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Mit Sächsisch zu 300.000 TikTok-Followern

"JustSayEleanor" vermarktet als Influencerin erfolgreich ihre sächsische Muttersprache. In ihrer Heimat kann das allerdings zu Missverständnissen führen.

Von Henry Berndt
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JustSayEleanor ist eine erfolgreiche Influencerin - auf inzwischen vier Plattformen.
JustSayEleanor ist eine erfolgreiche Influencerin - auf inzwischen vier Plattformen. © JustSayEleanor

Dresden. Nu gugge ma da, de Eleanor hat was Neues rausgehauen! Auf ihrem Kanal auf der Onlineplattform TikTok lädt die 21-Jährige jeden Tag kurze Clips hoch, in denen sie ihr feinstes Sächsisch zum Besten gibt. Die ungewöhnliche Kombination aus einem wirklich herben Dialekt und einem engelsgleichen, stets perfekt gestylten Antlitz kommt bei den Nutzern an. Innerhalb weniger Monate sammelte sie mit ihren Sächsisch-Videos auf TikTok über 300.000 Follower.

"JustSayEleanor", so ihr voller Name in der virtuellen Welt, ist hauptberufliche Influencerin. Sie selbst nennt sich lieber "Content Creator", denn ihre Fans wollen immer neue Inhalte, sonst verlieren sie das Interesse. Und Interesse ist genau das, was die Auftraggeber sich wünschen, und wofür sie bezahlen.

Auf gleich vier sozialen Plattformen ist sie aktiv. Neben TikTok bespielt sie YouTube, Instagram und den Streaming-Dienst Twitch. Da stecke richtig viel Arbeit dahinter, betont sie. Eine Tatsache, die viele Spötter immer noch nicht erkennen würden. "Der gesellschaftliche Wandel bringt neue Berufsfelder mit sich, und das ist eines davon", sagt "JustSayEleanor", die wir einfach Eleanor nennen.

Anders, als beispielsweise im Reality-Fernsehen, kann und will Eleanor selbst entscheiden, was öffentlich wird und was privat bleibt. "Ich werde mich nie weinend vor die Kamera setzen und mein Innerstes nach außen kehren", sagt sie. Wenn sie einen schlechten Tag hat, dann lässt sie die Kamera lieber gleich aus.

Gesagt werden darf immerhin, dass sie aus einem kleinen Dorf bei Leipzig stammt, inzwischen aber in Potsdam wohnt.

Die Influencerin lässt ihre Zuschauer an ihrem Alltag teilhaben, stellt ihren Freund vor, spricht über ihre Lieblingsgerichte und zeigt ihre Wohnung. Dienstag und Mittwoch von 17 bis 19 Uhr streamt sie live auf Twitch. Sie findet, dass ihre Aufnahmen auch dann noch authentisch sind, wenn sie ihr Essen ein bisschen hübscher anrichtet, als sie es ohne Kamera tun würde.

2015 begann die 21-Jährige, ihre ersten Videos bei YouTube hochzuladen. "Damals habe ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich davon mal leben könnte", sagt sie. Innerhalb der ersten zwei Jahre kam Eleanor auch gerade mal auf 1.000 Abonnenten. Sie versuchte sich an neuen Themen und Formaten - und irgendwann traf sie einen Nerv. Einige ihrer Videos über Lernstrategien, Frisuren und Morgenroutinen wurden bis heute mehr als eine halbe Million mal angeklickt.

Geht es bei Instagram vor allem um die Optik und bei YouTube um die Vielfalt, erwarten die Nutzer auf TikTok eher ganz bestimmte Inhalte von bestimmten Protagonisten. Eleanors Auftreten auf den verschiedenen Plattformen wirkt bisweilen wie eine einzige große Studienarbeit, ein wissenschaftlicher Selbsttest zu erfolgreicher Selbstvermarktung in sozialen Medien. Und so falsch ist gar nicht.

Bei TikTok setzt Eleanor ganz auf die Sächsisch-Karte.
Bei TikTok setzt Eleanor ganz auf die Sächsisch-Karte. © Screenshot TikTok

Seit Mai macht JustSayEleanor ihren Bachelor im Studiengang Soziale Medien im Fernstudium an der Internationalen Hochschule. Es ist die vermeintlich perfekte Ergänzung zur erfolgreichen Praxis. Kein Wunder, dass sich ihre ersten universitären Anläufe mit BWL und Europäischen Medienwissenschaften für sie nicht hundertprozentig richtig anfühlten.

Welche Plattform heute am wichtigsten für sie sei, kann die 21-Jährige nicht sagen. "Es geht eher um das Zusammenspiel aller Plattformen, die sich zum Teil auch gegenseitig pushen", erklärt Eleanor. Über die Phase, in der sie einfach mal so ins Blaue ein paar nette Videos aufgenommen hat, und ausprobierte, was ihr Spaß macht, ist sie längst hinaus.

Auf ihren Plattformen setzt sich Eleanor stets perfekt in Szene.
Auf ihren Plattformen setzt sich Eleanor stets perfekt in Szene. © PR/Niklas Kubitz
Auch kleine Sünden dürfen sein.
Auch kleine Sünden dürfen sein. © JustSayEleanor
Zufällig ist an ihren Fotos nichts.
Zufällig ist an ihren Fotos nichts. © JustSayEleanor
Ihre Plattformen sollen sich gegenseitig pushen.
Ihre Plattformen sollen sich gegenseitig pushen. © PR/Niklas Kubitz

Heute verfolgt Eleanor einen klaren Businessplan. Am profitabelsten sei noch immer YouTube, da sie dort auch über die vorgeschaltete Werbung Geld verdienen könne. Dort und auf den anderen Kanälen gilt daher: Was funktioniert, wird fortgesetzt und ausgebaut. Was floppt, fliegt raus.

Dass auf TikTok nun gerade das breite Sächsisch so abgeht, hätte sie selbst nicht vermutet. In der echten Welt hat sie sich den Dialekt längst abtrainiert und spricht perfektes Hochdeutsch. "In Brandenburg würde mich ja sonst keiner verstehen."

In ihrer alten Heimat missverstehen nun aber wiederum einige Nutzer ihre öffentlichen Ausflüge ins Sächsische. "Viele glauben offenbar, dass ich mich darüber lustig mache", sagt sie. "Dabei will ich die Sprache doch würdigen, indem ich sie benutze."

Übrigens hat uns JustSayEleanor auch zum 25. Geburtstag gratuliert: