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Einige Zecken sind in Sachsen jetzt schon aktiv - so kann man sich schützen

Erste infizierte Zecken aus Sachsen wurden schon im Januar gefunden. Die Tiere können gefährliche Krankheiten übertragen. Gegen eine gibt es eine Impfung.

Von Stephanie Wesely
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Der gemeine Holzbock – die häufigste Zeckenart in Sachsen – lauert schon auf ein Opfer.
Der gemeine Holzbock – die häufigste Zeckenart in Sachsen – lauert schon auf ein Opfer. © dpa-Zentralbild

Sie sitzen bereits jetzt schon an Zweigen und Büschen – „Zecken sind mittlerweile das ganze Jahr aktiv, weil es kaum noch längere Frostperioden gibt“, sagt Professorin Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Uni Hohenheim in Stuttgart, vor dem am Montag beginnenden Süddeutschen Zeckenkongress. Ihr seien bereits Anfang Februar Zecken aus dem Raum Leipzig zugeschickt worden, die mit FSME infiziert waren. Das Risiko, sich mit FSME anzustecken, sei aufgrund der höheren Temperaturen im innerstädtischen Bereich größer als auf dem freien Feld. FSME steht für Frühsommermeningoenzephalitis – eine durch Viren ausgelöste Form der Hirnhautentzündung. Durch einen Zeckenstich wird aber auch Borreliose übertragen. Borrelien sind bakterielle Erreger.

Die Erkrankungszahlen

Deutschlandweit erkrankten im vergangenen Jahr 527 Menschen an FSME, das sind 100 Personen weniger als 2022. Auch in Sachsen gingen die gemeldeten FSME-Fälle von 43 auf 31 zurück. „Das ist eine normale Entwicklung. Denn die Infektionszahlen unterliegen jährlichen Schwankungen“, sagt Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg. Die höchsten Erkrankungszahlen gebe es in Bayern mit 265 Fällen und in Baden-Württemberg mit 143 Fällen.

Doch nicht alle werden entdeckt, zeigen neue Forschungsergebnisse von Professor Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME in München. Er hat in der Schwarzwaldregion Ortenau Blutproben von Blutspendern untersucht. Mit einem neuen Testverfahren lasse sich zwischen Antikörpern aus einer Impfung und aus einer Infektion unterscheiden. Das Ergebnis zeige eine hohe Dunkelziffer: „Wenn man die nicht erkannten Infektionen einbezieht, ist das Risiko siebenmal höher als bisher angenommen“, sagt er. FSME ist bundesweit meldepflichtig. Borreliose nicht, sie wird nur in neun von 16 Bundesländern erfasst, unter anderem in Sachsen. So erkrankten im letzten Jahr 1.477 Menschen im Freistaat daran, etwa 250 weniger als im Jahr 2022. Erstes Symptom der Borreliose ist eine größer werdende Rötung um die Einstichstelle. Später können Nerven, Gelenke und Herz von den Bakterien befallen werden. Auch neurologische Auswirkungen sind möglich.

Die Zeckenarten

Sachsen ist bis auf Leipzig FSME-Risikogebiet.
Sachsen ist bis auf Leipzig FSME-Risikogebiet. ©  SZ-Grafik: Gernot Grunwald

Der gemeine Holzbock werde in Sachsen am häufigsten nachgewiesen. „Aber auch die Auwaldzecke, die mit niedrigeren Temperaturen auskommt, breitet sich immer mehr aus“, so Ute Mackenstedt. Die vor wenigen Jahren in Deutschland erstmals entdeckte Tropenzecke Hyalomma fühlt sich der Parasitologin zufolge bei höheren Temperaturen und Trockenheit wohl. „Sie werden durch Zugvögel nach Deutschland eingetragen. Wir hatten aktuell schon Exemplare, die den Fleckfiebererreger in sich trugen.“ Doch das seien Einzelfälle ohne gesundheitsrelevante Bedeutung.

Die Schutzmöglichkeiten

Wer sich in freier Natur aufhält, habe auch ein Infektionsrisiko, so Dobler. Dagegen gebe es eine wirksame und gut verträgliche Impfung. Er plädiere für eine allgemeine Impfempfehlung gegen FSME, so wie gegen Tetanus und Keuchhusten, sagt er. Den FSME-Schutz als Reiseimpfung zu deklarieren, verharmlose die Krankheit. Studien hätten gezeigt, dass etwa die Hälfte der FSME-Erkrankten auch noch 18 Monate nach der Infektion neurologische Schäden und Krankheitssymptome hatten. „Es ist eine langwierige Erkrankung, die sehr schwer verlaufen kann, auch bei Kindern“, so Professor Dobler. Die Impfung besteht aus drei Teildosen. Die ersten beiden Spritzen gibt es im Abstand von zwei bis drei Monaten, fünf bis zwölf Monate später die dritte. Nach drei Jahren genüge eine Spritze zur Auffrischung. In Sachsen übernehmen alle großen Krankenkassen die Kosten für die Impfung.

Auch gegen Borreliose wird an einer Impfung gearbeitet. Der Impfstoff wird bereits in Studien getestet. Doch bis zur allgemeinen Verfügbarkeit würden laut Ute Mackenstedt noch mindestens zwei Jahre vergehen. Deshalb sei es besonders wichtig, nur mit körperbedeckender Kleidung und festen Schuhen über Wiesen und durch Wälder zu laufen. Zeckenabwehrende Mittel, die auf der Haut eingerieben werden, erhöhten den Schutz. Nach jedem Aufenthalt im Freien sollte der Körper gründlich auf Zecken abgesucht werden. „Denn die Zecken sind oft lange auf dem Körper unterwegs, um eine Einstichstelle zu finden“, sagt die Parasitologin. Borrelien werden meist erst zwölf Stunden nach dem Stich übertragen, FSME-Viren jedoch sofort.

Die Impfbeteiligung

Rainer Oehme zufolge habe die Impfbereitschaft nachgelassen. „Das hat auch mit Corona zu tun“, sagt er. Selbst in Hotspots liege die Impfquote bei 30 bis 40 Prozent – in Österreich dagegen bei 85 Prozent. Doch die Zahlen seien nicht zuverlässig. So werte das Robert Koch-Institut (RKI) die abgerechneten Impfdosen aus und zähle nur vollständige, also dreimalige Impfungen. Professor Dobler machte einen Test im Rahmen seiner Untersuchung von Blutspendern im Ortenaukreis. Dort wiesen etwa 50 Prozent Antikörper auf, die von einer Impfung stammten. Auch rechnet der Labormediziner mit einer weiteren Ausweitung der FSME-Risikogebiete, die das RKI in Kürze vorstelle. „Das stärkt bei vielen vielleicht das Bewusstsein für die Bedeutung der FSME-Impfung“, sagt er.