Jahren signifikant nach oben entwickelt. Der Gault Millau ist der einzige Weinführer, der 2015 behauptete, dass unsere Weine süßer geworden seien, was sich aber weder geschmacklich noch mit den Analysedatenbelegen lässt. Bewertungen sind generell subjektiv und haben oft mit der Tagesform des Prüfers zu tun.

Worauf wollen Sie sich jetzt konzentrieren?

Wir müssen mehr denn je in unsere Mitarbeiter investieren und die besten Leute holen, die wir bekommen können. Wie unseren neuen Kellermeister aus Südafrika oder unseren Mann für den Vertrieb, der ein exzellenter Sommelier ist. Wir wollen zweitens dazu beitragen, den Geschmack des sächsischen Weins neu zu definieren. Wir haben heiße Sommer und kühle Nächte. Wir können also viel filigranere und fruchtigere Weine machen, die nicht so viel Alkohol haben. Wir brauchen keinen pappsüßen sächsischen Wein.

Kann man angesichts des Skandals um die Insektizide den sächsischen Wein noch bedenkenlos trinken?

Ich wünsche mir von der Staatsregierung, dass sie eine obligate Rückstandsprüfung auf unerlaubte Substanzen durch die Landesuntersuchungsanstalt für alle Weine umgehend einführt. Nur wenn wirklich jeder Wein geprüft wurde, bevor er in den Handel kommt, kann der Konsument zu 100 Prozent sicher sein, keine belasteten Weine zu erwerben. Winzer, die dem nicht entsprechen, müssen die finanziellen Folgentragen. Wir müssen jetzt konsequent sein und klare Entscheidungen treffen.

Wie wird es dem Weinbau in 25 Jahren gehen?

Vermutlich sehr gut. Der Sachse hat jetzt überall in der Welt Wein gekostet und dabei festgestellt, wie gut der eigene ist. Und er ist stolz darauf.

  • Dieser Text ist bereits am 31. Mai 2016 in der Printausgabe der Sächsischen Zeitung erschienen.