Kamenz. Stoffe über Stoffe. Hunderte, vielleicht sind es sogar mehr als 1.000. Andrea Seibt steht inmitten ihrer bunten Pracht und kann es immer noch nicht richtig fassen: Dieser riesige Laden ist ihr neues Reich, und sie freut sich auf jeden Tag, der jetzt folgt. Mit dem 1. Juni öffneten sich erstmals die Türen ihres Geschäftes an der Rosa-Luxemburg-Straße in der Kamenzer Altstadt. Hier gibt es auf jeden Fall einen nicht zu unterschätzenden Luxus: Viel Platz!
Mit ihrem Handarbeitsmode-Label "Ellenlang" ist die 40-Jährige bereits seit sechs Jahren in der Lessingstadt präsent. Und das mit Erfolg. Auch in Hoyerswerda probierte sie es einige Zeit mit einer Filiale. Doch die schloss Andrea Seibt letztes Jahr, als Corona vieles lahmlegte. "Da ich fast zeitgleich auch noch zum vierten Mal Mutter geworden bin, stand schnell fest, dass ich mich künftig auf den Standort Kamenz beschränke und dafür lieber hier meine Kräfte bündele", erzählt sie.
Stadtwerkstatt zog ein paar Häuser weiter
An diesem Vormittag jauchzt es aus dem Kinderwagen. Nesthäkchen Ronja ist immer dabei. Erst in ein paar Monaten wird sie in die Krippe gehen. Bis dahin kommt sie mit auf Muttis Arbeit. Die Bedingungen sind perfekt. Als Andrea Seibt sich bereits vor Monaten für die Räume an der Rosa-Luxemburg-Straße interessierte, war sie gleich schwer begeistert. "Es sind einfach optimale Bedingungen auf zwei Ebenen. Ich verdreifache meine bisherige Fläche sozusagen. Dadurch kann ich neue Ideen umsetzen und alte ausbauen", sagt sie.
Eigentlich hatte aber bis zum Frühjahr noch die Kamenzer Stadtwerkstatt ihr Domizil in den Räumen. "Es war aber immer klar, dass der Verein sich anderweitig orientiert, wenn es ernsthafte gewerbliche Interessenten für das Objekt gibt", sagt Citymanagerin Anne Hasselbach dazu. Gemeinsam suchte man eine Alternative für den Verein - und fand sie gleich ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite.
Nähplätze können Kunden stundenweise anzumieten
Und für Unternehmerin Andrea Seibt standen die Türen offen für einen Neustart. Sie wollte mit ihrem Mode-Label näher an die City heranrücken und plante den Umzug vom Bönischplatz langfristig. "Vor allem meine Kreativ-Kurse werden davon profitieren. Ich habe noch mehr Nähplätze einrichten können. Die Kundschaft fragt schon seit Wochen und möchte endlich loslegen", sagt sie. Corona hatte jedoch allem einen Riegel vorgeschoben.
Neu im "Ellenlang" sind nun übrigens auch Nähplätze zum Mieten. "Ich weiß, dass viele Kunden gern nähen, sich aber nicht extra eine teure Maschine anschaffen möchten oder können. So vergebe ich die Plätze stundenweise. Das kommt gut an", erklärt Andrea Seibt.
Als sie nach der Schule Modenäherin in der Firma Thieme in Großröhrsdorf lernte, ahnte sie nicht, dass sie Jahre später in ihrem eigenen Geschäft stehen wird. "Ich frage mich allerdings auch, warum ich erst mit 34 Jahren darauf gekommen bin", sagt sie lachend. Vielleicht, weil das Leben zehn Jahre früher noch ganz anders aussah. Auch marktwirtschaftlich. Und modetechnisch sowieso. Die Kamenzerin schulte aber zuerst in die Pflege um. "Ich habe den Job gern gemacht, aber gesundheitlich tat er mir nicht gut", erzählt sie. Nebenbei habe sie sowieso immer viel weiter genäht.
Online-Handel über Facebook angekurbelt
Über die Pandemiezeiten hat sie ihr Online-Geschäft angekurbelt und mehrmals wöchentlich über Facebook im Live-Kanal verkauft. "Jede Krise hat eben ihr Gutes", weiß sie nun. "Ich werde dafür nicht mehr auf Messen fahren. Der Online-Handel floriert nebenbei!"
Während Ronja unterdessen Mittag bekommen hat, sortiert Mama Stoffe und nimmt Waren entgegen. Auch die letzten Schaufenster werden geputzt. Mama Sylvia hilft fleißig dabei. Immer wieder schauen zwischendurch Kunden neugierig zur Tür hinein und beglückwünschen sie. "Es ist ein guter Standort. Ich hätte vorher nie geglaubt, wie viel Bewegung hier auf der Straße ist", freut sich die Geschäftsinhaberin.
Der Neustart ist vorerst unspektakulär. "Aber diese Räume haben das Zeug für spätere große Einkauf-Events", findet Andrea Seibt.
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