Anwohnerin verfolgt Blockhausbrücken-Bau genau

Wenn sie an die Anlieferung der neuen Fußgängerbrücke am Görlitzer Blockhaus vor zwei Wochen denkt, ist Doris Grönnert noch immer fasziniert. „Ich hatte mit einer Holzbrücke gerechnet, die vor Ort zusammengebaut wird“, sagt die Anwohnerin: „Dann aber wurde die Brücke aus Aluminium im Ganzen angeliefert.“
Der LKW fuhr rückwärts über die Goethestraße ein, die Brücke hing an einem riesengroßen Kran, berichtet sie: „Das habe ich stundenlang beobachtet.“ Anfangs habe sie mit anderen unten vor dem Haus gestanden: „Nachts habe ich dann von oben weiter fotografiert.“ Sie nutzt dafür immer ihr Telefon, keine teure Kamera. Eines ihrer Bilder ist in diesem Artikel zu sehen.

Die 77-Jährige hat die Baustelle so gut im Blick wie kaum jemand sonst: In der Blockhausstraße wohnt sie direkt daneben – im obersten Stockwerk. Es dürfte die schönste Wohnung im Haus sein. Doris Grönnert freut sich noch heute, dass vor zehn Jahren, als sie mit ihrem damals sehr pflegebedürftigen Mann das eigene Haus aufgab und eine passende Wohnung mit Aufzug suchte, ausgerechnet diese schöne Wohnung frei war: „Das war ein richtiger Glücksfall.“
Von Küche und Wohnzimmer blickt sie nicht nur auf die Brücke, sondern auch über die Neiße und auf das Riesengebirge in seiner vollen Länge. Vom Balkon am Schlafzimmer sieht sie sowohl die Landeskrone als auch die Kirchtürme im Stadtzentrum – und zwischen beidem in der Ferne die Königshainer Berge. „Da gibt es oft so schöne Sonnenuntergänge, die fotografiere ich auch sehr gern“, berichtet sie.
Aber stört sie nicht der Lärm der Baustelle? Doris Grönnert schüttelt den Kopf. Klar, als die alte Blockhausbrücke im Juli abgerissen wurde, schepperten die Gläser im Schrank. Aber sie ist nachts wach geblieben, hat das Geschehen aus luftiger Höhe beobachtet. „Warum sollte man da schlafen“, sagt sie: „Das ist doch einmalig.“ Auch voriges Wochenende liefen nachts Arbeiten, berichtet sie: „Seither ist aber gar nichts mehr passiert, die ganze Woche jetzt ist Ruhe.“ Sie hat gehört, dass es am Baustoffmangel liegen soll. „Wenn früher das Kraftwerk so gebaut worden wäre, wäre es heute noch nicht fertig“, sagt sie.

Was sie ebenfalls weiß: Der Bau soll nun doch nicht planmäßig Ende 2022 fertig werden, sondern sich bis ins Jahr 2023 hineinziehen: „Das haben wir sogar schriftlich bekommen.“ Doris Grönnert stört das nicht: Dann gibt es eben noch länger etwas zu beobachten und zu fotografieren. Schade nur, dass ihr Mann das alles nicht mehr erleben kann: „Er war Bauingenieur, für ihn wäre das sicher interessant gewesen.“ Doch Bruno Grönnert starb schon vor sechs Jahren. Seither hat seine Witwe auch kein Auto mehr, muss sich also nicht über die Verkehrssituation und die weggefallenen Parkplätze ärgern.
Von anderen weiß sie aber, dass es schwierig ist – nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Ältere mit Rollator. Um über die neue Fußgängerbrücke zu gehen, müssen sie um das Blockhaus herumlaufen. „Da gibt es einige steinige Stellen, die mit dem Rollator schwierig zu bewältigen sind“, weiß die gelernte Zahntechnikerin, die lange in der Lungenabteilung der Poliklinik als Schreibkraft gearbeitet hat. Sie selbst ist körperlich fit, hat deshalb keine Probleme mit dem Weg ums Blockhaus.
In den vergangenen Jahren hat sie sich verstärkt dem Malen zugewandt. Landschaften, vor allem aber Blumen gehören zu ihren Lieblingsmotiven. Und die Blockhausbrückenbaustelle? „Nein, die male ich nicht, die fotografiere ich nur.“ Bis 2023 wird sie wohl so viele Bilder gemacht haben, dass sie eine richtige Dokumentation herausgeben könnte. Aber darüber hat sie sich bisher noch keine Gedanken gemacht.