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Nach Kunststreit: Wie es Görlitzer Modelabel heute geht

Dieser Streit bewegte 2023 viele: Wegen des Motivs für ein T-Shirt ging es für Gerhard Zschau vom Modelabel „Laba“ bis zum Oberlandesgericht. Wie er zurückblickt.

Von Susanne Sodan
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Das Bild durfte die SZ lange nicht veröffentlichen - weil Gerhard Zschau darauf das strittige T-Shirt trägt.
Das Bild durfte die SZ lange nicht veröffentlichen - weil Gerhard Zschau darauf das strittige T-Shirt trägt. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Mit Fassbier feiert Gerhard Zschau in seinem Geschäft „Laba“ am heutigen Freitag das Jahr 2023. Ein bewegtes Jahr für ihn. Neben Fassbier gibt es bei „Laba“ in erster Linie möglichst fair produzierte Mode. Einige „Monika“-T-Shirts aus der zweiten Auflage sind noch da. Die erste war schnell ausverkauft, nachdem sie lange in den Kartons liegen bleiben musste, nicht verkauft werden durften: Die T-Shirts, der Kunstdruck darauf hatte für einen Gerichtsstreit gesorgt. So blickt Gerhard Zschau mit gemischten Gefühlen auf das Jahr zurück. „Es hat schon Einschläge hinterlassen“, sagt er. „Aber es ist ja gut ausgegangen.“

Regelmäßig gestaltet und veröffentlicht Zschau T-Shirts mit Werken Oberlausitzer Künstler. Dieses Mal - noch 2022 - sollte es ein T-Shirt mit einem Druck der sorbischen Künstlerin Hanka Krawcec sein: das erste Mal eine Sorbin, eine Frau, die viel zu schnell in Vergessenheit geriet, fand Zschau. Krawcec, die 1990 verstarb, galt als äußerst kreative und fleißige Grafikerin. Zschau hatte damals viel Auswahl bei der Motivsuche. Und entschied sich für das Porträt „Monika“, ein Linoldruck einer jungen Frau. „Wenn ich geahnt hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich es nicht gemacht.“ Eine Seniorin wollte verhindern, dass das Shirt verkauft wird.

Das Problem war nicht das Urheberrecht oder Ähnliches, diese Dinge waren geklärt. Es ging um Persönlichkeitsrechte. Bei der Frau, die heute wahrscheinlich über 80 Jahre alt ist, handelte es sich um das Mädchen, das Hanka Krawcec einst porträtierte. Sie fand, man erkenne sie bis heute auf dem Linolschnitt. Und sie wollte nicht, dass ihr Jugendbildnis auf einem T-Shirt verkauft wird, sah sich davon herabgewürdigt. Warum genau, wurde nie so richtig klar. In der ersten Instanz erhielt sie recht. Schließlich entscheid sich Zschau, in die zweite Instanz zu gehen.

Letztlich war es ein glückliches Jahr

Im April dieses Jahres wurde am Oberlandesgericht Dresden verhandelt. „Es ging ja um mehr als um meine T-Shirts.“ Auch Museen zum Beispiel schauten auf den Streit, der bundesweit Medieninteresse geweckt hatte. Nicht die einzige Aufregung für Gerhard Zschau: Die Verhandlung in Dresden verfolgte seine Partnerin schwanger. „Ich werde dieses Jahr sicher nicht vergessen.“ Letztlich ein glückliches Jahr: Gerhard Zschau wurde zum zweiten Mal Vater, und das Oberlandesgericht entschied für ihn.

Ins Bockshorn jagen ließ er sich von der Geschichte nicht, es gibt ein neues Kunst-T-Shirt. Diesmal nicht mit Porträt, sondern mit einer technischen Zeichnung eines Kohlenaufgabewagens. „Angefangen hatte es damit, dass ich an die Tradition des Braunkohleabbaus in der Oberlausitz erinnern wollte“. Dafür wandte er sich an die Stiftung Kraftwerk Hirschfelde, die mehrere tausend Planzeichnungen aus dem Kohleabbau hat. Zschau stieß auf den Plan des Kohlewagens einer Magdeburger Maschinenfabrik für das Kraftwerk Hirschfelde. Er stieß auch darauf, dass die Zeichnung aus der Zeit des NS-Regimes stammt, von 1940. Eine Zeit, in der viele Unternehmen bereits Zwangsarbeiter eingesetzt hatten - wahrscheinlich auch diese Maschinenfabrik.

Einfach eine andere Zeichnung aussuchen? Zschau entschied sich dagegen. Mit der Veröffentlichung will er erinnern an das Leid der Zwangsarbeiter im NS-Regime. Und an einen Oberlausitzer, der sich dagegen einsetzte, Alwin Brandes. „In Magdeburg ist noch eine Straße nach ihm benannt, hier ist er aber weitgehend unbekannt.“ Brandes stammte aus Großschönau. Er war in der Weimarer Republik Gewerkschaftsführer des Deutschen Metallarbeitervereins in Magdeburg, später ein führender Kopf im gewerkschaftlichen Widerstand gegen das NS-Regime.