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So geht Bauen 4.0: Die Roboterbagger von Görlitz

Die TU Dresden wird in Görlitz innovative Bautechnologien testen. Am Donnerstag geht es im Stadtrat um den Verkauf des Geländes. Der erste Spatenstich erfolgt Anfang 2025.

Von Jonas Niesmann
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Schluss mit schmutzigen Händen und Sonnenbrand: So könnte das Bauen der Zukunft aussehen.
Schluss mit schmutzigen Händen und Sonnenbrand: So könnte das Bauen der Zukunft aussehen. © Tobias Ritz / CFLab

Der Maulwurf, in gewisser Weise der Urvater des Baugewerbes, hat für Innovation wenig Bedarf. Seit Jahrtausenden häuft er mit seinen schaufelförmigen Händen die Erde auf, immer auf dieselbe Weise, zum Verdruss von Gärtnern und Sportplatzwarten. Auch auf der großen Wiese an der Klingewalder Höhe südlich der A 4 gibt es ein paar solcher Haufen. Doch mit den veralteten Methoden wird es dort bald vorbei sein.

Am Donnerstag wird der Görlitzer Stadtrat grünes Licht für den Verkauf des 8,5 Hektar großen Geländes an die Construction Future Lab gGmbH (CFLab) geben. Das Unternehmen, das eng mit der TU Dresden verbunden ist, will dort die Zukunft des Bauens erforschen, ach was, die Baubranche revolutionieren.

Der Baubranche geht es schlecht

Denn der geht es gerade schlecht. Das hat mit explodierenden Preisen durch die Inflation und Russlands Angriffskrieg zu tun, und auch mit immer höheren Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden zum Schutz des Klimas. Andere Branchen treten solchen Mehrkosten mit der Automatisierung ihrer Prozesse entgegen, womit Zeit und Geld gespart wird.

In der Baubranche sei das aber nicht so einfach, erklärt André Sitte vom Institut für mechatronischen Maschinenbau an der TU Dresden und Sprecher des CFLabs. Bauprozesse seien sogenannte Unikatprozesse – sie sind jedes Mal anders und gleichzeitig sehr komplex. Zudem würden auf Baustellen oft viele kleinere Betriebe arbeiten, mit jeweils eigenen Abläufen. Es sei deshalb viel schwieriger, den Bau eines Hauses zu automatisieren und damit günstiger zu machen, als beispielsweise die Produktion eines Autos.

Das Ziel: Effizienz und Nachhaltigkeit steigern

Potenzial sieht André Sitte besonders in der Kommunikation: Die laufe auf Baustellen meistens noch verbal ab, Daten würden handschriftlich notiert. 2019 hat die TU deshalb das Projekt BAUEN 4.0 ins Leben gerufen. Drei Jahre lang wurde an neuen Technologien für die Baustelle der Zukunft geforscht. Dabei ging es vor allem um digitalisierte, effiziente Bauprozesse und automatisierte, vernetzte Maschinen. Auf das Ergebnis ist André Sitte stolz, besonders, weil es dem Team gelungen sei, eine komplexe Demonstration in der Realität umzusetzen. Das Szenario: die Verlegung eines Rohres. „Die Planung wurde digital erstellt und per 5G-Netz an den Bagger übermittelt“, erklärt Sitte. Dieser habe dann selbstständig das Loch gegraben, der Aushub wurde von einem autonom fahrenden Radlader weggebracht.

Solche Vorgänge sollen nun in Klingewalde weiterentwickelt und erprobt werden. 2022 wurde dafür die Construction Future Lab – CFLab gegründet, also die Forschungseinrichtung, die nun das Gelände in Klingewalde für rund neun Millionen Euro kauft. Das Geld stammt aus dem Kohleausstiegsprogramm des Bundes, weitere sechs Millionen Euro sollen folgen. Entstehen sollen ein gut 1.000 Quadratmeter großes Gebäude, in das Büroflächen, Labore und eine große Maschinenhalle integriert sind. Bis Sommer 2024 läuft die Ausschreibung für ein Planungs- und Bauunternehmen, dass die Halle errichten wird. Danach geht es an die konkrete Planung. Sitte hofft auf eine zeitnahe Genehmigung, sodass im Idealfall im Frühling 2025 mit dem Bau begonnen werden kann.

Ein Teil des Geländes bei Klingewalde nördlich von Görlitz. An dem alten Verwaltungsgebäude im Hintergrund sollen zukünftig unter anderem malernde Roboter getestet werden.
Ein Teil des Geländes bei Klingewalde nördlich von Görlitz. An dem alten Verwaltungsgebäude im Hintergrund sollen zukünftig unter anderem malernde Roboter getestet werden. © Jonas Niesmann

Roboter-Bagger und Häuser aus dem 3D-Drucker

Neben der Halle wird das Außengelände eine große Rolle spielen: dort sollen die entwickelten Ideen direkt erprobt werden können. Zwei verschiedene Bereiche sind dafür vorgesehen: Einer für klassische Erdbauarbeiten, wo dann zum Beispiel autonome Bagger getestet werden, und einer für additive Fertigung. Dazu zählt zum Beispiel 3D-Betondruck. „Schon jetzt kann der Rohbau eines Hauses von einer speziellen Maschine gedruckt werden“, sagt Sitte. Beim CFLab wolle man diese Technik weiterentwickeln und verbessern.

„Es geht nicht darum, das Handwerk zu verdrängen“

Zudem gibt es auf dem Gelände ein altes Verwaltungsgebäude aus den 60er Jahren, an dem das Team des CFLabs zum Beispiel Roboter testen will, die Putz oder Farbe auftragen. Sitte betont, es gehe nicht darum, das Handwerk zu verdrängen. „Diese Technologien können Unternehmen vielmehr helfen, effektiver und produktiver zu arbeiten und so am Ende auch mehr Gewinn zu erzielen.“ Der Beruf eines Malers könne sich aber durchaus verändern: So müsse ein Auszubildender in Zukunft vielleicht nicht mehr so oft die Malerrolle schwingen, sondern auch mal einen Roboter bedienen.