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Liedermacher lockt Chorsänger aus ganz Deutschland nach Jauernick

Eine Woche lang singt Siegfried Fietz mit 50 Menschen im St.-Wenzeslaus-Stift seine Lieder. Am Sonnabend gibt er im Kulturforum Synagoge ein Konzert.

Von Ines Eifler
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Der Liedermacher Siegfried Fietz bei der Singefreizeit im St.-Wenzeslaus-Stift in Jauernick-Buschbach.
Der Liedermacher Siegfried Fietz bei der Singefreizeit im St.-Wenzeslaus-Stift in Jauernick-Buschbach. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Aus Hamburg, Berlin, Cottbus und Stuttgart, vor allem aber aus Sachsen und dem Kreis Görlitz sind sie angereist, um sich in Jauernick-Buschbach zu treffen: 50 Frauen und Männer, die meist in Chören singen und Fans der christlichen Popmusik von Siegfried Fietz sind.

Der Komponist und Sänger aus Hessen ist zwar kein Gotthilf Fischer, der Tausende Laiensänger zu riesigen Chören versammelte. Aber Fitz verbreitet zusammen mit seinem Sohn Oliver gute Laune an den Keyboards im Saal des St.-Wenzeslaus-Stifts. Er stimmt Lieder an wie "Gott lädt uns ein" oder "Die Sehnsucht nach Frieden" und braucht mit seinem Projektchor nicht viel zu üben. Auch ist er begeistert, dass er in viele vertraute Gesichter schaut, obwohl vier Jahre seit der letzten "Singefreizeit" 2020 vergangen sind.

Bis aus Stuttgart angereist

80 Prozent der Teilnehmer kommen schon seit vielen Jahren hierher, entstammen evangelischen, katholischen, freikirchlichen oder gar keinen Gemeinden und sind glücklich, einander einmal im Jahr zu treffen und miteinander zu singen. Viele haben sich angefreundet und halten auch zwischen den Begegnungen Kontakt.

Rund 50 Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands nehmen im St.-Wenzeslaus-Stift in Jauernick-Buschbach an der Singefreizeit mit Siegfried und Oliver Fietz teil.
Rund 50 Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands nehmen im St.-Wenzeslaus-Stift in Jauernick-Buschbach an der Singefreizeit mit Siegfried und Oliver Fietz teil. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Maria-Barbara Ebermann aus Ostritz zum Beispiel sagt: "Es ist immer meine Auszeit zum Jahresanfang. Ich möchte diese Gemeinschaft nicht mehr missen." Benjamin Sawicki aus Cottbus ist selber Kirchenmusiker, hat die Singefreizeit mit Siegfried Fietz in Jauernick einmal seiner Mutter geschenkt, die so erfüllt davon zurückkam, dass er selbst nun schon zum achten Mal teilnimmt. Stephan Abele ist mit seiner Frau sogar bis aus Stuttgart angereist. "Ich habe bis 2020 selber einen Chor geleitet und bin ein großer Fan von Siegfried Fietz", sagt er. "Um die Singefreizeiten mit ihm zu erleben, komme ich seit 15 Jahren nach Jauernick." Sabine Bulang aus Bautzen singt sogar schon seit 2007 mit.

Fietz' "Von guten Mächten" fand Eingang in Gesangbücher

Der inzwischen 78-jährige Liedermacher ist vielen Christen in West und Ost ein Begriff. Seine beschwingte Vertonung von Bonhoeffers "Von guten Mächten" ist sehr bekannt, aber auch umstritten, und wurde sowohl ins evangelische als auch ins katholische Gesangbuch aufgenommen. Seit den 1960er Jahren hat Siegfried Fietz über 4.000 christliche Lieder geschrieben oder vertont und Hunderte Konzerte gegeben. Er wurde beliebt, weil er jungen Christen musikalisch etwas Neues bot, das nicht im Gesangbuch der Eltern stand, und weil er ökumenisch dachte.

In der DDR wurde seine Musik von Hand zu Hand weitergereicht. Christine Lehmann aus Lichtenberg bei Pulsnitz etwa erinnert sich an heimlich überspielte Kassetten, wie toll sie die Lieder fand und wie stolz sie war, 1978 in Dresden in einem Werk von Fietz mitwirken zu dürfen. "In den vergangenen Jahren ging es mir immer wieder schlecht", erzählt sie. "Doch wenn ich hier bin, geht es mir gut."

Langjährige Freundschaft mit Joachim Rudolph

Dass die Singefreizeit mit Siegfried Fietz überhaupt in Jauernick stattfindet, hat mit dem langjährigen Leiter des St.-Wenzeslaus-Stifts Joachim Rudolph zu tun. Die beiden Männer kennen einander seit über 40 Jahren. Fietz durfte auch in der DDR Konzerte geben und war 1980 in die Görlitzer Lutherkirche eingeladen. Damals begann Rudolph gerade das nahe evangelische Pflegeheim Bethanien zu leiten und kümmerte sich um Unterkunft und Verpflegung des Künstlers. "Ich habe ihn auch auf seiner Konzerttour durch die Region begleitet", sagt er, "und wir wurden gute Freunde."

Als Joachim Rudolph 2003 Hausleiter des St.-Wenzeslaus-Stift in Jauernick wurde, etablierte er hier die jährliche einwöchige Singefreizeit mit Siegfried Fietz, an der er heute selbst teilnimmt. Auch Frank Seibel, Rudolphs Nachfolger ab 2019, behielt die Tradition bis 2020 bei, nun hat die kommissarische Hausleiterin Dorothea Grund die 50 Sängerinnen und Sänger erstmals nach Corona wieder im Haus. "Und wir freuen uns", sagt sie, "dass mitten im Januar so viel los bei uns ist."

Chor begleitet Liedermacher-Konzert am Sonnabend

Für Siegfried Fietz ist die Singefreizeit in Jauernick ebenfalls etwas ganz Besonderes. "So etwas kann man über so viele Jahre vermutlich nur in diesem Landstrich machen", sagt der Liedermacher, "ich erlebe unsere Teilnehmer als sehr treu und herzlich." Er habe die Sorge gehabt, dass Corona die Gemeinschaft auseinandergetrieben hätte. "Aber als sich alle nach vier Jahren wiederbegegneten, war es, als sei zwischendurch keine Zeit vergangen."

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Für ihn ist nicht nur das Singen und die Gemeinschaft wichtig, sondern auch die Botschaft seiner Lieder. "In Zeiten von Krieg und Krisen müssen wir über Frieden sprechen und auf das Beste hoffen."

Genau damit will er seine Zuhörer auch in seinem Konzert am Sonnabend im Kulturforum Görlitzer Synagoge zusammen mit seinem Sohn Oliver Fietz ermutigen. "Von guten Mächten" ist es überschrieben. "Und der Chor unserer Singefreizeit ist natürlich dabei."

Konzert am Sonnabend, 20. Januar, 19 Uhr, Tickets über www.kulturforum-goerlitzer-synagoge.de/veranstaltungen oder an der Abendkasse.