SZ + Görlitz
Merken

Görlitz-Zgorzelecer Fernwärme-Vorhaben fehlt Geld

EU und Bund wollen Fördermittel für ein gemeinsames Netz zuschießen. Die reichen aber nicht. Aus Warschau gibt es dagegen noch keine Reaktion.

Von Matthias Klaus
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Matthias Block, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Görlitz (r.) hier mit Oberbürgermeister Octavian Ursu.
Matthias Block, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Görlitz (r.) hier mit Oberbürgermeister Octavian Ursu. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Seit mindestens drei Jahren ist sie im Gespräch, die gemeinsame Fernwärmeversorgung von Görlitz und Zgorzelec. Beide Netze sollen verbunden werden, ein überaus ambitioniertes Projekt, verbunden mit der Energiewende. Görlitz und Zgorzelec sollen so klimaneutral werden. "Grüne Wärme", so bezeichnet es Matthias Block, Vorstandschef der Stadtwerke Görlitz. Bis 2030, so sehen es bisherige Planungen vor, soll das Vorhaben stehen.

Fernwärme in Görlitz kommt aus gasbetriebenen Blockheizkraftwerken. In Zgorzelec liefen bisher drei Brennkessel sowjetischer Bauart im Heizkraftwerk Groszowa mit Braunkohle. Ende vergangenen Jahres wurde einer davon auf Gas umgestellt. Mit der "grünen Wärme" soll sich nun alles grundlegend ändern, sollen umweltfreundliche Technologien zum Einsatz kommen. Zum Beispiel: neun Prozent Solar, 23 Prozent Wärmepumpen, ein Prozent Abwärme, vier Prozent Biomethan und 63 Prozent aus Biomasse, sprich Pellets, Holzschnitzel. Der letztere Wert, räumt Matthias Block ein, ist zu hoch. Der Wert soll gedrückt werden, auf unter 25 Prozent. Woher dann der "Rest" der Energie kommen soll ist noch unklar.

Fest steht, irgendwie muss der Biomasse-Anteil schrumpfen, schon allein deswegen, weil das entsprechende Förderprogramme vorgeben. Und da liegt auch der Knackpunkt des Ganzen: die Finanzierung. Rund 100 Millionen Euro kostet nach bisherigen Schätzungen die Verbindung der Netze. Allein eine halbe Million Euro ist für eine Machbarkeitsstudie vorgesehen. Die EU habe 50 Prozent Förderung signalisiert und das Ministerium rund um Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Millionen aus einem Bundesprogramm zuschießen. Selbst wenn dann etwa eine Förderung von 60 Prozent zusammenkäme, sie reicht nicht.

Unter anderem sollen zwölf Kilometer Leitungen neu verlegt werden, davon etwa zweieinhalb Kilometer von Königshufen über oder unter der Neiße nach Polen. Matthias Block geht davon aus, dass die Zuschüsse mindestens 80, besser noch 90 Prozent betragen müssten. Also müsste sich Polen ebenfalls mit Fördermitteln beteiligen. Die Nachbarn hier im direkten Grenzgebiet sind durchaus angetan von der Idee einer gemeinsamen, umweltfreundlichen Fernwärmeversorgung. Im fernen Warschau sieht man es offenbar aber nicht als dringlichste Aufgabe, Millionen in das Projekt an der Neiße zu stecken. Noch gibt es auf entsprechende Anfragen offensichtlich keine Antwort. Das Problem: In Polen stehen in diesem Jahr im Herbst Wahlen an. Ob wieder die nationalkonservative PiS-Partei oder ein Bündnis aus Oppositionskräften an die Macht kommt - unklar. So lange dürfte sich auch kaum etwas in Sachen Fördermittel für das Fernwärmeprojekt tun.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

André Thess sieht Vorhaben wie das in Görlitz-Zgorzelec eher skeptisch. Er ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart, war jetzt beim Wirtschaftsrat der CDU in Görlitz zu Gast, hörte sich die Idee an. "Als ein einzelnes Forschungsprojekt ja, aber nicht geeignet für die breite Masse", so seine Einschätzung. Wenn so viel Geld in die Hand genommen werde, müssen die betreffenden Unternehmen auch erklären, wie sie es erwirtschaften und nicht nur auf Steuergelder hoffen, sagt er.

André Thess spricht sich unter anderem für verlängerte Atomkraftwerk-Laufzeiten aus, den Wiedereinstieg in die Kernenergieforschung, die Aufhebung des Kohleausstiegsbeschlusses, Fracking in Deutschland, die Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandel-Systems und die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.