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Gendern in Görlitz: Er oder sie oder beide

Die Stadtverwaltung geht seit Jahren klare Wege bei diesem Thema. Die AfD will das ändern, provoziert eine hitzige Debatte, scheitert dann aber deutlich.

Von Daniela Pfeiffer
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Zeigte der AfD klare Kante: die Görlitzer Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe.
Zeigte der AfD klare Kante: die Görlitzer Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe. © Nikolai Schmidt

Umständlich, schwer lesbar, schlecht zu verstehen. Gendern kann es in sich haben, vor allem, wenn damit der Gender-Doppelpunkt, das Gendersternchen oder der Gender-Gap verbunden sind, von denen viele Menschen noch nie etwas gehört haben. Gelesen - oder zumindest im Schriftbild schon mal gesehen - aber haben es die meisten schon. Viele stören sich daran. Auch die Görlitzer AfD. Die aber geht noch weiter. Sie will nämlich gar nicht gendern, sprich geschlechtergerechte Sprache anwenden, sondern bei der männlichen Form bleiben.

So brachte die Fraktion jetzt einen Antrag ein, mit dem sie auch die Stadtverwaltung zu diesem Weg verdonnern wollte. Für sämtliche Druckerzeugnisse und digitale Veröffentlichungen der Stadtverwaltung solle keine geschlechtergerechte Sprache verwendet werden, also kein „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ oder „Bürgerinnen und Bürger“. Stattdessen soll die männliche Form benutzt und auf Genderzeichen-Setzung verzichtet werden.

Bei der Stadtverwaltung als auch bei anderen Fraktionen wurde das in der Sitzung am Donnerstag mindestens befremdlich gesehen. Denn die Stadt geht hier seit Jahren einen klaren Weg. Ohne die Zeichensetzung - ja. Aber nicht ohne Nennen der weiblichen Form, etwa in der Anrede. Wer OB Octavian Ursu in seinen Reden hört, weiß, dass er immer die „Görlitzerinnen und Görlitzer“ ansprechen wird.

Rathaus ohne Punkt und Strich

Das Rathaus macht das aber nicht nach Gutdünken, sondern es gibt eine dienstliche Regelung, wonach unter anderem für Wort und Schrift die Verwendung geschlechtsneutraler Bezeichnungen geregelt ist, sagt Rathaussprecherin Annegret Oberndorfer. Und der Rat für deutsche Rechtschreibung regelt, dass Texte sachlich korrekt, verständlich, lesbar, vorlesbar sein sollen. Die Verwendung von Sonderzeichen, Genderstern oder Doppelpunkt für mehrgeschlechtliche Bezeichnungen empfiehlt er nicht. Hier macht die Stadtverwaltung also schon längst das, was die AfD jetzt nochmal explizit in ihrem Antrag formulierte.

Verfechter der maskulinen Sprache: Lutz Jankus, Vorsitzender der AfD-Fraktion.
Verfechter der maskulinen Sprache: Lutz Jankus, Vorsitzender der AfD-Fraktion. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Hälfte der Gesellschaft ist weiblich

Die AfD glaubt ihr Anliegen in der Bevölkerung widergespiegelt. „Zwei Drittel der Deutschen wollen das nicht“, sagte Fraktionschef Lutz Jankus, fand darüber hinaus, hier gehe es nur um politische Macht und ein Aufdiktieren von Sprache. Um Gleichberechtigung und Frauenrechte gehe es hingegen gar nicht.

Das sieht die Görlitzer Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe ganz anders. Sie lehnte den AfD-Antrag „mit aller Vehemenz ab“. Denn Sprache wandle sich, und auch das Patriarchat - die Dominanz der Männer in der Gesellschaft - sei vorbei. „Für manche fühlt sich das an wie Gleichberechtigung, für andere wie Benachteiligung“, schoss sie gegen die AfD.

Sprache bilde nun mal die gesellschaftliche Realität ab und davon sei die Hälfte weiblich. So sollten sich Frauen auch besser in Schriftstücken wiederfinden und nicht so oft fragen müssen, ob sie überhaupt mit diesem oder jenem Wort auch gemeint seien.

Von Katja Knauthe angesprochene Studien dazu tat die AfD zwar als „Unsinn irgendwelcher Akademien“ ab, konnte aber dennoch keine Mehrheit gewinnen, sondern letztlich nur als Fraktion selbst dafür stimmen.

Ablehnung gab es dafür auf breiter Basis, unter anderem von Jana Krauß (Motor Görlitz), die es dreist findet, dass die AfD nicht mal in Erwägung zieht, Mädchen und Frauen zu benennen. „Das strotzt nur so vor Ideologie“, so Krauß.