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Großenhains Apotheken ächzen unter Lieferengpässen

Seit Wochen stockt der Nachschub bei bestimmten Medikamenten. Das Problem hat sich nun in Großenhain noch einmal zugespitzt. Zahlreiche Arzneimitteln sind trotz großer Bemühungen nicht mehr zu haben.

Von Catharina Karlshaus
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So noch nie da gewesen: Der Inhaber der Großenhainer Apotheke Kupferberg, Stefan Fuchs, blickt in fast leere Arzneimittelfächer. Vor allem Husten- und Fiebersäfte sind ein rares Gut.
So noch nie da gewesen: Der Inhaber der Großenhainer Apotheke Kupferberg, Stefan Fuchs, blickt in fast leere Arzneimittelfächer. Vor allem Husten- und Fiebersäfte sind ein rares Gut. © Norbert Millauer

Großenhain. Inzwischen kann sie der Situation auch eine angenehme Seite abgewinnen. In den teilweise leeren Regalen und frei stehenden Flächen lasse sich jetzt zumindest gut Staub wischen. Kerstin Boragk macht dabei keinen Hehl daraus, dass es sich im besten Fall um Galgenhumor handelt, den sie angesichts der sich weiter verschärfenden Verhältnisse an den Tag legt. "Ich arbeite inzwischen mit vier statt bisher zwei Großhändlern zusammen, um überhaupt an die Medikamente zu kommen", beklagt die Inhaberin der Großenhainer und Gröditzer Löwen-Apotheke.

Nichtsdestotrotz sei mindestens ein Mitarbeiter damit beschäftigt, sich den Bestellungen beziehungsweise den sogenannten Defekten, also nicht erhältlichen Mitteln, zu widmen. Am Dienstagnachmittag habe man allein 278 Medikamente nicht bestellen können, Tendenz eher steigend als fallend.

Bereits am 23. Dezember hatte sich Kerstin Boragk an die Sächsische Landesapothekerkammer gewandt und auf die prekäre Versorgungslage aufmerksam gemacht. Da Ibuprofen- und Paracetamol-Saft ebenso wenig vorhanden gewesen wären wie Zäpfchen und wichtige Antibiotika, befürchtete die Apothekerin, den 24-stündigen Notdienst für das Einzugsgebiet Großenhain nicht sicherstellen zu können. Immerhin seien gerade jetzt viele Röderstädter und Bewohner der Region von schweren Infekten, Erkältungskrankheiten und grippalen Infektionen betroffen.

Fiebersäfte und Antibiotikum fehlen

Ein Umstand, der sich keineswegs geändert habe - und sich die Lage am Medikamentenmarkt offenbar noch verschärft hat. Neben den Fiebersäften für Kinder und Antibiotika fehlten auch Mittel, welche im Rahmen einer Krebserkrankung eingesetzt würden, und weiterhin Blutdrucksenker. "Es ist wirklich sehr kritisch! Wir verzeichnen einen Bestand von gut 5.000 Arzneimitteln, von denen 650 mittlerweile nicht mehr erhältlich sind", bekennt Stefan Fuchs.

Wie der Inhaber der Kupferberg-Apotheke erklärt, gebe man sich alle erdenkliche Mühe, die entsprechenden Präparate für die Patienten zu schaffen. Ein zeitlicher Mehraufwand, der sich einerseits erheblich aufs personelle Tagesgeschäft niederschlage und andererseits nicht immer von Erfolg gekrönt sei. Gerade im Fall von Husten- und Fiebersaft stünden die Chancen momentan sehr schlecht. Man müsse ausweichen auf die Gabe von Tabletten, zumeist in Absprache mit den behandelnden Ärzten, was wiederum für alle Beteiligten zusätzlichen Aufwand bedeute.

Eine schwierige Versorgungssituation, die seit Monaten allgemein bekannt ist. Mit einem Schreiben hatten sich zuletzt die Präsidenten der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, der Landeszahnärztekammer Sachsen, Dr. Thomas Breyer, sowie der Sächsischen Landesapothekerkammer, Friedemann Schmidt, an Sozialministerin Petra Köpping gewandt. Wie sie betonten, sei die bisherige Position der Gesundheitspolitik, nach der durch die fehlenden Arzneimittel keine Engpässe entstehen würden, schon lange durch die Realität überholt worden.

Keine Zutaten zur Herstellung von Rezepturen

Der Ratschlag etwa, beispielsweise fehlende Kinderarzneimittel selbst herzustellen, wäre zuweilen regelrecht absurd. Denn was bereits seine Branchenkollegin Kerstin Boragk vor zwei Wochen zu bedenken gab, bekäme auch Stefan Fuchs in diesen Januartagen zu spüren. "Um Rezepturen herzustellen, bedarf es doch erst einmal der notwendigen Zutaten. Aber da weder Paracetamol noch Ibuprofen lieferbar sind, ist es abgesehen von der nötigen Zeit dafür gar nicht möglich, selbst aktiv zu werden", gibt Stefan Fuchs kopfschüttelnd zu bedenken.

Wie sich nun die kommenden Wochen entwickeln, können Großenhains erfahrene Apotheker freilich nicht vorhersehen. Sollte die Erkältungswelle jedoch noch einmal richtig Fahrt aufnehmen, wäre Großmutters Butterbrustwickel oder heiße Kartoffeln möglicherweise die rettende Alternative - zum chronisch fehlenden Hustenpräparat.