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Ukraine-Krieg: Zerschossenes Fluchtauto aus Görlitz erinnert in Dresden an Kriegsbeginn

Im Frühjahr 2022 floh Familie Lysechko aus Mariupol. Sie kamen nach Görlitz, mit einem völlig kaputten Auto. Dessen Anblick mahnt am Sonnabend in Dresden.

Von Susanne Sodan
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Oleksandr und Danil Lysechko, als ihr Auto in Görlitz zum Unterstellen in ein Autohaus gebracht wurde. Jetzt ist eine langfristige Lösung gefunden.
Oleksandr und Danil Lysechko, als ihr Auto in Görlitz zum Unterstellen in ein Autohaus gebracht wurde. Jetzt ist eine langfristige Lösung gefunden. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das militärhistorische Museum Dresden zeigt anlässlich des zweiten Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine ein besonderes Objekt im Foyer des Museums: das zerschossene Auto von Familie Lysechko. Oleksandr und Olena Lysechko und ihr Sohn Danil stammen aus Mariupol und flohen nach Görlitz.

"Der 24. Februar 2022 hat sich in das kollektive Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt", teilt Ann-Kathrin Nicolai, Presseoffizierin des Militärhistorischen Museums mit. "An diesem Tag begann der russische Versuch einer Vollinvasion der Ukraine, deren Folgen für die europäische und globale Sicherheitsarchitektur noch nicht absehbar sind." Rund 3,7 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer brachten sich seither in weniger betroffenen Gebieten des Landes in Sicherheit. "Mehr als 6 Millionen Menschen haben die Ukraine verlassen" und Zuflucht in EU-Staaten gesucht.

Familie Lysechko hatte mehrere Monate im umkämpften Mariupol ausgehalten. Eine Zeit, in der mehrfach ihr Haus schwer beschädigt wurde. Das erste Mal erlebten sie den Krieg am 13. März 2022 hautnah, als Raketenprojektile in unmittelbarer Nähe des Hauses einschlugen, durch die Druckwelle Fenster barsten, Schutt und Staub bis weit in die Wohnung flogen. Die beiden Autos der Familie im Hof waren im Grunde nicht mehr fahrtüchtig. Dennoch bezeichneten sie den 13. März Sächsische.de gegenüber als ihren Glückstag: Sie blieben unverletzt. Im Frühjahr vorigen Jahres entschlossen sie sich zur Flucht.

SZ erzählte die Geschichte von Familie und Auto

Das noch besser erhaltene Auto stellte Oleksandr Lysechko soweit wieder her, dass es die Strecke bis nach Deutschland durchhielt. "Es hat uns gerettet", sagten Lysechkos vor anderthalb Jahren gegenüber der SZ. Und: "Es ist doch ein Stück Geschichte." Das fand das Militärhistorische Museum auch, das freilich auch Dokumente der Zeitgeschichte sammelt.

Bekannt wurde die Geschichte von Familie und Auto durch die Stadt Görlitz: Lysechkos hatten das Auto auf dem P+R-Parkplatz in Görlitz-Weinhübel abgestellt. Nach hiesigen Standards war es nicht mehr fahrtüchtig und müsse, erklärte die Stadt, in seinem Zustand aus dem öffentlichen Verkehrsbereich entfernt werden. Doch für Verschrottung oder Garage fehlte der Familie das Geld. Kurzerhand boten mehrere Personen, darunter der Inhaber eines Görlitzer Autohauses an, bis zu einer Lösung das Fahrzeug unterzustellen. Anfang des Jahres nun wurde das Fluchtauto als Schenkung in den Sammlungsbestand des Militärhistorischen Museums aufgenommen.

Gedenken in Görlitz an den Kriegsbeginn

In Görlitz wird in den nächsten Tagen auf vielfältige Art und Weise an den Beginn des Russland-Krieges gegen die Ukraine gedacht. Bereits an diesem Sonnabend, 24. Februar, wird zum Gedenken um 15 Uhr auf den Marienplatz eingeladen.


Wenig später, ab 17 Uhr, findet im Kulturhaus Dom Kultury in Zgorzelec das Benefizkonzert „Niezłomni“ (Die Standhaften) mit ukrainischen Mitwirkenden statt. Karten zu 30 Złoty oder zu 7 Euro sind im Städtischen Kulturhaus erhältlich.

Die Glocken der Görlitzer Kathedrale Sankt Jakobus werden am Sonnabend, um 12 Uhr, anlässlich des Überfalls Russlands auf die Ukraine vor zwei Jahren zehn Minuten lang läuten. Dies geschieht gemeinsam mit vielen Domen und Kathedralen, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Und am Freitag, dem 1. März, findet um 17 Uhr auf der Altstadtbrücke in Görlitz das deutsch- polnisches Friedensgebet für die Ukraine statt - genau wie am 1. März 2023 und am 1. März 2022. Die katholischen Gemeinden der Europastadt Görlitz/Zgorzelec laden herzlich dazu ein. Ebenfalls teilnehmen werden der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu und sein Amtskollege aus Zgorzelec, Rafał Gronicz.