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Kamenzer rettet historischen Pavillon

Der reich verzierte hölzerne Bau stand einst vor dem Schloss in Biehla und war dem Verfall preisgegeben. Ulf Berger hat wieder ein Schmuckstück daraus gemacht.

Von Reiner Hanke
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Dieser Pavillon stand einst halb verfallen vor dem Schloss in Biehla bei Kamenz. Ulf Berger hat ihn über Jahre restauriert. Nun ist er ein Schmuckstück in seinem Garten in Kamenz.
Dieser Pavillon stand einst halb verfallen vor dem Schloss in Biehla bei Kamenz. Ulf Berger hat ihn über Jahre restauriert. Nun ist er ein Schmuckstück in seinem Garten in Kamenz. © Matthias Schumann

Kamenz. Erstaunt halten Spaziergänger in Kamenz jetzt manchmal auf der Breiten Straße inne und werfen einen Blick über den Zaun in den Garten neben der Hausnummer 2. Dort steht auf einem kleinen Hügel neben Blumenbeeten ein großer, weißer Pavillon, der mit seinen Verzierungen selbst für einen Schlosspark wie Dresden-Pillnitz ein Prunkstück wäre.

Der hölzerne Bau hat eine besondere Geschichte. Er stand einst vor dem Schloss im heutigen Kamenzer Ortsteil Biehla. Zwischen 1880 und 1900 muss er entstanden sein, präzise Dokumentationen dazu gibt es nicht. Eine historische Postkarte von 1910 zeigt ihn mit Rosen bewachsen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss abgerissen. Aber der Pavillon davor blieb erhalten.

Bei einer Radtour vor ein paar Jahren fiel dem Kamenzer Ulf Berger der Pavillon auf. Heute sagt der Handwerker, er habe sich zweimal verliebt: einmal in seine Frau und dann in diesen Pavillon.

2.500 Stunden in die Restaurierung investiert

In welch schlechtem Zustand sich der hölzerne Bau nach Jahrzehnten des Verfalls befand, wusste der Kamenzer damals nicht. Vielleicht hätte er sich dann gar nicht auf das handwerkliche Abenteuer eingelassen. Aber schließlich sei er Handwerker und so eine Aufgabe mache natürlich auch Spaß: „Ich muss immer etwas mit den Händen machen“, sagt Berger. Und dass die Familie ein Faible für historische Dinge hat, zeigt ihre einzigartige Sammlung von alter Tankstellentechnik.

In das Pavillon-Projekt haben Ulf Berger und seine Frau Antje nun 2.500 Arbeitsstunden investiert. Zuerst aber galt es, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Eigentümer zu finden und die Denkmalbehörde von dem Plan zu überzeugen, den Pavillon nach Kamenz umzusetzen und dort zu restaurieren.

2017 gingen die morschen Fragmente auf die etwa acht Kilometer lange Reise von Biehla bis auf die Breite Straße. Per Tieflader wurde der Pavillon transportiert, gestützt von einem Balkenkorsett. Den maroden Holzbau vor Ort zu zerlegen, sei zu riskant gewesen. Schon wegen der Sorge, das Puzzle nach dem Transport nicht mehr zusammenzubekommen.

Historische Fotos halfen bei der Rekonstruktion

Die elterliche Schmiede funktionierten Bergers zur Holzwerkstatt um. Eigentlich sei er ja Schmied, aber mit dem Projekt habe er quasi noch eine Tischlerlehre absolviert, sagt Ulf Berger. Zu tun gab es jede Menge: So fehlten einige Teile der Wandgitter und der üppigen Zier-Ornamente. Die Dachbalken waren kaputt und das Dach ebenso.

Bei der Rekonstruktion, zum Beispiel der Ornamente, halfen historische Fotos. Anhand dieser wurde dem Handwerker auch klar, dass das Gebäude ursprünglich wohl etwa 30 Zentimeter höher war. So habe er die Pfosten und Holzkellen im unteren Teil ringsherum verlängert, um den Originalzustand wiederherzustellen. Nun misst der Pavillon in der Höhe wieder um die vier Meter.

Beim Aufbau des Grundgerüstes half eine Fachfirma aus der Nähe von Niesky. Vieles aber haben die Bergers selbst restauriert. Die Stichsäge war im Dauerbetrieb. „Wir wollten, dass man die Handarbeit auch erkennt.“ So gleicht nicht jedes Element der filigranen Borte unter dem oberen Dach ganz dem anderen. Die Konturen habe er mit Schablonen skizziert, erzählt Ulf Berger. Ehefrau Antje habe ihn vor allem beim Streichen unterstützt. Allein das habe Monate in Anspruch genommen.

Pavillon bekommt noch eine Zeitkapsel

Nach über einem Jahr Arbeit habe er große Achtung vor dem Baumeister, der diesen Gartenpavillon einst errichtete. Berger ist sich sicher: Der denkmalgeschützte Bau wäre in Biehla hoffnungslos verloren gewesen und inzwischen nicht mehr zu retten. Für das Ergebnis seiner Arbeit habe ihm auch der Denkmalschutz seine Anerkennung gezollt, darauf sei er schon ein bisschen stolz.

Wohl wegen der drachenartigen Wesen, die den Bau schmücken, ist er unter dem Namen „Asiatischer Tee-Pavillon“ vom Denkmalschutz registriert. Ulf Berger sieht darin eher geflügelte Pferde, die ihn an Pegasus aus der griechischen Mythologie erinnern.

„Ich denke, dass der Bau ziemlich einmalig in Deutschland ist“, sagt der Kamenzer. Denn solche Holzgebäude seien sehr vergänglich, so sei auch der Biehlaer Gartenpavillon bereits in einem erbärmlich verwitterten Zustand gewesen.

Ein Brett fehlt noch im Dachstuhl. Hinter dem will Berger eine Zeitkapsel mit Fotos und Bauunterlagen verstecken. Ihm standen keine zur Verfügung, aber künftige Generationen sollen es mal einfacher haben, den Pavillon zu restaurieren. 100 Jahre sollte er aber erst einmal halten, sagt der Kamenzer.

Seiner Frau habe er versprechen müssen, so ein Projekt nicht mehr anzupacken. Ein paar Feinheiten sind immer noch zu spachteln und zu schleifen, ein paar Zierelemente zu ergänzen. Und kleine Hufeisen seien noch in Arbeit, um bestimmte Leerstellen zu füllen: „Ich bin ja schließlich Schmied.“

Wer historische Fotos und Dokumente rund um den Pavillon hat, kann sich ebenfalls bei Bergers melden.