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Leas verlorenes Lachen: 22-Jährige mit seltener Krankheit braucht Hilfe

Lea aus Bad Gottleuba leidet an einer weltweit sehr seltenen Krankheit. Ihr bleiben nicht mehr viele Jahre. Die soll sie genießen können. Dafür braucht Lea Hilfe.

Von Heike Sabel
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Romy und Ermelindo-Leonardo Balsamo sind für Lea da, versuchen alles zu schaffen - und brauchen doch Hilfe.
Romy und Ermelindo-Leonardo Balsamo sind für Lea da, versuchen alles zu schaffen - und brauchen doch Hilfe. © Egbert Kamprath

Lea wird dieses Jahr 22. Es ist das 13. Jahr ihres anderen Lebens. Bis sie neun war, war sie ein Sonnenschein, für ihre Mutter die "Püppi". Relativ schnell verlor das fröhliche Mädchen ihr bisheriges Leben. Es begann mit dem Stolpern über die eigenen Beine, was zuerst nicht ernst genommen wurde. Sie soll die Beine heben, sagten ihre Eltern. Dann stürzte sie immer öfter, schlurfte mit den Beinen, hatte Probleme beim Sitzen und Aufrechthalten.

In der Schule ließ Lea, die Perfektionistin, nach. Die Ärzte fanden nichts, hatten nur eine Vermutung. 2016 dann die Gewissheit: Lea hat Eisenablagerungen im Gehirn. Es gibt keine Medikamente dagegen. Es ist eine sehr seltene Krankheit. Weltweit leiden daran 120 Menschen - vor allem Kinder und Jugendliche.

Jetzt im Januar kam die nächste erschütternde Nachricht. Die Lebenserwartung für Menschen mit Leas seltener Erkrankung MPAN/CoPan-Mitochondriale Membran-Protein-assoziierte Neurodegeneration beträgt 30 Jahre. Niemand weiß, wie viel Zeit Lea noch hat. "Das tut so weh", sagt ihre Mutter Romy Balsamo. "Die Zeit rennt und geht Lea verloren." Ihr noch etwas zeigen, ihr etwas bieten, ihr Freude machen. Das wollen ihre Mutter und ihr Mann Ermelindo-Leonardo.

Das Eisen an der falschen Stelle bringt alles durcheinander

Lea blüht auf, wenn sie unterwegs, draußen ist. Dann erinnert sie sich offenbar an die früheren Reisen. Sie waren viel unterwegs, vor allem am Meer. In die Türkei sind sie noch geflogen, Lea hatte schon den Rollator dabei. Nach Italien, in die Heimat von Romys Mann, sind sie 1.700 Kilometer mit dem Auto gefahren. Es war die einzige Möglichkeit, Lea dabei haben zu können. Zu Opa nach Leipzig will sie fahren.

Manchmal spricht Lea relativ deutlich, antwortet, lacht sogar etwas. Doch inzwischen hat sich auch die Demenz in ihr eingenistet. Der Mensch kann nicht ohne Eisen, doch bei Lea konzentriert es sich an der falschen Stelle. Dort, wo im Gehirn alles gesteuert wird, bringt es bei ihr alles durcheinander.

2007: Da war Lea ein vierjähriges fröhliches, neugieriges und gesundes Mädchen.
2007: Da war Lea ein vierjähriges fröhliches, neugieriges und gesundes Mädchen. © privat

Der Alltag der Familie beginnt morgens um 4 Uhr. 6 Uhr wird Lea vom Fahrdienst abgeholt, der sie in die Behindertenwerkstatt nach Pirna bringt. Die Treppen zwischen der Wohnungs- und der Haustür werden mittels Treppensteiger genommen. Lea ist schwer und sitzt immer im Rollstuhl. Es ist für ihre Mutter und deren Mann eine physische und psychische Herausforderung. Lea hat sich das nicht herausgesucht, sagt Romy Balsamo. Ihre Krankheit hat das Mädchen und das Leben ihrer Familie verändert.

Zuschauen, wie das eigene Kind immer kränker wird

Die Werkstatt ist wichtig für Lea, auch wegen der sozialen Kontakte. Ihre Mutter kann in der Zeit Wege erledigen, zu Hause etwas machen, einkaufen. Ihr Mann arbeitet in Heidenau. Gegen 15 Uhr kommt Lea zurück. Zwei Stunden später gähnt sie immer öfter. Sie ist jetzt über zwölf Stunden auf den Beinen, die ohnehin wenige Kraft lässt nach. Ihre Bewegungen werden schwerfälliger, manche kann sie nicht mehr steuern. "Sie verliert ihr Lachen." Zuschauen wie das eigene Kind immer kränker wird, das ist für die Mutter das Schwerste.

Romy Balsamo und ihr Mann stützen und helfen sich gegenseitig. Sie passen aufeinander auf und richten sich auf, wenn der andere einen Hänger hat. "Das ist bei mir öfter, weil ich sie noch gesund kenn", sagt Romy Balsamo. Und sie stehen ständig unter Spannung. Immer an alles denken, die Kämpfe um Hilfen, der Stress. Die Leichtigkeit ist weg und die Angst dazu gekommen. Sie hat den Job verloren, konnte nicht mehr in Schichten und inzwischen gar nicht mehr arbeiten. Ihr ist wichtig zu sagen, dass sie weder Bürgergeld noch andere staatliche Leistungen bezieht. Sie will immer alles allein schaffen, doch jetzt ist sie an einem Punkt, um Hilfe zu bitten.

Schöne Erinnerung, die weh tut

Romy Balsamo hat alle Fotos aus Leas Kindheit auf ihrem Handy. Sie schaut sie durch. Lea auf dem Fahrrad, Lea mit der Puppe, Lea auf dem Hometrainer. "Da war noch alles in Ordnung", sagt sie. Selbst 2017 mit dem Rollator hatten sie noch viel Spaß. Romy Balsamo setzte sich darauf, Lea schob sie. Beide lachen. "Es ist eine schöne Erinnerung, die weh tut." Niemand weiß, wie viele Erinnerungen sie mit Lea noch sammeln können.

2017: Der Rollstuhl wurde zum täglichen Begleiter von Lea. In den Urlaub ging es trotzdem.
2017: Der Rollstuhl wurde zum täglichen Begleiter von Lea. In den Urlaub ging es trotzdem. © privat

Um Hilfe zu bitten, ist Romy Balsamo und ihrem Mann schwergefallen. Sie sammeln nun Geld für ein Auto für Lea, damit sie mit ihr noch so oft wie möglich rausfahren - und den Opa in Leipzig besuchen können. 50.000 Euro sind sehr viel Geld, doch für weniger sei ein rollstuhlgerechtes Auto mit Platz für alles, was sie immer mitnehmen müssen, nicht zu haben. Lea teilhaben lassen am Leben, an dem, das ihr noch bleibt. "Jeder Cent ist ein Stück Freiheit auf vier Rädern und ein Stück Glück ihrer restlichen Zeit", sagt Romy Balsamo.