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Verkauf der Hirschfelder Spinnerei: Einwohnerversammlung gefordert

Die Pläne des Kreises im Technischen Ausschuss sind am Dienstag nicht aufgegangen. Nun müssen alle Kreisräte über den Verkauf der Immobilie entscheiden.

Von Susanne Sodan
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Der Umgang mit der alten Flachsspinnerei im Zittauer Ortsteil Hirschfelde ist auch noch umstritten, nachdem der Kreis sie nicht mehr als Asylheim nutzen will.
Der Umgang mit der alten Flachsspinnerei im Zittauer Ortsteil Hirschfelde ist auch noch umstritten, nachdem der Kreis sie nicht mehr als Asylheim nutzen will. © Rafael Sampedro

Zu dem vom Kreis geplanten Verkauf der Alten Flachsspinnerei werden zunehmend Stimmen laut. Wie Jens Hentschel-Thöricht von der Linksfraktion des Görlitzer Kreistages mitteilt, habe er bei Landrat Stephan Meyer um eine Einwohnerversammlung in Hirschfelde gebeten, um die Meinungen der Einwohner zu dem Verkauf einzuholen und über das Nutzungskonzept der Freien evangelischen Gemeinde Görlitz(FeG) für die Flachsspinnerei zu sprechen. Wie der Landkreis der SZ mitteilte, liege ihm aber noch kein schriftliches Nutzungskonzept vor.

Der Kreis beabsichtigt, die Industriebrache an die FeG für 200.000 Euro zu verkaufen. Im Technischen Ausschuss am Dienstag ist der Plan allerdings auf unerwartete Hürden gestoßen. Vier Kreisräte von den Freien Wähler und der SPD hatten beantragt, dass der gesamte Kreistag über den Verkauf beraten und entscheiden soll, vermutlich am 27. März.

"Das Objekt ist bekannt", so Wirtschaftsdezernent Thomas Gampe im Technischen Ausschuss, "weil wir dort ursprünglich eine temporäre Asylunterkunft einrichten wollten." Nach heftigen Protesten nahm der Kreis Abstand davon. Eine andere Nutzung der Alten Flachsspinnerei sehe der Kreis nicht, schilderte Gampe, daher wurde die Liegenschaft ausgeschrieben. Allerdings beruft sich der Kreis bei dem Kaufpreis von 200.000 Euro auf ein Wertgutachten von 2017. Ein solches Gutachten dürfe aber nicht älter als 12 Monate sein, erklärte Steffen Ain von den Freien Wählern. Außerdem geht es um die Frage, ob die Liegenschaft unter Wert verkauft wird. Davon gehe er bei der Größe und dem Preis sogar fast aus, so Ain.

Zweifel an Wertgutachten von 2017

Die Alte Flachsspinnerei selbst hat eine Größe von rund 5.200 Quadratmetern, insgesamt geht es um knapp 12.500 Quadratmeter. Die Bodenrichtwerte hätten sich seit 2017 mit Sicherheit verändert, so Ralf Brehmer von der SPD, "daher gehe ich davon aus, dass ein Wertgutachten von 2017 nicht mehr relevant ist." Ein Objekt unter Wert zu verkaufen könne sich der Kreis mit Blick auf den Haushalt nicht leisten.

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Mehrere Kreisräte von AfD und CDU/FDP plädierten dagegen für eine Entscheidung im Technischen Ausschuss. Der Kreis müsse so viel in die Liegenschaft investieren, so Hajo Exner von der AfD. "Ich bin eher der Meinung, wir können froh sein, wenn wir es jetzt für 200.000 Euro loswerden." Er wolle die Alte Flachsspinnerei nicht geschenkt bekommen. Auch er habe kein Verständnis für die Verzögerung, so Andreas Zimmermann von der CDU. "Wie oft ist das Objekt schon ausgeschrieben worden?" Und wie viel Geld habe der Kreis in dieses Objekt schon zur Instandhaltung gesteckt? Fragen, die die Kreisverwaltung für den Kreistag klären soll, um Zweifel auszuräumen. Um dem Kreistag eine Empfehlung geben zu können, stimmte der Technische Ausschuss dennoch über den Verkauf ab, 10 Ja-Stimmen standen drei Enthaltungen gegenüber.

Die Unterhaltung der Alten Flachsspinnerei habe "deutliche Kosten verursacht", so Thomas Gampe. Ein Nicht-Verkauf schade dem Landkreis, "und nicht umgekehrt." Mit dem Interessenten, also der FeG, sei man schon länger im Gespräch. Diese wolle auch keine Asylunterkunft einrichten, sondern Familienfreizeiten anbieten. Das sei auch in Hirschfelde positiv aufgenommen worden. Statt in der Flachspinnerei sollen die Kapazitäten für Geflüchtete bei einer bestehenden Zittauer Asylunterkunft erweitert werden, bestätigte Gampe auf AfD-Nachfrage. Es seien auch keine anderen Standorte jenseits des Unterbringungskonzeptes, das der Kreistag voriges Jahr beschloss, vorgesehen.

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Ein anderes Thema im Technischen Ausschuss war die neue Straßenmeisterei. Für diese kauft der Landkreis ein nahezu ebenso großes Grundstück wie das der Alten Flachsspinnerei von der Stadt Löbau, zu einem mehr als doppelt so hohen Preis, 480.000 Euro. Das Grundstück liegt zwar in einem Gewerbegebiet, ist allerdings nicht bebaut. Skepsis gegenüber dem geplanten Verkauf der Flachsspinnerei war bei einigen Kreisräten bereits vor einigen Tagen aufgekommen. Im Februar war das Grundstück online ausgeschrieben worden, allerdings blieb nur sehr kurze Zeit für Interessenten, sich zu melden. Letztlich bewarb sich für das Mindestgebot von 200.000 Euro nur die Freie evangelische Gemeinde, die wegen ihres Pastors Eugen Böhler in der Kritik steht.