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Großenhain: Die Mustervilla wird nun bezogen

Daniel Erhardt hat die letzte verfallene Villa in der Großenhainer Herrmannstraße saniert. Sie ist etwas ganz Besonderes. Zwei Wohnungen sind noch zu haben.

Von Kathrin Krüger
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Bauherr Daniel Erhardt und Tochter Timna an einem schönen Jugendstilfenster. Die Erhardts wohnen neben der sanierten Villa, auch die Kinder halfen beim Bauen mit.
Bauherr Daniel Erhardt und Tochter Timna an einem schönen Jugendstilfenster. Die Erhardts wohnen neben der sanierten Villa, auch die Kinder halfen beim Bauen mit. © Kristin Richter

Großenhain. Dass die 13-jährige Tochter Timna Papa Daniel auf die Baustelle begleitet, ist nicht nur dem Pressetermin geschuldet. Timna nahm auch sonst mit ihrer Schwester Arielle die Maurerkelle in der Herrmannstraße in die Hand. Und hat die Heizkörpernischen ausgemauert. "Ich wollte das mal probieren", sagt die Schülerin, der die Bauarbeit durchaus gefallen hat. Denn am Computer spielt sie schon das Spiel Minecraft, wo es auch ums Konstruieren geht. Vor allem samstags ließen sich die Schwestern gern in der schönen Villa neben ihrem Wohnhaus sehen und halfen mit. Timna hat auch Kuchen für die Bauleute gebacken.

Viel Eigenleistung war tatsächlich nötig, um die letzte herrschaftliche Ruine auf der Herrmannstraße wieder zu einem Schmuckstück zu machen. Die denkmalgeschützte Villa Roch, Baujahr 1913, wurde von Familie Erhardt in den letzten zwei Jahren saniert und ist nun fertig für die ersten Mieter. Sieben Wohneinheiten entstanden in der Villa, die Baumeister Richard Roch einst zu einem Musterhaus gestaltete. "Mit schönen Details zeigte er damals seinen Kunden, was alles möglich ist", schwärmt Daniel Erhardt. Die Familie baute selbst nebenan neu und sah die Villa 20 Jahre verfallen. Dann fasste sich Daniel Erhardt 2018 ein Herz und kaufte das Gebäude, um es zu sanieren.

Ab Juli vermietet

Anfangs rechnete der Geschäftsführer von zwei Ladenbaufirmen in Ottendorf-Okrilla mit einer Investition von einer Million Euro. "Jetzt sind wir fast bei zwei Millionen Euro angelangt", konstatiert Daniel Erhardt. Der versierte Großenhainer machte vieles selbst, auch dank der Hilfe seiner Kinder. "Nur die statisch wichtigen Dinge und die Fachfirmen konnte ich natürlich nicht ersetzen", schmunzelt der Bauherr. Doch jetzt sind zwei Einheiten schon bezugsfertig und sind ab Juli vermietet. Von den sieben Wohnungen sind nur noch zwei frei: eine Vierraum-Maisonett- im Dachgeschoss und eine Einraumwohnung im Souterrain. Damit in deren Fenster genügend Licht kommt, wurde der Hof sogar tiefer gelegt, lässt Daniel Erhardt wissen.

Straßenansicht der denkmalgeschützten und nun sanierten Villa Roch in der Herrmannstraße.
Straßenansicht der denkmalgeschützten und nun sanierten Villa Roch in der Herrmannstraße. © Kristin Richter
Diesen bezeichnenden Erker in der ersten Etage bekamen Ladenbau-Lehrlinge als Auftrag.
Diesen bezeichnenden Erker in der ersten Etage bekamen Ladenbau-Lehrlinge als Auftrag. © Kristin Richter
Bei der Firma Schuppe in Ebersbach wurde diese Treppe neben dem Fahrstuhl hergestellt.
Bei der Firma Schuppe in Ebersbach wurde diese Treppe neben dem Fahrstuhl hergestellt. © Kristin Richter
Die historischen Bodenfliesen sollten laut Denkmalschutz im Treppenhaus wiederhergestellt werden. Das war sehr kostspielig.
Die historischen Bodenfliesen sollten laut Denkmalschutz im Treppenhaus wiederhergestellt werden. Das war sehr kostspielig. © Kristin Richter
Der Korbbogen dieses Fensters mit Blick zum Bahnhofsparkplatz war früher über einer Zwischendecke zugemauert.
Der Korbbogen dieses Fensters mit Blick zum Bahnhofsparkplatz war früher über einer Zwischendecke zugemauert. © Kristin Richter
Jugendstil-Schmuck an der Außenseite der Villa Roch. Sie entstand 1913, Roch war ein bekannter Baumeister.
Jugendstil-Schmuck an der Außenseite der Villa Roch. Sie entstand 1913, Roch war ein bekannter Baumeister. © Kristin Richter
Hier ließ sich Richard Roch mit seiner Frau an der Straßenseite nachbilden.
Hier ließ sich Richard Roch mit seiner Frau an der Straßenseite nachbilden. © Kristin Richter
Die rückwärtige Ansicht der Herrmannstraße 26. Bis 2020 war das Haus eine Ruine - die Letzte dieses herrschaftlichen Straßenzuges.
Die rückwärtige Ansicht der Herrmannstraße 26. Bis 2020 war das Haus eine Ruine - die Letzte dieses herrschaftlichen Straßenzuges. © Kristin Richter
Wieder aufgearbeiteter Stuck im Eingangsbereich.
Wieder aufgearbeiteter Stuck im Eingangsbereich. © Kristin Richter

Mit Marion und Michael Preibisch hat Daniel Erhardt zwei gute Großenhainer Bauplaner an der Hand, mit denen auch die hohen Auflagen des Denkmalschutzes umgesetzt werden konnten. Ob es der historische Eichenholz-Erker in der ersten Etage ist, wo Baumeister Roch wohnte und arbeitete, oder das wieder hervorgeholte Korbbogen-Fenster im Treppenhaus, durch das man auf die Gleisanlagen am Cottbuser Bahnhof schaut - Daniel Erhardt war bereit, sich auf diese teilweise aufwendigen Feinheiten einzulassen. "Besonders kostspielig sind die nachgebildeten Bodenfliesen", sagt der Großenhainer. Sie sind mit Rhomben verziert und nur teilweise erhalten. Die Denkmalpflege wollte, dass sie überall wieder so hergestellt werden. Sie mussten aufwendig zurechtgeschnitten und den historischen Stücken nachgebildet werden.

Acht Euro Nettokaltmiete

Daniel Erhardt ließ sich das was kosten, vieles wäre rein rechnerisch nicht wirtschaftlich, sagt er. Doch auch die Mieter tragen diesen Luxus mit. Der Quadratmeterpreis der monatlichen Kaltmiete liegt in der Villa bei acht Euro. Das ist gehobener Luxus. Wichtig war dem Bauherren allerdings auch, regionale Firmen zu beschäftigen. Treppenbauer aus Ebersbach, Fensterbauer aus Reinersdorf, Großenhainer Stahl- und Balkonbauer, Meißner Roh- und Trockenbauer, Großenhainer Maler - Daniel Erhardt wählte bewusst aus. Bei einem besonderen Bleiglasfenster im typischen Reform-Jugendstil war er auf eine Firma aus dem Spreewald angewiesen. "Sie hat das Buntglas für den Wärmeschutz und leichte Reinigung zwischen die Isolierglasscheiben gesetzt", erklärt Daniel Erhardt. Wenn Baumeister Roch das wüsste, wäre er stolz. Sicher auch darauf, wie die Statik als ständiges Problemthema für den Brandschutz gemeistert wurde. "Bestimmungen, die vor 100 Jahren galten, gelten heute halt nicht mehr", meint Daniel Erhardt augenzwinkernd.

Auch hatte er mit einem Wassereinbruch beim Fahrstuhlbau aus den Gesteinsschichten unter dem Fundament zu kämpfen. Doch die schönen Ausblicke, die die Villa vor allem aus dem Mansardgeschoss bietet, bauten den Großenhainer immer wieder auf. "Man sieht hier sogar den Feuerwachturm bei Ockrilla", schwärmt Daniel Erhardt. Für sein Blockheizkraftwerk verbraucht er zwar Gas. "Aber es ist den erneuerbaren Energien steuerlich gleichgestellt, denn es schaltet sich bei Dunkelflaute zu und dient mit einem Pufferspeicher der Netzwerkstabilisierung", erklärt er. Fußbodenheizung und Warmwasser werden damit bereitgestellt.

Noch ein wichtiges Detail erwähnt der Bauherr: Das Haus hatte einst das erste Rollladenfenster der Stadt. "Es wird im Dachgeschoss für die Zukunft aufbewahrt." Doch an den vielen Details und Schmuckelementen bis hin zu den freitragenden Balkonen erkennt man weiterhin, dass es sich hier um eine ganz besondere Villa handelt - die endlich wieder in voller Pracht strahlen darf.

  • Interessenten für die zwei noch verfügbaren Wohnungen (117 und 50 Quadratmeter) wenden sich an Weißflog Immobilien Riesa, Herrn Reitor.