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Oberlausitz: Kohlegeld für Ärztehäuser und OP-Roboter

Der Begleitausschuss für die Oberlausitz hat fünf weitere Vorhaben gebilligt. Dabei setzen die Kommunen jetzt stark auf das Thema Gesundheit. Neben der Gesundheit geht es dabei auch um das Seenland bei Hoyerswerda.

Von Sebastian Beutler & Irmela Hennig
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Wie in Kodersdorf sollen auch in Boxberg und in Schleife Ärztehäuser entstehen - mit Millionen aus dem Kohleausstieg.
Wie in Kodersdorf sollen auch in Boxberg und in Schleife Ärztehäuser entstehen - mit Millionen aus dem Kohleausstieg. © Symbolfoto: Foto/Montage: André Schulze

Rund 44 Millionen Euro kosten zusammengenommen fünf Projekte, die helfen sollen, den Strukturwandel in der Oberlausitz zu bewältigen. Das entschied der Regionale Begleitausschuss für das Lausitzer Revier (RBA) am Mittwoch auf einer Sitzung. Im Gremium sind die Landkreise Görlitz und Bautzen sowie einige Städte und Gemeinden vertreten. Sie können mitentscheiden, wer Fördermittel der Bundesregierung aus dem Programm für den Kohleausstieg bekommt.

Teuerstes Vorhaben für den Scheibe-See

Teuerstes Vorhaben unter den nun bestätigten ist die touristische Entwicklung des Scheibe-Sees bei Hoyerswerda. Der ehemalige Tagebau ist seit 2011 geflutet. Abgesehen von einem Strand und einem Rundweg hat sich dort bislang noch nicht viel getan. Nun soll unter anderem eine Aussichtsplattform geschaffen werden. Zudem sind eine Promenade, ein Imbiss und eine Mole geplant, die auch als Veranstaltungsort dienen soll. Ob das alles tatsächlich mit dem Geld aus dem Investitionsgesetz Kohleregionen, so der offizielle Namen des Bundesprogramms, realisiert werden kann, ist aber offen. Denn der RBA ist nur einer von mehreren Entscheidern. Der Bund und die Sächsische Aufbaubank müssen noch zustimmen. Das gilt für alle fünf Vorhaben, die nun zunächst regional grünes Licht bekommen haben.

Darunter sind drei aus dem Bereich Gesundheitsfürsorge, den Ausschussvorsitzende Romy Reinisch, Beigeordnete des Bautzener Landrates, als „einen Fokus“ bezeichnete. In Boxberg soll ein neues Gesundheitszentrum für reichlich 9,3 Millionen Euro errichtet werden. Das Vorhaben sei schon länger diskutiert worden. Als möglichen Grund für die Debatte sagte Reinisch: „Man muss auch Partner und Ärzte für so etwas finden.“ Ähnliches gelte für ein geplantes Gesundheitszentrum in Schleife für rund 5,3 Millionen Euro. Es soll in einem leerstehenden Gebäude unterkommen und einen Anbau erhalten.

Auch Görlitz profitiert von der aktuelle Vergabe-Runde. Das Städtische Klinikum kann, wenn alle Bewilligungen vorliegen, einen OP-Roboter für chirurgische Eingriffe im Bereich der Wirbelsäule anschaffen. Auf knapp 1,5 Millionen Euro kann zudem der Landkreis Görlitz hoffen. Er will das Berufsschulzentrum in Löbau weiterentwickeln. Dort soll der Sportplatz ertüchtigt werden. „Wir wollen damit Handwerksberufe stabilisieren und dem Weggang der Jugend etwas entgegensetzen“, so Reinisch. Nachdem zunächst häufig der Aus- und Umbau von Kindergärten und Ähnliches mit Fördermitteln bedacht wurden, klingt das nach einem Strategiewechsel.

Oft werden die in den letzten Monaten vom Begleitausschuss bewilligten Vorhaben als „Nachrücker“ bezeichnet, die zum Zuge kommen, wenn die zuerst genehmigten nicht rechtzeitig starten können oder zurückgestellt werden müssen. Jörg Mühlberg, Geschäftsführer der zuständigen Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung, sieht das anders. Die nun bestätigten Ideen durchlaufen demnach das normale Prozedere. „Wir haben mit dem Freistaat eine Regelung getroffen, dass die Projektträger dafür einen Förderantrag stellen können, sobald der Bund sein Okay gegeben hat. Wenn der Antrag bewilligt ist, kann man anfangen“, so Mühlberg. Das heißt, die Träger müssen nicht warten, bis andere Projekte weiter vorn in der Schlange zurückgezogen oder verschoben werden. Tatsächlich hat der RBA bislang schon Vorhaben im Umfang von über einer Milliarde Euro bestätigt. Doch bis 2026 stehen für die Oberlausitz nur 946 Millionen Euro bereit. Allerdings rechneten am Mittwoch sowohl Reinisch als auch der Görlitzer Landrat Stephan Meyer damit, dass mehrere Vorhaben aktuell nicht umgesetzt werden. Unter anderem, weil die Planung zu lange dauert oder die Kosten deutlich höher sind, als gedacht – betroffen bislang: das Kamenzer Lessingbad und die Entwicklung des Kulturtourismus in Oybin.

Geld könnte verloren gehen

Das Problem ist nach wie vor: Die vom Bund bereitgestellten Mittel für den ersten Förderzeitraum müssen bis zum 31. Dezember 2026 abgerechnet sein. Sonst sind sie weg. Es ist bislang nicht vorgesehen, die Frist auszuweiten. Der Freistaat Sachsen bemüht sich schon länger, die Bundesregierung zu einer Änderung zu bewegen. Das wurde abgelehnt mit Verweis auf verfassungsrechtliche Vorgaben, wie eine Sprecherin des Sächsischen Ministeriums für Regionalentwicklung mitteilte.

Die Landkreise, Städte und Gemeinden stehen noch vor einem weiteren Problem. Denn sie müssen viel Geld vorstrecken, wenn sie ein Projekt umsetzen dürfen. Zunächst waren es 60 Prozent. Nach Verhandlungen mit dem Freistaat seien es noch 35 Prozent, so Romy Reinisch. Doch auch das sei zu viel, besonders wenn es um Vorhaben in Millionenhöhe gehe, so Stephan Meyer. „Die Projekte sind keine Pflichtaufgaben. Klamme Kommunen dürfen dafür keine Kredite aufnehmen.“ Eine Lösung wäre, dass mit der Bewilligung durch die Sächsische Aufbaubank mehr Geld fließt. „Wenn sich da nichts tut, wird der Strukturwandel völlig zum Stillstand kommen“, betonte Meyer.