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"Ich werde oft mit meinem Bruder verwechselt"

Jan Quenstedt sieht aus wie Großenhains Wirtschaftsförderer Tom. Jetzt ist er evangelischer Vikar in der Stadt. Das war so gar nicht geplant.

Von Kathrin Krüger
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Tom Quenstedt (l.) ist der Wirtschaftsförderer der Stadt Großenhain. Sein jüngerer Bruder Jan ist derzeit Vikar an der Kirchgemeinde Großenhainer Land.
Tom Quenstedt (l.) ist der Wirtschaftsförderer der Stadt Großenhain. Sein jüngerer Bruder Jan ist derzeit Vikar an der Kirchgemeinde Großenhainer Land. © Kristin Richter

Großenhain. Er trägt den Bart und sein Haupthaar wie sein großer Bruder. Er ist auch so bedächtig wie der zwölf Jahre ältere Tom, der Wirtschaftsförderer von Großenhain. Doch Jan Quenstedt, Jahrgang 1988, wurde Theologe, nicht Betriebswirt. Trotzdem hat es ihn jetzt, wie seinen Bruder, wieder in die alte Heimat Großenhain verschlagen - als Vikar der evangelischen Kirche.

Ein Vikar ist das, was ein Referendar unter den Lehrern ist: ein studierter Anwärter auf diesen Beruf in der praktischen Vorbereitung. Jan Quenstedt begann sein Vikariat im September 2020 eigentlich in Zeithain. Dort war Pfarrerin Skriewe-Schellenberg seine Mentorin. Doch die wechselte in die Militärseelsorge. Jan Quenstedt brauchte also einen neuen Mentor. Und fand ihn in Pfarrer Konrad Adolph in Großenhain. Der Vikar wohnt jedoch weiterhin in Riesa - denn dort ist seine Frau Luise-Catharina schon Pfarrerin.

"Als ich im Oktober 2007 mein Studium in Leipzig begann, habe ich es mir nicht erträumt, eines Tages wieder in bekannte Gefilde zurückzukehren", sagt Jan Quenstedt. Bis Februar nächsten Jahres ist das erst mal gesetzt. Doch der gebürtige Großenhainer kennt zwar manche Gesichter noch. Er müsse sich aber erst mal hier wieder einfühlen, meint er. Er darf an Gottesdiensten, Trauungen und Beerdigungen mitwirken, nicht aber taufen und das Abendmahl austeilen. Noch binden ihn vorrangig Ausbildungskurse am Predigerseminar.

Im Mai sei dann die Kursphase zu Ende, dann bleibt es nicht nur bei Gesprächen zwischen Tür und Angel. Jan Quenstedt versucht schon jetzt, auf Menschen zuzugehen, ihre aktuellen Sorgen und Nöte wahrzunehmen, ohne Scheuklappen und vorurteilsfrei zuzuhören. Stichwort Montagsspaziergänge. "Da schaue ich mit Spannung drauf", sagt er. In Riesa würden diese Spaziergänge vor dem Pfarrhaus starten, wo die Quenstedts wohnen. Als Kirchenmann will der Vikar eigene Angebote machen, eine Heimat in schwierigen Zeiten bieten, "besonders, wenn Veränderungen anstehen". Das gelte für alle Altersgruppen. Als Vikar könne man vieles ausprobieren, "ohne die volle Verantwortung zu tragen". Jan Quenstedt will gemeinschaftsstiftend wirken.

Den 33-Jährigen beeindruckt es, wenn Menschen ein Leben lang ihrem Ort verbunden geblieben sind. "Dann wohnen die Leute anders miteinander, haben ganz andere Biografien als moderne, flexible Menschen. Dann ist bei einer Beerdigung die Kirche noch voll", hat Quenstedt festgestellt. Doch auch junge Gläubige sind für die Stabilität der Gemeinden wichtig. Man könne sie nur binden, wenn zum Beispiel Bibeltexte für heutige Ansichten und Bedürfnisse ausgelegt werden. Jan Quenstedt bereitet gerade die Großenhainer Bibelwoche im Frühjahr mit vor. Er will selbst einen Abend auf diese Weise halten.

Wer stabile Bindungen zur Kirche aufbauen will, muss sich aber auch selbst bekennen. "Wir wollen in der Region bleiben", sagt der jetzige Riesaer. Wohin er in seine erste Pfarrstelle entsandt wird, kann er aber noch nicht abschätzen. Vorerst engagiert er sich vor allem in Riesa. Dort singt er als Bass in der Kantorei. "Musik ist mein Hobby, ich hab meine musikalische Grunderziehung in Großenhain bei Kantor Jänke erhalten", ist Jan Quenstedt stolz. Gern läuft er auch an der Elbe entlang. "Das könnte man auch entlang an der Röder in Großenhain", sagt er. Es klingt noch etwas zaghaft. So ganz ist der gebürtige Großenhainer nicht wieder in seiner Geburtsstadt angekommen. Auch wenn ihn viele als einen Quenstedt sofort erkennen.