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Sachsens Justizministerium buchte Kurs bei Görlitzer Extremisten

Der Organisator der "Montagsdemo" in Görlitz bietet Fahrsicherheitskurse an. Das hat sich nach Dresden rumgesprochen. Nicht aber, dass der Mann als Extremist eingestuft ist.

Von Susanne Sodan
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Frank Liske, hier in Görlitz, ist jetzt auch dem Justizministerium ein Begriff, aber nicht im positiven Sinne.
Frank Liske, hier in Görlitz, ist jetzt auch dem Justizministerium ein Begriff, aber nicht im positiven Sinne. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Eigentlich steht Frank Liske jeden Montagabend auf dem Postplatz in Görlitz: Er gehört zu den Organisatoren der "Montagsdemo", die kürzlich vom Verfassungsschutz Sachsen als extremistische Vereinigung eingestuft wurde. In der Szene scheint das nicht zu stören, im Gegenteil: Vor einer Woche war Liske nach Dresden zur dortigen "Montagsdemo" eingeladen. Wo er eine "tolle Story" aus seinem Arbeitsleben erzählte.

Mit seiner Frau leite er ein Fahrsicherheitszentrum. "Irgendwie hat sich das nach Dresden herumgesprochen." Als Liske neulich vor Gericht stand, teilte der dem Richter noch mit, er lebe von "Luft und Liebe". Kürzlich jedenfalls, so Liske in Dresden, habe das Justizministerium Sachsen bei ihm drei Fahrsicherheitskurse für Justizbeamte gebucht. Über den Auftrag durch die Landesregierung habe er sich gefreut - nach dem Umsatzausfall in der Corona-Zeit. Und endlich mal ein sinnvoller Einsatz von Steuergeldern.

Zwei Kurstermine hätten stattgefunden, die Justizbeamten und die Organisatoren seien vollauf zufrieden gewesen, so Liske weiter. Vor dem dritten Termin sei plötzlich eine E-Mail mit der Absage gekommen.

Tatsächlich hatte das Justizministerium drei Kurse bei dem Görlitzer Unternehmen gebucht, teilt Alexander Melzer mit, Sprecher des sächsischen Ministeriums für Justiz, Demokratie und Gleichstellung. Jährlich, erklärt er, finden für Bedienstete des Justizvollzugsdienstes, die zum Beispiel Gefangenentransporte steuern, Fahrsicherheitstrainings statt. Um Besonderheiten und Gefahren zu kennen, und in kritischen Situationen richtig reagieren zu können. Dieses Mal ging es um Kurse für insgesamt 24 Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten Görlitz und Bautzen. Auf das Unternehmen von Liske fiel die Wahl wegen der räumlichen Nähe, erklärt Melzer. Ende September war das.

Ende Oktober wurden vier Organisatoren der "Montagsdemo" Görlitz, darunter von Frank Liske, vom Landesamt für Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft. Ihnen wird vorgeworfen, die Proteste zu nutzen, um im Grunde demokratiefeindliche Narrative unter ihr Publikum zu bringen. Nicht immer tun sie das selbst, oft sind auch Gastredner aus dem Querdenken- oder rechtsextremen Milieu eingeladen. Immer wieder sehnen Liske und andere Redner zum Beispiel das Ende der sächsischen oder auch der Bundesregierung herbei. Bei Ministerpräsident Michael Kretschmer sind Frank Liske und die Görlitzer Montagsdemo schon länger ein Begriff: Regelmäßig fordert Liske zum Beispiel, Kretschmer müsse für seine Politik, vor allem während der Corona-Pandemie, zur Verantwortung gezogen werden. Beim von Katja Meier (Bündnisgrüne) geführten Justizministerium wusste man das offenbar nicht.

JVA-Mitarbeiter sorgten für Aufklärung

Alexander Melzer: Der Kampf gegen Extremismus sei dem Justizministerium ein wichtiges Anliegen. Jedoch: "Hinweise auf eine Verbindung von Herrn Liske zum extremistischen Milieu lagen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vor", schildert er. Die zwei Termine am 7. und 28. Oktober fanden statt. Die Kosten dafür liegen im mittleren vierstelligen Bereich, erklärt Melzer. Dann informierten Mitarbeiter der JVA Görlitz das Justizministerium über Liskes Hintergrund. Daraufhin sei das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet, das letzte Fahrsicherheitstraining abgesagt worden.

Bei Frank Liske waren die Ministeriums-Mitarbeiter dann doch wieder die "Feinde des Rechtsstaates": Ausgerechnet Mitarbeiter des Justizministeriums, so Liske in Dresden, hätten gegen geltende Gesetze verstoßen: Die Vertragskündigung sei wegen Formfehlern angeblich "null und nichtig". Für ihn scheint die Geschichte noch nicht vorbei: "Das heißt, das Staatsministerium wird wohl bezahlen müssen", wohl auch den dritten Kurs und seine Anwaltskosten.