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Klarheit vor Wahlen: Kirche und AfD - das passt nicht zusammen

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz will keine AfD-Mitglieder in Entscheidungspositionen. In Görlitz erläutert Bischof Christian Stäblein, warum das ganz eindeutig ist.

Von Sebastian Beutler
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Bischof Christian Stäblein vor der Synode seiner Landeskirche in Görlitz.
Bischof Christian Stäblein vor der Synode seiner Landeskirche in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Ende März starteten die evangelische und katholische Kirche in Sachsen ihre Initiative "Für alle. Mit Herz und Verstand". Mit Plakaten, aber auch auf Veranstaltungen rufen sie seitdem dazu auf, an den bevorstehenden Wahlen teilzunehmen, extremistischen Positionen entgegenzuwirken und sich an christlichen Werten zu orientieren.

Die Initiative wird nur von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens sowie den katholischen Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz getragen. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo), die für 30.000 evangelische Christen zwischen Görlitz und Hoyerswerda zuständig ist, fehlte jedoch bei der Vorstellung dieser Kampagne.

Eigene Demokratie-Kampagne vor Wahlen vorbereitet

Die fehlende Beteiligung fußte aber nicht in einer Distanzierung oder gar Ablehnung von dieser Kampagne. Die Ekbo hatte zusammen mit der Diakonie Berlin-Brandenburg schon seit Längerem an einer eigenen Initiative gearbeitet. Sie ähnelt sehr stark der Ende März vorgestellten, doch trägt sie nun das Motto "Zusammen streiten" - wahlweise zusammen oder auseinander geschrieben.

Auch hier, so ist auf der Internetseite der Diakonie Berlin-Brandenburg zu lesen, geht es darum, die Werte der Landeskirche zu transportieren, einen Gegenentwurf zu Untergangserzählungen rechtsextremer Akteure zu liefern, Ängste vor Anderem und Anderen abzubauen sowie Menschen zu bestärken, sich einzubringen. Auch wenn nur von Berlin und Brandenburg auf dieser Internetseite die Rede ist, so ist auch die schlesische Oberlausitz beteiligt. Leidenschaftlich, so erklärte Bischof Christian Stäblein in Görlitz am Freitag vor der Landessynode, wolle die Kirche "für Demokratie eintreten".

Stäblein: "Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche"

Er nutzte seine traditionelle Rede vor den Synodalen, um die kirchliche Haltung zu extremistischen Parteien generell und speziell zur AfD deutlich zu machen. "Menschennah ist unsere Kirche, von Populismus hält sie sich fern. Menschennah ist unser Glaube und unser Gott, Rechtsradikalismus und Extremismus stellen wir uns entgegen", sagte Stäblein. "Völkische Eingrenzungen widersprechen dem universalen Anspruch unseres Glaubens ebenso wie demagogische Verdrehungen und Verhetzungen, wie sie die Partei vornimmt, die eben keine Alternative für Deutschland ist, weil sie immer offener die Demokratie unterläuft, aushöhlen und zerstören will."

Blick ins Kulturforum Görlitzer Synagoge, wo die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo) noch bis Sonnabendnachmittag tagt.
Blick ins Kulturforum Görlitzer Synagoge, wo die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo) noch bis Sonnabendnachmittag tagt. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die Kirche würde niemandem den Zutritt in die Gotteshäuser verweigern, auch würden AfD-Mitglieder nicht von Sakramenten wie Taufe, Hochzeit oder beim Sterben ausgeschlossen oder gar von Seelsorge, erläuterte Stäblein. Aber bei der Übernahme von Leitungsfunktionen in den Gemeinden oder in der Kirche gelte die Grundordnung der Kirche. Und darin heißt es: Eine Mitarbeit in den Entscheidungsgremien der Kirche sei nicht vereinbar mit "der Mitgliedschaft in oder die tätige Unterstützung von Gruppierungen, Organisationen oder Parteien, die menschenfeindliche Ziele" verfolgen.

Die Diskussion über den Umgang mit AfD-Mitgliedern in Kirchengremien war zuletzt durch zwei Vorfälle neu entfacht worden. So verlor in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ein Pfarrer seine Stelle, weil er auf der AfD-Liste für die Gemeinderatswahl kandidiert. Er selbst ist nicht Mitglied der Partei. Und das Bistum Trier entließ einen AfD-Landtagsabgeordneten aus dem Verwaltungsrat einer Kirchengemeinde. Der zuständige Generalvikar sagte vor Journalisten, der Abgeordnete schade der Glaubwürdigkeit der Kirche.

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Auch für Stäblein geht es in dieser Frage um die "Glaubwürdigkeit des Evangeliums und unserer Kirche", wie er in Görlitz erklärte. Er räumte jedoch ein, dass es im individuellen Fall dann doch Grautöne und Unklarheiten gibt, sodass am Ende klare Kriterien entwickelt werden müssten, um rechtlich eindeutige Entscheidungen zu treffen.

Landessynode liegt Erklärung vor

Auch die Landessynode wird sich auf ihrer Tagung noch klar positionieren. Ihr liegt eine Erklärung des Ältestenrates vor. Unter der Überschrift "Für die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes einstehen" heißt es darin: "Unabhängig vom jeweiligen Glauben sind wir alle Gottes Kinder. Das ist unsere Motivation, die Würde jedes Menschen mit aller Kraft zu schützen, egal welcher Herkunft, welcher Nationalität, welcher Religion, welcher geschlechtlichen Identität." Zur AfD heißt es in dem Papier: "Zu denjenigen, die Demokratie und Rechtsstaat aktiv bekämpfen, gehört die AfD in unheiliger Allianz mit Rechtsextremen. Sie folgen dem alten Motiv: Schuld sind immer die anderen - die anders aussehen, die anders denken, die anders glauben, die anders leben. Dies gefährdet unser friedliches Zusammenleben und hat unseren Widerstand verdient."

Dabei ist der Ekbo durchaus die eigene Schuld der Kirchen in der Vergangenheit bewusst. "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit waren beileibe nicht immer Sache unserer Kirche. Der demokratische Staat der Weimarer Republik wurde von der Evangelischen Kirche in großer Mehrheit abgelehnt". Aber die Kirche habe aus der Geschichte in einem "mühsamen Lernprozess nach 1945" gelernt. In der DDR fanden nur in den Kirchen freie Wahlen statt, sie waren in der Friedlichen Revolution Orte des gemeinsamen Eintretens für Demokratie und eine lebenswerte Zukunft. Deswegen seien "Demokratie und Rechtsstaat für uns nicht verhandelbar, und wer sie aktiv bekämpft, muss mit unserem Widerstand rechnen".