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Wie die Görlitzer zu zwei "Peter Pan"-Jungs kamen

Alle Vorstellungen der Inszenierung waren komplett ausverkauft. Für die beiden Hauptdarsteller war "Peter Pan" Herausforderung und großes Glück.

Von Ines Eifler
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Jacob Borchert Vahlun (links) und Filippo Nannucci spielten Peter Pan im gleichnamigen Tanz- und Musiktheaterstück des Gerhart-Hauptmann-Theaters.
Jacob Borchert Vahlun (links) und Filippo Nannucci spielten Peter Pan im gleichnamigen Tanz- und Musiktheaterstück des Gerhart-Hauptmann-Theaters. © Martin Schneider

Zum ersten Mal hat der Görlitzer Tänzer Jacob Borchert Vahlun erlebt, dass seine Freundin nicht spontan aus Berlin anreisen konnte, um ihn auf der Bühne zu sehen. "Es gab einfach keine Eintrittskarten mehr!", sagt der 27-jährige Däne.

Sowohl er als auch der italienische Tänzer Filippo Nannucci haben in den vergangenen vier Wochen den Peter Pan im Görlitzer Theater gespielt, den Jungen, der nicht erwachsen wird, der in kein Muster passt, sich nicht an Regeln hält, sondern auftaucht und geht, wann es ihm passt.

Zwei Rollen einstudiert

In der Premiere und einigen weiteren Vorstellungen übernahm der 22-jährige Filippo Nannucci diese Hauptrolle, während Jacob Borchert Vahlun einen kranken Waisenjungen spielte, eine Nebenrolle. In anderen Vorstellungen war es umgekehrt, dann spielte Letzterer den Peter Pan.

Brieann Pasko als Wendy und Filippo Nannucci in der Görlitzer Inszenierung "Peter Pan".
Brieann Pasko als Wendy und Filippo Nannucci in der Görlitzer Inszenierung "Peter Pan". © Pawel Sosnowski
An der Mehrspartenproduktion "Peter Pan" waren Tänzer, Orchester, Chor und Gesangssolisten beteiligt. Im Vordergrund als Hook: der Bariton Buyan Li.
An der Mehrspartenproduktion "Peter Pan" waren Tänzer, Orchester, Chor und Gesangssolisten beteiligt. Im Vordergrund als Hook: der Bariton Buyan Li. © Pawel Sosnowski
In "Peter Pan" sind oft viele Mitwirkende auf der Bühne. Hier spielen sie Kinder, die sich als Piraten verkleiden.
In "Peter Pan" sind oft viele Mitwirkende auf der Bühne. Hier spielen sie Kinder, die sich als Piraten verkleiden. © Pawel Sosnowski
Tiger Lily in "Peter Pan", getanzt von Sara Nicastro.
Tiger Lily in "Peter Pan", getanzt von Sara Nicastro. © Pawel Sosnowski

"Es war nicht ganz einfach herauszufinden, wie dieser Junge in all seiner Leichtigkeit zu spielen ist", sagt Filippo Nannucci, der die Rolle im größten Teil der Proben übernahm, "bis ich merkte, dass ich einfach nur ich selbst zu sein brauche." Jacob Borchert Vahlun überlegte zunächst, wie viel er von Nannuccis Interpretation und Choreografie übernehmen solle. "Doch dann war ich während der wichtigsten Probenphase eine Woche krank und musste die Rolle des Peter Pan selbst entwickeln."

Deshalb haben die Zuschauer je nach Besetzung durchaus verschiedene Stücke gesehen. Auch die Fee Tinkerbell beziehungsweise das Waisenmädchen, das im Schlafsaal des Kinderheims in deren Rolle schlüpft, war zweifach besetzt: einmal mit Gilda De Vecchis, bekannt aus "Momo", einmal mit Elise de Heer. Ebenso Tiger Lily mit Sara Nicastro und Nora Hageneier.

Alle Vorstellungen ausverkauft

Egal, wer in welcher Rolle zu sehen war – alle neun Vorstellungen waren bis auf den letzten Platz ausverkauft. Erwachsene und Kinder waren begeistert, manche haben das eindrucksvolle, teilweise auch etwas unübersichtliche Stück sogar mehrmals gesehen.

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"Besonders die Vorstellungen für Grundschulklassen waren interessant für uns", sagt Filippo Nannucci, "und herausfordernd." Denn Kinder kommentieren sofort, was sie sehen: Sie lachen spontan, flüstern, reden oder fragen, wenn sie etwas nicht verstehen. "Man muss sich mehr konzentrieren, aber ihre Rückmeldungen sind wichtig, weil wir direkt erfahren, was gelungen ist."

Schon bei den Proben zu dieser Mehrsparteninszenierung mit Tänzern, Chor, Gesangssolisten und Orchester unter der Leitung von Ballettdirektor Marko E. Weigert und Chefchoreograf Dan Pelleg war Filippo Nannucci klar, dass das Interesse groß sein würde. Der Stoff sei weltweit beliebt, die Musik von Leonard Bernstein und es stecke sehr viel Arbeit in diesem Stück. "Man konnte schon sehen, dass es erfolgreich werden würde", sagt er.

Wiederaufnahme für die Adventszeit geplant

Vor einem ausverkauften Saal zu stehen sei immer etwas Besonderes, sagt Jacob Borchert Vahlun. "Es macht viel mehr Spaß und es gibt viel Energie, wenn wir spüren, dass wir das Publikum erreichen." Das war bei "Peter Pan" eindeutig der Fall. Deshalb wird das Stück nicht wieder vom Spielplan verschwinden, sondern in der nächsten Spielzeit wiederaufgenommen.

Dann sind Marko E. Weigert und Dan Pelleg zwar nicht mehr am Gerhart-Hauptmann-Theater beschäftigt, sondern Massimo Gerardi wird die Tanzcompagnie leiten. Doch für diese Produktion holt das Theater die beiden im November noch einmal als Gäste ans Haus. "Peter Pan" soll in der Adventszeit Schüler und Familien begeistern, dann nicht nur in Görlitz, sondern auch in Zittau und Bautzen.

Ein Peter-Pan-Tänzer will Anwalt werden

Filippo Nannucci entscheidet in diesen Tagen, ob er nach zwei Jahren in Görlitz für eine weitere Spielzeit am Theater bleiben wird. "Zu 90 Prozent bin ich mir dessen sicher", sagt er. Für Jacob Borchert Vahlun aber geht die Zeit am GHT im Sommer zu Ende. "Für mich war klar, dass ich nicht immer tanzen werde", sagt er.

Unter Tänzern ist es üblich, dass sie nach ihrer Bühnenkarriere einen weiteren Beruf ins Auge fassen, weil sie wegen der hohen körperlichen Belastung nicht bis ins Alter tanzen können. "Da Marko und Dan das Theater verlassen, nehme ich dies zum Anlass und gehe auch." Jacob Borchert Vahlun will auch gleich das Metier wechseln. Er hat sich vorgenommen, in Dänemark Jura zu studieren und Anwalt zu werden. Bereits in der Tanzcompagnie hat er sich schon oft als Sprecher für die Interessen der Tänzer eingesetzt. "Vielleicht mache ich das später auch als Anwalt."

Filippo Nannucci aber wird dem Theater als Peter Pan erhalten bleiben, ob als fester Tänzer am Haus oder als Gast. Im November gibt es also ein Wiedersehen.