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Schonendere Verfahren können Patienten den Herzkatheter ersparen

Koronare Erkrankungen lassen sich auch mit CT und MRT abklären. Bislang zahlten Kassen das nur in Kliniken. Ambulant funktioniert das in Sachsen aber auch.

Von Kornelia Noack
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Professor Stefan G. Spitzer (links) und Dr. Clemens T. Kadalie am CT-Gerät in der Praxisklinik Herz und Gefäße in Dresden. Die Strahlenbelastung ist deutlich geringer als noch vor einigen Jahren.
Professor Stefan G. Spitzer (links) und Dr. Clemens T. Kadalie am CT-Gerät in der Praxisklinik Herz und Gefäße in Dresden. Die Strahlenbelastung ist deutlich geringer als noch vor einigen Jahren. ©  Thomas Kretschel

Mehr als 800.000 Herzkatheter werden in Deutschland jedes Jahr durchgeführt. Die Untersuchung ist Standard, wenn es darum geht, Verengungen der Herzkranzgefäße, die sogenannten Koronare Herzkrankheit (KHK) zu erkennen und zu behandeln. Sie ist aber auch mit Risiken verbunden. „Umso wichtiger ist die Erkenntnis, dass der Eingriff bei einem Teil der Patienten gar nicht nötig gewesen wäre“, sagt Professor Stefan G. Spitzer, Ärztlicher Direktor der Praxisklinik Herz und Gefäße in Dresden.

Schonendere Varianten, das Herz zu untersuchen, sind die kardiale Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT). In Sachsen werden beide Methoden bereits angewendet – bislang vorrangig in Kliniken. Mit den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Untersuchungen zunehmend ambulant durchzuführen, könnte sich das jedoch ändern. Einige Krankenkassen reagieren darauf bereits.

Wie läuft ein Herzkatheter ab und welche Risiken bestehen dabei?

Engstellen in den Herzkranzgefäßen sind die häufigste Ursache für einen Herzinfarkt. Bei einer Katheteruntersuchung werden Herzkammern und Herzkranzgefäße auf einem Röntgen-Bildschirm sichtbar gemacht. Dafür wird der Katheter – ein dünner, biegsamer Kunststoffschlauch – von der Leiste oder dem Handgelenk durch ein Blutgefäß zum Herzen geführt.

Dafür muss eine Arterie punktiert werden, was zu Nachblutungen, Gefäß- und Nervenirritationen führen kann. Auch Unverträglichkeiten auf das Kontrastmittel können vorkommen. Insgesamt liegt das Risiko für schwerwiegende Komplikationen unter einem Prozent. Häufig erfolgt der Eingriff in Deutschland stationär. So können Patienten im Anschluss für eine gewisse Zeit in der Klinik weiter beobachtet werden.

Um die Wahrscheinlichkeit einer Gefäßverengung einzuschätzen, helfen zuvor Tests wie ein Belastungs-EKG und eine Belastungs-Ultraschalluntersuchung, das sogenannte Stress-Echo. Hierbei sehen Ärzte die Struktur des Herzens, die Größe der Kammern und des Herzmuskels, sie können die Funktion der Herzklappen und die Pumpleistung messen. „Nur wenn wir dabei Hinweise auf das Vorliegen einer Engstelle finden, ist ein rascher Herzkatheter ratsam“, sagt Spitzer.

Für welche Patienten eignet sich ein Herzkatheter?

Der Eingriff dient zum einen der Diagnose und zum anderen der Therapie. Findet der Kardiologie während der Herzkatheteruntersuchung eine Engstelle, kann er sie umgehend behandeln. Dabei führt er über den Katheter einen dünnen Führungsdraht in das erkrankte Herzkranzgefäß ein. Dann erweitert er mit einem Ballon die Engstelle und setzt meist einen Stent, um das Gefäß offenzuhalten.

„Bei Patienten mit instabiler Angina pectoris, also zunehmenden typischen Brustschmerzen, und einem Infarkt muss der Katheter unmittelbar erfolgen“, erklärt Spitzer. In der Praxisklinik Dresden werden jährlich etwa 3.700 Herzkatheter durchgeführt.

Oft nötig ist der Eingriff auch, wenn lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen abgeklärt und behandelt werden müssen. Außerdem können Ärzte damit abklären, ob eine Bypass-Operation notwendig ist.

Was lässt sich mit einer Kardio-CT untersuchen?

Mit dem modernen Röntgen-Diagnose-Verfahren können Radiologen und Kardiologen den Zustand der Herzkrankgefäße beurteilen. Der Patient liegt dabei etwa fünf bis acht Minuten in einer „Röhre“ und wird zusätzlich an ein EKG angeschlossen. Die eigentliche Bilddatendokumentation benötigt nur wenige Sekunden.

Eine kardiale CT gilt als deutlich schonender als eine Herzkatheteruntersuchung, das Einführen des Schlauches in eine Arterie ist nicht notwendig. Positiver Nebeneffekt: Immer wieder entdecken Ärzte Nebenbefunde wie zum Beispiel abklärungsbedürftige Lungenrundherde oder eine Lungenembolie.

„Mit der Kardio-CT erhalten wir hochauflösende Bilder des Herzens schichtweise und dreidimensional“, erklärt Dr. Clemens T. Kadalie, Facharzt für Radiologische Diagnostik/Nuklearmedizin in der Dresdener Praxisklinik Herz und Gefäße. Dort erfolgen pro Woche etwa 50 bis 60 Kardio-CTs.

Wann ist eine Kardio-CT sinnvoll und für wen eignet sich die Methode?

Die CT kann dazu beitragen herauszufinden, ob bei einem Patienten ein Risiko für einen Herzinfarkt besteht. Kalkablagerungen stellen die Ursache für eine koronare Herzerkrankung beziehungsweise einen Herzinfarkt dar. Eventuelle Verkalkungen der Herzkranzgefäße können mittels der CT frühzeitig nachgewiesen werden.

Mittels des sogenannten Kalkscore kann dann nach der Untersuchung das individuelle Risiko für das Auftreten eines kardialen Ereignisses einschließlich eines Herzinfarktes berechnet werden. „Mit den Erkenntnissen aus dem CT können wir das Risiko dafür erkennen und entsprechende Therapien zeitnah einleiten“, sagt Spitzer.

Zudem ist eine CT für Patienten empfehlenswert, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Koronaren Herzkrankheit sehr gering ist. „Oft stecken hinter Symptomen, die auf die Krankheit hindeuten, ganz andere Ursachen. Schmerzen im Brustkorb können auch durch Erkrankungen außerhalb des Herzens herrühren“, erklärt Spitzer. Geeignet sei eine CT auch, um nach einer OP die Durchgängigkeit von Bypass-Gefäßen zu beurteilen.“

Allerdings: Finden Ärzte eine höhergradige Engstelle an den Herzkranzgefäßen, muss sich der Patient gegebenenfalls zusätzlich einer Herzkatheteruntersuchung unterziehen. „Mit der CT gelingt es uns jedoch häufig herauszufinden, ob eine Katheteruntersuchung tatsächlich überhaupt zwingend erforderlich ist“, so Spitzer.

Wann sollte ein MRT eingesetzt werden und wie läuft das ab?

Bei einer MRT liegen die Patienten ebenfalls in „der Röhre“. Die Untersuchung kann bis zu 45 Minuten dauern. Schwerpunkt ist unter anderem die Abklärung bei Verdacht auf eine Herzmuskelentzündung. Zudem kann Narbengewebe innerhalb der Herzmuskulatur nach einem Herzinfarkt direkt mit einer hohen Empfindlichkeit nachgewiesen werden. Für diese beiden Fragestellungen ist die kardiale MRT als sogenannter Goldstandard anzusehen.

Analog zur CT wird auch bei einer MRT ein EKG angelegt, um die Bilddaten abgestimmt auf die unterschiedlichen Phasen der Herzkontraktion zu erfassen. „Bei beiden Verfahren ist eine Mitarbeit des Patienten im Sinne eine jeweils kurzen „Bitte die Luft anhalten“ erforderlich“, erläutert Clemens T. Kadalie.

Was zahlt nun die gesetzliche Krankenkasse?

Die Untersuchung mittels Herzkatheter gehört zur Regelleistung der Kassen. Ist ein Patient in stationärer Behandlung und erhält in der Klinik eine Kardio-CT oder -MRT wird dies ebenfalls übernommen. Durchgeführt werden beide Verfahren seit einigen Jahren schon in den Herzzentren in Dresden und Leipzig.

Im ambulanten Vergütungssystem waren diese Methoden bislang nicht vorgesehen. Verschiedene Kassen verfügen aber über eigene Verträge mit medizinischen Einrichtungen. Für die Versicherten werden die kardiale CT und MRT dann bezahlt. Die Praxisklinik Herz und Gefäße in Dresden hat inzwischen Vereinbarungen mit der Techniker Krankenkasse, der DAK, AOK Plus, Barmer, IKK classic, KKH und Knappschaft geschlossen.