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Geht der Streit ums Theater im Kreis Görlitz schon wieder los?

Landrat Stephan Meyer will den Kreistag bis Juni über Strukturen des Theaters entscheiden lassen. Das weckt Sorgen. Zumal der Zeitpunkt für einen solchen Beschluss denkbar ungünstig scheint.

Von Sebastian Beutler
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Landrat Stephan Meyer (2. v. re.) informierte sich im Dezember 2022 zusammen mit Ministerpräsident Kretschmer und der grünen Fraktionsvorsitzenden Franziska Schubert bei Theaterintendant Daniel Morgenroth über den Wasserschaden im Görlitzer Haus.
Landrat Stephan Meyer (2. v. re.) informierte sich im Dezember 2022 zusammen mit Ministerpräsident Kretschmer und der grünen Fraktionsvorsitzenden Franziska Schubert bei Theaterintendant Daniel Morgenroth über den Wasserschaden im Görlitzer Haus. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Momentan macht das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/Zittau vor allem mit seinen Inszenierungen von sich reden. Das jüngste Stück von Bestseller-Autor Lukas Rietzschel wurde in allen Feuilletons der namhaften deutschen Tageszeitungen besprochen, und die Peter-Pan-Choreografie der Tanzcompagnie ist ebenso in aller Munde und war stets ausverkauft. So hat es das Theater natürlich auch am liebsten.

Doch im Hintergrund schwärt der Konflikt um die langfristige Finanzierung des Kreis-Theaters. Nach der Zusage des Freistaates die Hälfte des Defizits 2023 und 2024 zu tragen und auch für 2025 an einer ähnlichen Lösung interessiert zu sein, war zunächst das Schlimmste abgewendet worden. Wenn jetzt nach den Städten Görlitz und Zittau auch der Kreis noch seinen Anteil für das Stopfen der Löcher über die Sparkasse Oberlausitz/Niederschlesien stemmen kann, wäre zumindest bis Ende dieses Jahres alles klar. Der stattliche Gewinn der Sparkasse jedenfalls macht Hoffnungen, dass diese Lösung auch tatsächlich verwirklicht wird.

Doch langfristig ist damit noch nichts entschieden. Unverändert besteht der Beschluss des Kreistages, sich nur bis zu einer gewissen Grenze an den laufenden Kosten des Theaters zu beteiligen. Das hatte der Kreistag noch vor der Landratswahl 2022 beschlossen. Diese Summe zu erhöhen, ist aus zweierlei Gründen schwierig: Zum einen ist das Geld schlicht nicht da, zum anderen gehört das Kostenlimit des Theaters zum Sparkonzept des Kreises, das der Freistaat umgesetzt sehen will.

Landrat Stephan Meyer hatte zu früheren Zeitpunkten deutlich gemacht, dass er zwar das Theater erhalten wolle, aber zugleich Einsparungen als nötig erachtet. Er will nun den alten Kreisrat noch bis zum Juni über eine endgültige Struktur des Kreistheaters entscheiden lassen. Auf der März-Sitzung soll es eine erste Lesung geben, erklärte Meyer jetzt vor Journalisten. Geht alles nach seinen Vorstellungen, könnte der Kreistag noch im Juni einen Beschluss treffen.

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Worüber der Kreistag binnen vier Monate entscheiden soll, worüber er sich seit Jahren nicht einigen konnte, das teilte Meyer auf Nachfrage aber nicht mit. So ist völlig unklar, wie die verschiedenen Modelle für das Theater in der Zukunft aussehen werden. Bislang war wahlweise vom Streichen einer Sparte, von der Schließung eines der beiden Standorte oder der Fusion der Neuen Lausitzer Philharmonie mit dem Orchester des Sorbischen Nationalensembles im Gespräch.

Doch alle diese Modelle verschlechtern entweder das Angebot, was auch keiner will. Erst bei der Eröffnung des Deutschen Zentrums für Astrophysik in Görlitz in der vergangenen Woche wurde darauf hingewiesen, wie wichtig für die künftigen Mitarbeiter des Großforschungszentrums ein vielfältiges Kulturangebot sei. Und andererseits sind die Einsparungen durch diese Varianten auch hochumstritten.

Für die Stadt Görlitz hält Oberbürgermeister Octavian Ursu beispielsweise nicht viel von diesen Modellen. Ursu kennt das Theater wie seine Westentasche, als früherer Betriebsratsvorsitzender des Hauses. Seine Frau ist als Chorsängerin und noch heute am Theater tätig.

Es sei in den zurückliegenden 35 Jahren seiner Ansicht nach praktisch alles versucht worden, um mit weniger Geld ein Theater im Kreis Görlitz und teilweise mit dem Orchester auch in der Oberlausitz zu betreiben. Aber nichts habe eine langfristige Wirkung gehabt. Wenn man ein Theater mit dem gegenwärtigen Angebot haben will, sogar noch an den Ausbau der Theater-Aufführungen auf der Waldbühne Jonsdorf und an einem weiteren Standort in Weißwasser oder Boxberg denkt, dann müsse man eben auch die notwendigen Gelder zur Verfügung stellen. Ursu plane auch so bei den Haushaltsaufstellungen der Stadt Görlitz.

Eine wirklich endgültige Entscheidung im Kreistag steht aber auch noch aus einem anderen Grund unter schwierigen Vorzeichen: ab 2025 gibt es in Sachsen wieder einen neuen Finanzausgleich. Die Kommunen erwarten dabei, dass die Landespolitiker ihre Ankündigungen wahr machen, und mehr Geld für die Städte, Gemeinden und Kreise zur Verfügung stellen. Ob es dazu aber kommt und konkret in welchem Maße, steht wegen der Landtagswahl und der im Moment erwarteten schwierigen Regierungsbildung vermutlich nicht vor Frühjahr kommenden Jahres fest. Auch deswegen rät Ursu dazu, jetzt erst einmal auf Sicht zu fahren und alles zu tun, um nichts zu gefährden, worüber man sich später ärgern würde.