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Pay-TV immer teurer: Gastronomen in Görlitz ziehen Reißleine

Im Kings Pub und bei City-Bowling gehörte Fußball schauen immer dazu. Aber die steigenden Preise verhageln den Inhabern die Laune.

Von Susanne Sodan
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Gerd Lehmann (links) vom Kings Pub Görlitz und Norbert Hauffe vom Görlitzer City-Bowling reagieren auf die Preissteigerungen beim Bezahl-Fernsehen.
Gerd Lehmann (links) vom Kings Pub Görlitz und Norbert Hauffe vom Görlitzer City-Bowling reagieren auf die Preissteigerungen beim Bezahl-Fernsehen. © SZ-Archiv

Auf den Bildschirmen im Kings Pub in Görlitz läuft der Ski Alpin Weltcup. Spannend - aber nicht typisch für den Kings Pub. Hier lief sonst stets Fußball: Spiele aus der Bundesliga und der Champions League, die Bezahlsender wie Sky und DAZN übertragen.

Ob Amazon Prime oder Disney Plus - die allermeisten Pay-TV-Anbieter haben in den zurückliegenden Wochen und Monaten ihre Preise vor allem für die werbefreien Abos erhöht oder kündigen Erhöhungen an. So zum Beispiel auch Netflix, eine der bekanntesten Streaming-Plattformen. Das Unternehmen begründet dies mit dem Streik in Hollywood. Auch Sky zum Beispiel erhöht die Preise für sein Live-Sport-Angebot - wegen der steigenden Kosten für Lizenzen und technischer Infrastruktur, erklärte der Anbieter. Was im Privaten einige Euro ausmacht, wächst einigen Unternehmen wie Sportbars nun über den Kopf.

Um die 10.000 Euro im Jahr

Eine klassische Sportbar war der Kings Pub nie. Aber die Übertragung der Spiele, "habe ich immer als Dienstleistung für meine Gäste gesehen", erzählt Inhaber Gerd Lehmann. "Ich bin ja selbst an Fußball interessiert." Und so gab es in seinem Pub stets, "gutes Bier und Fußball." Aber jetzt hat er sowohl sein Sky- als auch sein DAZN-Abo gekündigt. Das hat mehrere Gründe.

Zum einen freilich die Kostenerhöhungen. Fußball zu übertragen, sei immer schon teuer gewesen und auch in der Vergangenheit habe es Preissteigerungen gegeben, schildert Gerd Lehmann. "Das Problem ist, dass Fußball eben 'der Sport' ist und das kostet." Dazu kommt: Das Angebot sei unübersichtlich geworden. Welcher Anbieter hat die Rechte für die Übertragung welcher Spiele? Deshalb hatte Lehmann für den Pub überhaupt erst zwei Abos von Sky und DAZN. Dazu kommt noch die GEMA. Für alles zusammen müsste er derzeit pro Jahr eine Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich bezahlen, schildert er.

"Die meisten Gäste sehen es ein"

Allerdings ist das nicht der einzige Grund für die Kündigungen. "Die Resonanz ist über die Jahre geringer geworden." Bei Bundesliga-Topspielen sei der Pub schon voll gewesen, aber sonst? Lehmann ist selbst zwiegespalten. "Schade ist es schon." Die Resonanz seiner Gäste auf die Entscheidung aber sei bislang eher positiv ausgefallen. "Die meisten sehen es ein." Zumal der Kings Pub auch jetzt nicht Sport-frei ist. GEMA und GEZ zahlt Lehmann weiterhin und auf dem Bildschirm läuft jetzt Free-TV. Ob das für die Gäste in Ordnung ist oder es Umsatzeinbrüche gibt, beobachtet er jetzt und will dann entscheiden, wie es weitergeht.

Er hofft, dass viele die Preiserhöhungen nicht einfach hinnehmen, die Anbieter ihre Modelle vielleicht noch mal überdenken müssten. "Es wäre zum Beispiel super, wenn es die Möglichkeit gäbe, einzelne Spiele buchen zu können." Tatsächlich nehmen auch andere die Preissteigerungen beim Bezahl-Fernsehen nicht einfach hin.

Die Zeiten von Hunderten Gästen sind vorbei

Auch Norbert Hauffe, Inhaber von City-Bowling im Görlitzer City-Center hat sein Sky-Abo gekündigt und ist dafür zu DAZN gewechselt. DAZN hatte in den vergangenen zwei Jahren mehrfach die Preise erhöht, teils drastisch. Für Hauffe hat der Anbieter dennoch Vorteile: In der Champions League wird dienstags und mittwochs gespielt. Dienstags ist die Bowlingbahn geschlossen - und die Mittwochsspiele überträgt DAZN.

Seit 50 Jahren ist Hauffe in der Gastronomie tätig, seit 2008 leitet er die Bowling-Bahn. Auch Billard kann man hier spielen - oder eben keinen Sport machen, sondern ihn nur schauen: Auch bei ihm gehören die Bildschirme mit Sport-Übertragungen schon lange dazu. Aber es sei zunehmend unattraktiv geworden. Nicht nur wegen der Preiserhöhungen, sondern auch, weil teils die Sport-Inhalte weniger geworden seien, schildert Hauffe. Es kommt immer darauf an, welche Rechte an welchen Spielen in welcher Sportart ein Anbieter erhält.

Und: Die Zusammenarbeit sei ziemlich unpersönlich geworden. Früher gab es noch einen direkten Ansprechpartner bei Sky, erzählt Hauffe. Jemand, mit dem man vor Ort über Angebote und Preise sprechen konnte, "das ist jetzt alles nur noch online. Man hat keinen Bezug mehr." Und auch er sagt: Das Interesse sei geringer geworden. Er erinnert sich an ein Champions-League-Finale vor reichlich zehn Jahren, das bei City-Bowling um die 470 Gäste sehen wollten.

Recht viele Fußballfreunde sind sicherlich diesen Sommer zu erwarten - wenn die EM in Deutschland stattfindet. Auch in Sachsen, in Leipzig, wird gespielt. Wie sie damit umgehen, werden Norbert Hauffe und Gerd Lehmann noch entscheiden. "Allerdings wird bei der EM sicherlich eher Public Viewing gefragt sein", vermutet Norbert Hauffe. Also eher Leinwand und Fan-Stimmung unter freiem Himmel.