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Eine Frau an der Spitze von Becker Umweltdienste

Sabine Lehmann löste den bisherigen Leiter der Niederlassung in Reichenbach ab. Dazu brauchte sie keine Quote.

Von Constanze Junghanß
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Sabine Lehmann ist in Reichenbach Chefin von fast 50 Mitarbeitern.
Sabine Lehmann ist in Reichenbach Chefin von fast 50 Mitarbeitern. © Constanze Junghanß

Zum Jahresbeginn gab es bei Becker Umweltdienste in Reichenbach einen Wechsel an der Führungsspitze. Sabine Lehmann löste den bisherigen Geschäftsstellenleiter Frank Wenke ab.

Die 32-Jährige studierte an der Hochschule Zittau Biotechnologie, ist seit zehn Jahren im Unternehmen dabei, begann im Vertriebsaußendienst ihre Laufbahn. Und ist nun Chefin der Niederlassung in Reichenbach und damit für fast 50 Mitarbeiter zuständig. „Bei unserem Unternehmen gibt es sehr viele Frauen in Führungspositionen“, sagt die Mutter eines Kindes. In den 15 Niederlassungen der Becker Umweltdienste, Gruppe Chemnitz, stehen neun Frauen an der Spitze. Eine Quote noch über dem Durchschnitt im Freistaat.

Das sächsische Wirtschaftsministerium informierte Anfang dieser Woche darüber, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Freistaat mit 32 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Und auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Sächsinnen ist mit einer Quote von 65,9 Prozent die höchste im Bundesgebiet. Der Bundesschnitt liegt bei 59,2 Prozent, heißt es seitens des Ministeriums.

Katja Meier, als sächsische Justizministerin auch für die Gleichstellung zuständig, sieht es als notwendig an, „Stereotype aufzubrechen, was die Berufswahl angeht. Weibliche Vorbilder sind da sehr wichtig.“ Die Ministerin mahnt aber auch an, Frauen besser zu ermöglichen, am Erwerbsleben teilzunehmen und das Gleiche wie ihre männlichen Kollegen zu verdienen.

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Für Sabine Lehmann sind Quoten inklusive der politischen Debatte kein Thema. Sie steht bereits ihre Frau, schlüpft aus den Büroschuhen schon mal in die Gummistiefel, wenn das notwendig ist. Auf ihrem Schreibtisch stehen vier durchsichtige Glasbehälter. „Filterschlamm, Farbpulver aus einer Beschichtung, Lösungsmittel, Metallpulver“, erklärt sie. Praxis vor den Augen zwischen Computer und Aktenbergen. Das Praktische liegt ihr, das mag sie nicht missen. Auch und gerade nicht in einer Führungsposition. „Ich brauche die Abwechslung, bin gern unter Leuten und lerne täglich Neues dazu“, sagt sie.

Sie bleibt auch als Filialchefin für einen der größten Arbeitgeber in Reichenbach bodenständig. „Respekt verschafft man sich durch Taten“, ist Erfahrung der Gersdorferin. Sicher, als Frau habe man in einer Führungsposition manchmal eine andere Sicht auf die Dinge, sei emotionaler, sagt sie. Doch das schließe die Leitung eines Betriebes keinesfalls aus. Dass sie weiter mit auf Baustellen fährt, anpackt, wenn das gebraucht wird und den Spagat zwischen familiär geprägtem Betriebsklima und Vorgesetztenverhältnis aushält, gehört für die Niederlassungsleiterin zur Normalität.

Beim Stichwort Familie muss sie auch ein wenig schmunzeln: Becker Umweltdienste hat nämlich einen nicht unwesentlichen Anteil an ihrer Ehe. Ihren Mann René hat sie im Betrieb kennengelernt, ist seit vier Jahren glücklich mit ihm verheiratet. Das berufliche bleibt jedoch im Betrieb. „In der Freizeit sind wir gern in der Natur in unserer schönen Oberlausitz unterwegs“ verrät sie.

Der Job jedoch fordert alle Mitarbeiter, denen sie „großen Respekt zollt.“ Abwechslungsreich und verantwortungsvoll seien die Aufgaben des Unternehmens, haben bei Weitem nicht nur mit der Bereitstellung von Containern oder der Müllsammlung zu tun. Bis nach Dresden zu verschiedenen Instituten werden die Becker Umweltdienste Reichenbach gerufen, um da beispielsweise Proben und Materialien aus der Forschung für die Entsorgung abzuholen, zu prüfen und anschließend in Sonderabfallverbrennungsanlagen deutschlandweit zu verteilen. Medizinischer Abfall ist nicht dabei, chemischer schon.

Bereits zu DDR-Zeiten befand sich auf dem Areal an der Paulsdorfer Straße das Agrochemische Zentrum für die Landwirtschaft. Für die Region sind die Becker Umweltdienste ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb für die Menschen im Ort. Sabine Lehmann will auch in diesem Jahr drei Azubis einstellen und hat keine Probleme, Interessenten zu finden. Die ersten Bewerbungen für die Ausbildungen im Büro, Lager und als Berufskraftfahrer liegen bereits auf ihrem Tisch.