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Moderner Sechskampf in Hoyerswerda

Die Landeszentrale für Politische Bildung lud zum Wahlforum mit Bundestags-Direktkandidaten ins Bürgerzentrum.

Von Uwe Jordan
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Bundestags-Wahlforum am Mittwoch in der Hoyerswerdaer KulturFabrik: Podium gleich in Volks- sprich Publikumsnähe.
Bundestags-Wahlforum am Mittwoch in der Hoyerswerdaer KulturFabrik: Podium gleich in Volks- sprich Publikumsnähe. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Gelinde Enttäuschung am Eingang: Unter den sechs Themenkomplexen, die in der Hoyerswerdaer KulturFabrik hätten diskutiert werden können und von denen die Zuhörer in spe mittels Aufkleben der drei ihnen zugestandenen roten Punkte drei auswählen sollten, waren genau die zwei nicht enthalten, die die Hoyerswerdaer derzeit wohl am am meisten bewegen: „Kohleausstieg 2038“ und, wenn es denn so kommt, „Verwendung der Strukturwandelgelder“.

Aber der Hoyerswerdaer weiß sich über Umwege zu helfen, in denen der begehrte Kern steckt: Aus wählte er „Klima, Umwelt, Landwirtschaft“ (65 Stimmen), „Wirtschaft, Finanzen, Steuern“ (53) und "Wohnen, Verkehr, Stadt und Land" (38). Auf der Strecke blieben „Außenpolitik der EU“, „Innenpolitik, Demokratie, innere Sicherheit, Integration“ sowie „Digitalisierung und Datenschutz“; wobei Thema zwei über Seitenpfade dennoch Eingang in die Diskussion des Mittwoch-Abends fand.

75 Besucher waren letztlich im Großen Saal versammelt; es waren noch mehr Interessierte – aber Corona setzte eine Grenze. Eingeladen zu diesem Forum hatte die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen. Im Podium saßen die sechs Direktkandidaten der Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind und es am 26. September bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag schaffen wollen, im Wahlkreis 156 (Bautzen I) das Direktmandat zu erringen. Jeder hatte seine Strategie, auf Fragen der Moderatorinnen Lisa Posch und Alexandra Gerlach und/oder die anschließenden Publikums-Fragen am Offenen Mikrofon zu antworten.

Roland Ermer, Bäckermeister aus Bernsdorf (CDU), glänzte mit burschikosen Sprüchen, volkstümlichen Bildern und einleuchtenden Beispielen zur Erläuterung dessen, was er im Bundestag zu tun oder zu unterlassen gedenke.

Sein Gegenspieler, dem er 2017 bei der Bundestagswahl unterlegen war, der AfD-Mann Karsten Hilse, präsentierte nüchtern-treffende Analysen des Zustands der Republik; zeigte sich emotional als „wahrer Vertreter des Volkes“ hie, anderseits als illusionsloser Realist mit einfachen, durchaus nicht einfältigen Lösungsansätzen.

Kathrin Michel (SPD) setzte auf das Modell der Kümmererin; gab durchaus sympathisch zu, an einigen tiefendetailverschärften Themen ein genaueres Bild gewinnen zu müssen, ehe sie ein „So machen wir es“ aussprechen könne. Generell aber seien ihre 33 Jahre Erfahrung in der Wirtschaft, unbelastet von politischen Zwängen, keine schlechte Ausgangsbasis, „Brückenbauerin“ sein zu können.

Caren Lay (Die Linke), bereits etabliert im Bundestag, zeigte sich als engagierte Kämpferin für soziale Gerechtigkeit; sei es nun bei der Mietpreisbremse (die sie bejahte), der Beschäftigungsgarantie für vom Kohle-Ausstieg Betroffene oder einem perspektivisch gesehen „kostenlos zu nutzenden Öffentlichen Personennahverkehr“.

FDP-Mann Matthias Schniebel gab sich kompromisslos als Anhänger der Marktwirtschaft und des Unternehmertums (samt der entsprechenden Forschung), die/das, wenn man es nur ließe, schon bald technologische und folgend gesellschaftsorganisierende Lösungen für Deutschlands Probleme auf den Tisch legen könnten.

Lukas Mosler (Bündnis 90/ Grüne), weit Jüngster des Kandidaten-Sextetts (23), bemühte sich um eine Synthese aus Zielen der Bundespartei (allen voran „Gestaltung“ des Klimawandels) und lokalen Befindlichkeiten sowie basisdemokratischer Gerechtigkeit („ich will die Leute mitnehmen, sie einbeziehen...“).

Was trotz aller harten Kontroversen und gelegentlicher Angriffe auf „die Partei“ des Gegenübers auffiel: Persönliche, schmutzige Übergriffe blieben an diesem Abend komplett aus. Das kann man als „langweilig“ werten; es zeigt aber, wie politische Auseinandersetzung auch geht.

Wer das Hoyerswerdaer Forum verpasst hat: Dieselbe Runde trifft sich am 21. September (ein Dienstag) noch einmal in Bautzen (19 - 21 Uhr/Deutsch-Sorbisches Volkstheater, Seminarstraße 12); dann wird die Diskussion auch auf Facebook und Youtube übertragen.

Erklärung: Sächsische.de zur Wahl und zur AfD

Karsten
Hilse
(AfD): "Wir wollen aus dem Kohleausstieg aussteigen. Der vernichtet 25.000 Arbeitsplätze und bringt dem Klima nichts. Gar nichts. Außerdem glaube ich, dass Geld da ist, nur falsch eingesetzt wird: 50 Milliarden Euro für Migration, 40 für die EU, 35 für den «Klimawandel» ... und, und, und ..."
Karsten Hilse (AfD): "Wir wollen aus dem Kohleausstieg aussteigen. Der vernichtet 25.000 Arbeitsplätze und bringt dem Klima nichts. Gar nichts. Außerdem glaube ich, dass Geld da ist, nur falsch eingesetzt wird: 50 Milliarden Euro für Migration, 40 für die EU, 35 für den «Klimawandel» ... und, und, und ..." © Gernot Menzel
Lukas
Mosler
(Bündnis 90/Grüne): "Um den Klimawandel finanziell zu befördern, braucht es gar nicht mal das Bündnis 90/ Die Grünen, sondern nur den Markt: Ein CO2-Zertifikat über eine Tonne Ausstoß kostet heute schon 60 Euro ... Wir setzen als Brückentechnologie auf «schnelle» Gaskraftwerke."
Lukas Mosler (Bündnis 90/Grüne): "Um den Klimawandel finanziell zu befördern, braucht es gar nicht mal das Bündnis 90/ Die Grünen, sondern nur den Markt: Ein CO2-Zertifikat über eine Tonne Ausstoß kostet heute schon 60 Euro ... Wir setzen als Brückentechnologie auf «schnelle» Gaskraftwerke." © Gernot Menzel
Roland
Ermer
(CDU): "Subventionen wie die Erneuerbare-Energien-Zwangsabgabe führen immer zu Mitnahme-Effekten, verhindern Innovationen und zeitigen Misserfolge ... Es gibt Technologien für Energiespeicherung, wenn man sie nur will. Aber ein Windrad in jedem Garten – will das wirklich wer?"
Roland Ermer (CDU): "Subventionen wie die Erneuerbare-Energien-Zwangsabgabe führen immer zu Mitnahme-Effekten, verhindern Innovationen und zeitigen Misserfolge ... Es gibt Technologien für Energiespeicherung, wenn man sie nur will. Aber ein Windrad in jedem Garten – will das wirklich wer?" © Gernot Menzel
Caren
Lay
(Die Linke): "Beim Kohleausstieg fordern wir Beschäftigungsgarantien für Betroffene. Und ein Umdenken beim Einsatz der Strukturwandelgelder. Die dürfen nicht für Lieblingsprojekte des (sächsischen, d. Red.) Ministerpräsidenten und Forschungszentren am Rande von Berlin fließen."
Caren Lay (Die Linke): "Beim Kohleausstieg fordern wir Beschäftigungsgarantien für Betroffene. Und ein Umdenken beim Einsatz der Strukturwandelgelder. Die dürfen nicht für Lieblingsprojekte des (sächsischen, d. Red.) Ministerpräsidenten und Forschungszentren am Rande von Berlin fließen." © Gernot Menzel
Matthias
Schniebel
(FDP): "Wir setzen auf alternative Kraftstoffe und neue Speichertechnologien für Energie. DAS und vor allem die Forschung dazu müssen wir subventionieren – und nicht «erneuerbare Energien», die die Versorgungssicherheit in Frage stellen und energie-intensive Industrien abschrecken."
Matthias Schniebel (FDP): "Wir setzen auf alternative Kraftstoffe und neue Speichertechnologien für Energie. DAS und vor allem die Forschung dazu müssen wir subventionieren – und nicht «erneuerbare Energien», die die Versorgungssicherheit in Frage stellen und energie-intensive Industrien abschrecken." © Gernot Menzel
Kathrin
Michel
(SPD): "Warum ich auf die Frage zum Thema «Schuldenbremse – ja oder nein?», anders als unser Kanzlerkandidat und jetziger Finanzminister Olaf Scholz («ab 2023» wieder dafür, d. Red.), mit «Enthaltung» geantwortet habe? Weil ich nicht nur in einer Partei, sondern auch Mensch bin."
Kathrin Michel (SPD): "Warum ich auf die Frage zum Thema «Schuldenbremse – ja oder nein?», anders als unser Kanzlerkandidat und jetziger Finanzminister Olaf Scholz («ab 2023» wieder dafür, d. Red.), mit «Enthaltung» geantwortet habe? Weil ich nicht nur in einer Partei, sondern auch Mensch bin." © Gernot Menzel