SZ + Görlitz
Merken

Geht das Ladensterben im Kreis Görlitz weiter?

Das Reichenbacher NKD soll schließen. Die Stadt sieht Handlungsbedarf. Aber was kann getan werden?

Von Constanze Junghanß
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Seit vielen Jahren ist NKD am Markt in Reichenbach beliebtes Einkaufsgeschäft.  Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, ist aber auf keinem modernen Stand.
Seit vielen Jahren ist NKD am Markt in Reichenbach beliebtes Einkaufsgeschäft. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, ist aber auf keinem modernen Stand. © Constanze Junghanß

Die ältere Dame ist empört. Das Aus des NKDs am Reichenbacher Marktplatz könne doch nicht ernst gemeint sein? Mitarbeiter in dem kleinen Kaufhaus, in dem es nicht nur Bekleidung, sondern gleichfalls Handtücher, Spielzeug, Bettwäsche, Dekoartikel und vieles mehr gibt, heben bedauernd die Schultern. „Wir werden seit Kurzem täglich gefragt, ob wir tatsächlich schließen“, erzählt eine Verkäuferin, die anonym bleiben möchte. Neue Arbeitsstellen in anderen Filialen seien ihnen bereits angeboten worden, sagt sie auch. Und dass das NKD voraussichtlich im März die Türen in Reichenbach zuschlägt. Andere Verkäuferinnen benennen den Monat April 2024 als Schlusspunkt. Die Pressestelle der Firmenzentrale von NKD im bayrischen Bindlach antwortet auf schriftliche Presseanfragen bis Freitagmittag nicht, Telefonate gehen ebenfalls ins Leere. Eine offizielle Bestätigung für das Ende der Filiale am Standort in Reichenbach bleibt bisher aus.

So oder so ist die Unsicherheit groß, zumal das Kaufhaus nicht nur den Familien, sondern auch für viele Senioren wichtig ist. In Reichenbach gibt es neben dem Pflegeheim die Tagespflege und mehrere Einrichtungen für seniorengerechtes Wohnen. Ein Kaufhaus vor Ort bewahrt die Selbstständigkeit, wenn die Mobilität aufgrund des Alters eingeschränkt ist. „Dass das wegbricht, tut mir für die Rentner besonders leid“, schlussfolgert die NKD-Mitarbeiterin. Das Geschäft sei zusätzlich zur Einkaufsmöglichkeit vielen als kleiner Begegnungsort zum Plausch und vielleicht auch ein wenig gegen Einsamkeit im Alter ans Herz gewachsen.

Vor genau drei Jahren wurden im Rahmen des deutsch-polnischen Revival-Projektes Empfehlungen zur „Revitalisierung der historischen Städte in Niederschlesien und Sachsen“ veröffentlicht. Reichenbach nahm an dem Projekt des Interdisziplinären Zentrums für ökologischen und revitalisierenden Stadtumbau (IZS), Görlitz und des Instituts für territoriale Entwicklung (IRT), Wrocław teil. In der Studie standen der Marktplatz und die damit verbundene Innenstadt im Fokus. Demnach sei die „Belebung des historischen Marktplatzes ein zentrales Anliegen“ von Stadtverwaltung und Bürgern. In dem Papier heißt es auch: „Eine Belebung der leerstehenden Geschäftsräume am Marktplatz kann außerdem nur mit zeitgemäßen Konzepten für kommerzielle, soziale oder kulturelle Nutzungen erfolgen.“ Dafür müssten manche Grundrisse
den Geschäftseinheiten angepasst und entsprechende bauliche Veränderungen vorgenommen werden.

Räumliche Bedingungen stimmen nicht

Bei NKD beispielsweise ist nur die untere Verkaufsetage ebenerdig, der zweite Ladenraum über eine Treppe und ohne Fahrstuhl erreichbar. Die führte in der Vergangenheit dazu, dass die Mitarbeiter Menschen mit Gehbeeinträchtigungen die benötigten Waren auf Wunsch nach unten brachten. Die obere Etage steht gänzlich leer, die letzte Sanierung ist viele Jahre her. Das Gebäude, errichtet Ende des 19. Jahrhunderts, steht unter Denkmalschutz und war früher ein Hotel. Es befindet sich in Privatbesitz, gehört nicht der Stadt.

Bürgermeisterin Carina Dittrich sagt, dass die geplante Schließung, von der sie „vor wenigen Wochen“ erfuhr, „ganz schlimm ist. Der Marktplatz stirbt.“ Nach und nach machten im Laufe der Jahre immer mehr Geschäfte dicht. Lottoladen, Fleischer, Elektrohändler, Drogerie, zuletzt der Optiker. Leerstand, der mit der Schließung der NKD-Filiale weiter wächst. Wobei das Rathaus alle Hebel in Bewegung setzen möchte, um weiteren Leerstand zu vermeiden, wie Carina Dittrich sagt. Gespräche mit dem Eigentümer des mehrstöckigen Gebäudes sind angedacht, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Auch mit NKD würde jetzt das Gespräch gesucht in der Hoffnung, dass es vielleicht doch noch eine Chance für den Standort gibt. Die Bürgermeisterin will sich dafür einsetzen, dass es nicht zu einem langen Leerstand kommt.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Octavian Ursu ist das erst kürzlich in Görlitz gelungen. Der Oberbürgermeister der Neißestadt und Eva Wittig, Geschäftsführerin der Europastadt Görlitz/Zgorzelec hatten sich dafür stark gemacht, dass sich die Zeemann-Filalen nicht aus Görlitz zurückziehen. Für die Filiale am Wilhelmsplatz ergab sich daraus die gute Nachricht, dass sie bleibt.