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So sollen Gemeinden an die Kohle-Millionen kommen

Um Tempo beim Strukturwandel im Kreis Görlitz zu machen, holt die Entwicklungsgesellschaft Eno Berater und Experten. Ihre Aufgabe: Gemeinden helfen.

Von Matthias Klaus
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Sven Mimus ist der Chef der Eno, der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz.
Sven Mimus ist der Chef der Eno, der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Die Kohleförderung in der Lausitz steht vor dem Aus, der Strukturwandel soll neue Perspektiven und Arbeitsplätze schaffen. Wie soll das gelingen in der strukturschwachen Region, im Landkreis Görlitz? Und welche Rolle sollen oder können die Kommunen dabei spielen? Sven Mimus, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz (Eno), hat dazu ein ganzes Paket an Ideen parat.

"Wir sind das Schnellboot für die operativen Einsätze. Der Landkreis, der eher langsam zu steuernde Tanker", so beschrieb Sven Mimus der SZ einmal die Aufgaben der Eno. Mit dem Strukturwandel sieht es allerdings eher so aus, als ob die Eno zum Schlepper wird, der den Tanker ans Tau nimmt. Es sind nicht mehr nur die schnellen Einsätze, die die Eno zu bewältigen hat, sondern die zukunftsweisenden.

Feriengesellschaft firmiert um

Im jüngsten Kreistag haben die Abgeordneten dafür einen richtungsweisenden Beschluss gefasst. Der liest sich auf dem Papier so: "Umfirmierung der Feriengesellschaft Stausee Quitzdorf mbH in die Flächenentwicklungsgesellschaft Landkreis Görlitz mbH". Ein staubtrockenes Beamtendeutsch und doch wichtig für alle Städte und Gemeinden, die vielleicht vom Strukturwandel profitieren könnten.

Die Feriengesellschaft wurde im damaligen Kreis Niesky 1991 gegründet. "Der Kreistag war damals nicht in der Lage, sie mit entsprechendem Geld auszustatten", sagt heute Landrat Bernd Lange. 2001 beliefen sich die Schulden auf zwei Millionen Euro. "Die Gesellschaft war nicht in der Lage, den Kapitaldienst zu decken, sondern gerade den Betrieb aufrecht zu erhalten", so Bernd Lange in der jüngsten Kreistagssitzung. 2007 ging die Gesellschaft an die Eno, das Tafelsilber, etwa Bungalows, wurden verkauft.

Eno will Kommunen bei Brachflächen helfen

Nun also die Umfirmierung. Was soll sie bringen? "Wir wollen damit Kommunen helfen, die es möchten, eigene Flächen, Vorhaben zu entwickeln", sagt Sven Mimus. Und er nennt ein Beispiel. Eine Kommune hat eine brach liegende Fläche oder auch ein zu sanierendes Gebäude. Aber eben nicht das Personal dazu, dass das eigenständig in die Hände nehmen kann. "Da kommen wir ins Spiel", sagt Sven Mimus. Er habe für die Flächengesellschaft gekämpft und ist froh, dass der Kreistag der Umfirmierung nun zugestimmt hat. Eigentlich stand der Beschluss schon im Dezember 2020 auf der Tagesordnung, wurde aber dann auf Ende März 2021 verschoben.

Konkret soll es so ablaufen: Eine Stadt oder Gemeinde, die sich bei der Flächenentwicklung helfen lassen will, wird Mitglied eben in der Flächenentwicklungsgesellschaft. Wer es selbst schaffen kann, muss es nicht. "Ich kenne aber einige Kommunen, die Flächen entwickeln, Gewerbe ansiedeln möchten, es aber aus eigener Kraft nicht schaffen", sagt Sven Mimus.

Zehn neue Mitarbeiter unterstützen die Gesellschaft

Die Eno, so wie sie jetzt personell aufgestellt ist, kann das Ganze aber auch nicht bewältigen. Deshalb wird sie personell aufgestockt. Insgesamt zehn neue Mitarbeiter gibt es, der große Teil davon steht schon fest. "Das erste Team umfasst fünft Mitarbeiter. Es ist das Kommunalteam und wird die Bürgermeister unterstützen", sagt Sven Mimus. Dabei gehe es um Hilfe beim Beantragen von Fördermitteln, prüfen, ob Ideen überhaupt umsetzbar sind. Noch ist das Team nicht ganz besetzt.

Eine zweite Mannschaft trägt den Titel "Innovationsteam". "Wir wollen Firmen, Gründer aber auch Investoren ansprechen, ob und welche neuen Ideen sie haben, ihnen dabei helfen, sie umzusetzen", so Sven Mimus. Hochschule, wissenschaftliche Institute sollen mit eingebunden werden. Dabei bekommt die Eno selbst Hilfe, von einer Unternehmensberatung.. "Ab Mai haben wir dann professionelle Partner an unserer Seite", sagt Sven Mimus.

Ob und wie das alles funktioniert, dazu soll es eine eigene interne Eno-Kontrolle geben. Und: Die Öffentlichkeit soll in Zukunft viel stärker darüber informiert werden, wie der Strukturwandel im Kreis Görlitz vorangetrieben wird. Dazu gibt es eine neue Öffentlichkeitsarbeiterin bei der Eno.

"Wir begreifen den Strukturwandel als sehr weit gesteckt", sagt Sven Mimus. Jeder, der sich damit beschäftigt, Vorschläge, Projekte habe, könne sich an die Entwicklungsgesellschaft wenden. "Wir sind dann wie Fleißbienen für jene, die mit neuen Ideen kommen", sagt Sven Mimus.

Landrat kritisiert Land wegen Strukturwandel

Fleißbienen in Sachen Strukturwandel, die hätte Landrat Bernd Lange auch gern in der Landesregierung. Aber offensichtlich ist dem nicht so. "Wenig glücklich" - so bezeichnet der Görlitzer Landrat Bernd Lange (CDU) seine Erfahrungen bei den aktuellen Entwicklungen in Sachen Strukturwandel in der Region während der jüngsten Kreistagssitzung.

"Es gibt etwa 150 Anträge aus den Gemeinden im Landkreis. Aber es geht nicht vorwärts", sagte er. Nur ein Teil der Anträge sei bisher bearbeitet worden.

Ein Begleitausschuss sei von den Kommunen besetzt worden. "Aber nicht von den Interessengruppen", so Bernd Lange. Er sei "sehr, sehr unzufrieden" mit der Entwicklung. Eine Förderrichtline stehe noch nicht. "An den Gemeinden und am Kreis liegt es nicht. Es liegt daran, wie man sich im Land zusammenfindet", so der Landrat.

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