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Weinmanufaktur am Mariaberg, Martin Schwarz: Hier wächst Sachsens teuerster Wein

Winzer Martin Schwarz produziert Spitzenqualität in allerbesten Steillagen von Radebeul, Diesbar-Seußlitz und Meißen. Seine Träume sind sehr irdischer Natur.

Von Olaf Kittel
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Martin Schwarz studierte Weinbau und bearbeitete 2002 seine erste eigene Weinfläche im Nebenerwerb. Jetzt ist er
sein eigener Herr.
Martin Schwarz studierte Weinbau und bearbeitete 2002 seine erste eigene Weinfläche im Nebenerwerb. Jetzt ist er sein eigener Herr. © Thomas Kretschel

Herr Schwarz, Sie gelten als der Winzer, der die teuersten Weine in Sachsen herstellt. Einige Preise liegen um die 25 Euro pro Flasche. Woher nehmen Sie den Mut?

Mein Antrieb ist, sehr guten Wein zu machen. So gut, wie es aus dem Stückchen Erde, das ich bearbeite, nur möglich ist. Da steckt Leidenschaft dahinter. Andererseits muss ich, wenn ich so viel Aufwand betreibe, auch solche Preise nehmen, um das Ganze wirtschaftlich zu halten. Insofern ist der Wein gewiss nicht preiswert. Aber er ist seinen Preis wert. Inzwischen gibt es aber auch bei mir Weißwein ab 13 Euro.

Nun kann oder will nicht jeder 25 Euro für eine Flasche Wein ausgeben. Deshalb zur Information: Wie schmeckt ein Schwarz-Wein?

Der typische Schwarz-Wein ist im Holzfass ausgebaut, auch der Weißwein. Das ist meine Spezialität. Er liegt sehr lange auf der Hefe. Die Weintrauben stammen aus der Steillage, werden hochreif geerntet und sind top gesund. Das alles sind Voraussetzungen für die Struktur, die ein großer Wein haben muss. Er hält das Aroma zunächst zurück, man spürt die Mineralität, die Struktur – und erst im Abgang trägt das Aroma. Ein Schluck Wein soll ein Geschmackserlebnis sein.

Sie waren viele Jahre Kellermeister im Weingut Proschwitz. Was haben Sie da gelernt?

Ich habe vor allem gelernt, dass man in denWeinbergen die Voraussetzungen schafftfür einen sehr guten Wein. Die Pflege derWeinstöcke muss akribisch und der Ertragstreng begrenzt sein.

Was machen Sie heute anders als beimPrinzen?

Nicht so viel. Ich kann mit meinen kleinenMengen im Keller freilich anders umgehen.Die Trauben sind handgelesen, kommenganz an und werden sehr sehr schonendverarbeitet. Ich lasse die Trauben längerin der Maische stehen – die Schalenbleiben also noch im Saft, damit die Mineralitätund das Aroma der Weintraubenauch vollständig extrahiert werden.

Im Gegensatz zu anderen Spitzenwinzern im Elbtal produzieren Sie viele Cuvee-Weine. Warum?

Das hat angefangen, als ich nur einen Weinberg hatte mit vielen verschiedenen Sorten und kleinen Mengen. Deshalb kelterten wir damals den Weiß- und den Grauburgunder zusammen. Ebenso haben wir es mit Riesling und Traminer sowie dem Spätburgunder und dem Portugieser gemacht. Diese Weine bekamen einen außerordentlichen Charakter und eine hohe Komplexität. Sie wurden sehr gut angenommen – also sind wir dabei geblieben.

In den Zeiten des Weinskandals muss eine Zeitung jeden Winzer fragen, ob er betroffen ist.

Nein, wir sind nicht direkt betroffen. Wir halten uns an die Gesetze und an die Regeln. Wir arbeiten naturnah und setzen keine Insektizide ein. Wir verzichten auf Glyphosat, obwohl das für uns in den Steillagen noch mehr anstrengende Handarbeit bedeutet. Wir nehmen den Aufwand in Kauf, um ein naturnahes Produkt zu erzeugen. Aber betroffen sind wir vom Weinskandal indirekt alle. Das ist das Problem. Ich finde es schade, dass die Verursacher nicht schon längst Stellung genommen haben. Das wäre eine Möglichkeit, den Schaden zu begrenzen und gutzumachen. Das ist leider nicht erfolgt, und das bedauere ich sehr. Mein Respekt gilt deshalb den wenigen Winzern, die sich offenbart haben. Nur so kann der Generalverdacht gegen alle Winzer beseitigt werden und neues Vertrauen entstehen.

Sie betreiben das Geschäft gemeinsam mit Ihrer Partnerin Grit Geißler. Was bringt sie ein?

Sie ist von Anfang an dabei und hat mich erst dazu gebracht, selbst Weinstöcke anzupflanzen und eigenen Wein herzustellen. Das war 2012. Sie kommt aus Berlin, war dort Lehrerin. Sie hat dann den Job an den Nagel gehängt, auf das gute Einkommen verzichtet, um mit mir freiwillig die schwere Arbeit in den Weinbergen zu leisten. Wir sind fast jedes Wochenende dort, Urlaub gibt es statt acht Wochen nur noch eine Woche, maximal zwei Wochen im Jahr. Mehr ist nicht drin. Aber alles andere hier entschädigt dafür.

Sie haben nicht nur eine Partnerin, sondern auch einen Partner, der Ihnen beim Start geholfen hat.

Ja, Karl-Erivan Haub, bekannt als Miteigentümer der Tengelmann-Gruppe und von Obi. Der Milliardär besitzt ein wundervolles Grundstück auf den Weinbergen mit dem Schlösschen Neufriedstein. Als Partner würde ich ihn nicht betrachten, aber als Gönner. Ich habe mich vor Jahren bei ihm dafür beworben, seinen Weinberg aufzureben. Die Zustimmung kam prompt. Seither ist er begeistert dabei. Weil einige verwilderte Bäume auf dem Weinberg standen, wurde das Projekt leider vom Naturschutz noch um vier Jahre verzögert.

Mit seiner finanziellen Hilfe haben wir dann die Trockenmauern saniert und den Weinberg wiederhergestellt. Er steckte Unsummen in das Projekt, obwohl er keinen wirtschaftlichen Nutzen davon hat. Heute ist der Weinberg zwischen Neufriedstein und dem Jacobstein eine Augenweide. Ich habe ihn gepachtet, er bringt hervorragende Qualitäten. Hier baue ich sogar Rebsorten an, die sonst nur im Süden gedeihen. Chardonnay zum Beispiel oder den sehr anspruchsvollen Nebbiolo.

Jetzt haben Sie auch noch in Meißen ein eigenes Weingut.

Nach zehn Jahren als Hobbywinzer wollte ich 2013 dann auch das eigene Gut. Bei nur wenig mehr als zwei Hektar Rebfläche erwies es sich als wirtschaftlich sinnvoll, einen gemeinsamen Keller mit der Meißener Winzerin Anja Fritz aufzubauen.

Nach so kurzer Zeit produzieren Sie Spitzenweine und erzielen Spitzenpreise. Wovon träumen Sie noch?

Ich träume davon, wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Zumal wir ja jetzt auch noch angefangen haben, im ehemaligen Tagebau Welzow in Brandenburg sechs Hektar Wein anzubauen. Ich träume davon, den wirtschaftlichen Druck, den ich jetzt in der Anfangsphase mit hohen Investitionen besonders spüre, irgendwann mal wieder loszuwerden. Aber dafür darf ich in einem so schönen Metier arbeiten – das gleicht vieles wieder aus.

  • Dieser Text ist bereits am 12. Juli 2016 in der Printausgabe der Sächsischen Zeitung erschienen.