Görlitz
Merken

Warum Senioren die besten Kunden in Görlitzer Handyläden sind

Immer mehr Hochbetagte entdecken das Smartphone. Doch häufig sind Kinder und Enkel zu weit weg, um ihnen die Feinheiten zu erklären.

Von Ines Eifler
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Auch Senioren wie Arno Bergmann nutzen WhatsApp, um mit anderen in Kontakt zu sein. Darauf haben sich die Görlitzer Handyshops längst eingestellt. Dirk Hempel (r.) bietet sogar Bücher zum Thema an.
Auch Senioren wie Arno Bergmann nutzen WhatsApp, um mit anderen in Kontakt zu sein. Darauf haben sich die Görlitzer Handyshops längst eingestellt. Dirk Hempel (r.) bietet sogar Bücher zum Thema an. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Arno Bergmann ist in der glücklichen Lage, seine Familie vor Ort zu haben, und braucht nicht Hunderte von Kilometern zu überbrücken, um Kontakt zu seinen Kindern und Enkeln zu haben.

"Wir wohnen alle auf einem Haufen", sagt der 85-Jährige und lacht. Dennoch ist er froh, seit vielen Jahren ein Smartphone zu besitzen und darüber mit allen in Verbindung zu sein. "Da habe ich alles drauf, Kamera, Fotos, meine Kontakte, WhatsApp", sagt er, "mehr brauche ich nicht." Auch in mehreren Gruppen sei er Mitglied, in der des Lehrerchors zum Beispiel, mit Freunden, und mit seiner Familie tausche er gern Fotos aus. 2006 habe er sich sein erstes Mobiltelefon gekauft, seit 2010 nutze er ein Smartphone.

Andere Senioren haben mehr Berührungsängste im Umgang mit Smartphones. "Zu mir kommen immer noch Kunden, die sich ein konventionelles Mobiltelefon mit Tasten kaufen möchten, sich dann aber doch überzeugen lassen und aufs Smartphone umsteigen", sagt Dirk Hempel, der seinen Handyshop seit 2009 am Postplatz betreibt. Davor war er in einem der ersten Görlitzer Handyshops auf der Jakobstraße seit 1997 Filialleiter. Etwa die Hälfte seiner Kundschaft sind Senioren.

Bücher zu WhatsApp, Android und iPhone

"Mir ist es schon seit langer Zeit ein Anliegen, Menschen im höheren Alter an die Nutzung von Smartphones heranzuführen", sagt er. Denn oft sind Kinder oder Enkel, die ihnen die Technik erklären könnten, nicht vor Ort. "Dafür sind wir dann da." Viele seiner Kunden, wie auch Arno Bergmann, seien deshalb digital bereits gut vernetzt gewesen, als die Corona-Lockdowns persönliche Kontakte einschränkten und es wichtiger wurde, sich auf anderem Wege auszutauschen. "Jeder, der bei mir ein Smartphone kauft, kann sich ausführlich beraten lassen", sagt Hempel, "und ist nach Terminabsprache jederzeit willkommen, wenn er Fragen hat."

Für alle, die danach eine Gedankenstütze brauchen, bietet er seit Kurzem Bücher an, die den Umgang mit WhatsApp, mit Smartphone oder iPhone "für Senioren" kinderleicht Schritt für Schritt erklären. "Ich hatte schon lange nach so etwas gesucht", sagt Hempel, und als das Chemnitzer Lernzentrum für digitale Bildung nach regionalen Shops vor Ort als Vertriebspartner suchte, sagte er gern zu.

Älteste Kundin ist fast 100

Auch im Freenetshop auf der unteren Berliner Straße sind Menschen im hohen Alter eine sehr wichtige Klientel. "Das ist schon seit vielen Jahren so", sagt Inhaber Tommy Junge, der den Shop an dieser Adresse seit 2010 betreibt. "Unsere älteste Kundin ist fast 100!" Viele hätten begonnen, sich mit dem Smartphone zu beschäftigen, als sie merkten, dass sich manche Dinge ohne digitalen Zugang kaum noch erledigen lassen. "Allein das Onlinebanking war für viele ein Grund", sagt Tommy Junge.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

"Aber insgesamt werden diejenigen weniger, die sich überhaupt nicht mit Technik auskennen." Viele Senioren nutzten schon seit Jahren Smartphones und brauchten keine Beratung mehr. Das hänge auch vom früheren Beruf ab. "Jemand, der am Computer gearbeitet hat, kommt natürlich besser zurecht als jemand, der beruflich nichts damit zu tun hatte und schon lange im Ruhestand ist."

Dennoch gebe es noch genug, die sich Hilfe suchen und es schätzen, wenn ihnen ein Profi das Smartphone so einrichtet, dass nur die wichtigsten Apps auf dem Startbildschirm zu sehen sind: Anrufen, Kontakte, WhatsApp, Kamera und Fotos. "Es gibt auch eine spezielle Software, die eine vereinfachte Darstellung bewirkt", sagt Tommy Junge, "und die wir unseren Kunden gern aufspielen."

Bedienungsanleitung vermisst

Matthias Fechner, Leiter von "faro.shop" in der Straßburg-Passage, erinnert sich, dass früher auch Schulungen zu digitalen Geräten für Senioren in Görlitz angeboten wurden. "Aber nach meiner Erfahrung kommen auch ältere Smartphonenutzer nach einer eingehenden Beratung gut zurecht." Bücher zur Unterstützung biete er nicht an, auch wenn er wisse, dass viele Kunden eine echte Bedienungsanleitung zum Smartphone vermissen.

Er habe festgestellt, dass sich die meisten gern unter Freunden austauschen und einander Funktionen zeigen, die andere noch nicht entdeckt haben. Bei Fragen, die sich nicht klären lassen, bekämen auch seine Kunden jederzeit Rat in seinem Shop, das sei den meisten am liebsten. Das bestätigt auch Arno Bergmann: "Wenn ich Fragen habe, gehe ich einfach in den Laden und lasse mich beraten."