IHK kritisiert Görlitzer Übernachtungssteuer

Die Stadträte haben grünes Licht für eine Übernachtungssteuer gegeben.
Der Beschluss ist zunächst ein Bekenntnis, aufgrund der Coronakrise soll er erst 2022 umgesetzt werden. In der Sitzung ging es vor allem um das Modell: Für eine Gästetaxe, bei der die Einnahmen wieder für den Tourismus ausgegeben werden müssten, sprach sich die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne aus. Eine Übernachtungssteuer, wie von den Bürgern für Görlitz vorgeschlagen, fließt in den allgemeinen Haushalt. Es gibt diverse Unterschiede. Der Stadtrat votierte knapp dafür, dass die Verwaltung die Satzung für eine Übernachtungssteuer erarbeitet, von der man sich 525.000 Euro pro Jahr erhofft.
Kritik von der IHK
Besonders jetzt stehe die Tourismuswirtschaft vor außerordentlichen Herausforderungen, kritisiert Frank Großmann von der Görlitzer IHK-Stelle die Entscheidung. Außerdem führe jede zusätzliche Abgabe für ein Reiseziel „unserer Meinung nach zu einem mindestens gefühlten Wettbewerbsnachteil“, der die intensiven Bemühungen der EGZ in der Stadt-Vermarktung konterkariere. Wenn überhaupt, wäre man für eine Gästetaxe.
Denn bei einer Gästetaxe müsste die Stadt die Einnahmen auch wieder für den Tourismus ausgeben. Sie ist zweckgebunden und ein feststehender Betrag, zum Beispiel zwei Euro pro Übernachtung. Eine Übernachtungssteuer fließt in den allgemeinen Haushalt, so wie zum Beispiel auch die Grundsteuer oder die Hundesteuer. Sie ist anteilig, zum Beispiel fünf Prozent des Übernachtungspreises.
Was mit dem Geld aus der Übernachtungssteuer gemacht wird, bestimmen letztlich die Stadträte, hielt Bürgermeister Michael Wieler etwa der Fraktion Motor Görlitz entgegen, die wegen der Zweckbindung an den Tourismus für die Gästetaxe plädierte. Ziel sei auch nicht, mit Abgaben in der Stadt eine bestimmte Branche zu bevorzugen, sondern das Geld dort zu nutzen, wo es gebraucht wird, so Joachim Schulze von der Fraktion Bürger für Görlitz.
Millionen für Tourismus ausgegeben
"Es entsteht ein bisschen der Eindruck, als hätten wir über Jahre nichts für die Tourismuswirtschaft getan", so Wieler. "Wir haben Millionen an städtischen Eigenmitteln eingesetzt, um selbst oder zur Unterstützung von privaten die historische Bausubstanz der Stadt wiederherzustellen."
Ohne diese Leistung hätte Görlitz heute nicht die Qualität, von der jetzt auch Hoteliers und Gastronomen profitieren. Zum Standard der Stadt hätten Hoteliers und Gastronomen indirekt auch beigetragen, so Wieler. Er verwies aber etwa auch auf die EGZ, in die die Stadt über 15 Jahre ebenfalls Millionen eingesetzt habe, um den Tourismus direkt zu unterstützen.
Knappe Stadtkasse
"Das können wir mit Selbstbewusstsein sagen. Und in dieser Situation, in der es uns finanziell so schlecht geht, dass wir Schulen zurückstellen, müssen wir auch ehrlich sagen: Wir können das jetzt nicht mehr." Natürlich gehe es beim Vorschlag einer Übernachtungssteuer auch um die Stadtfinanzen.
Für viele sei diese Zeit schwierig, so Matthias Urban von der CDU. "Aber natürlich wissen wir auch von unseren Schwierigkeiten, und dass wir nicht drumherum kommen, uns etwas einfallen lassen zu müssen, um unseren Haushalt wieder auf die Beine zu stellen." Auch die CDU hatte sich für das Modell der Übernachtungssteuer ausgesprochen. Es werde ob des Millionen-Defizits in der Stadt ohnehin nötig, viele freiwillige Vorhaben zu überdenken. Die Steuer könne einen Teil beitragen, Projekte, die der Stadt wertvoll sind, zu erhalten oder umzusetzen.
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