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Alles Dada: In Kamenz trifft internationale MailArt auf sakrale Altarkunst

Das Kamenzer Dada-Zentrum verlässt seinen Stammsitz. Ab Donnerstag zeigt es in der Stadtinformation nahe dem Sakralmuseum ungewöhnliche Altäre.

Von Torsten Hilscher
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Noch mehr Dada in Kamenz: Kurator Johannes Schwabe mit zwei modernen Kunst-Collagen vor den Mittelalter-Altären im Kamenzer Sakralmuseum.
Noch mehr Dada in Kamenz: Kurator Johannes Schwabe mit zwei modernen Kunst-Collagen vor den Mittelalter-Altären im Kamenzer Sakralmuseum. © Matthias Schumann

Kamenz. Kamenz hat gerufen, und viele haben geantwortet: Künstler aus Mexiko, Spanien, Italien, den USA, Kanada, Großbritannien, Rumänien sowie natürlich auch aus Deutschland. Sie alle reagierten auf die Anfrage von Künstlerin Petra Lorenz vom Kamenzer Dada-Zentrum und sandten Miniatur-Altäre - Collagen aus Fotos, Zeitungsartikeln, Federn, Seide, Goldfolie oder Perlen. Alles Postkarten. Alle faltbar.

Die Kunstwerke bilden die Schau "Holy Altar – Dada Altar" der unkonventionellsten Kamenzer Galerie für zeitgenössische Kunst, eben dem Dada-Zentrum. "Holy Altar – Dada Altar" eröffnet am Donnerstag, dem 8. Februar 2024, im Schauraum der Stadtinformation in Nachbarschaft des Sakralmuseums St. Annen. Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Sakralmuseum und dem Dada-Zentrum im Rahmen der "Kamenzer Lessing-Akzente".

Wilde Collagen contra Mittelalter

Verantwortet wird die Dada-Schau von Johannes Schwabe. Der Kunsthistoriker ist Kurator zweier Kamenzer Kunstplätze: des Sakralmuseums und des Dada-Zentrums. "Zweit Orte, die auf den ersten Blick unterschiedlich sind: das Sakralmuseum tiefgründig, bedeutungsschwanger, aufgeladen, mit einer religiösen Dimension, philosophisch tiefgreifend; das Dada-Zentrum spielerisch, subversiv, schräg, auch teilweise anarchisch", beschreibt er die Ausgangslage.

"Eigentlich denkt man, das ist ein gegensätzliches Paar." Hier die originalen Mittelalteraltäre, da die Postkarten. Doch die Neuinterpretationen würden funktionieren, freut sich Schwabe. Sie alle hätten Flügel. Denn das mache historische Altargemälde aus, sogenannte Klapp- oder Wandelaltäre.

Begleitet wird die Vernissage am 8. Februar von einer musikalischen Liveperformance der Komponistin Agnes Ponizil aus Dresden. Schwabe führt in die Ausstellung ein. Zu sehen sind die kleinen neuen und großen alten Altäre bis zum 5. Mai 2024.

Kamenz und seine seine Dada-Ausstellung befinden sich dieser Tage in bester Gesellschaft mit den ganz Großen: Eine Dada-Schau dieses Umfangs gibt es aktuell nur in Zürich. Das Kunsthaus Zürich, Museum Nummer eins in der Schweiz, zeigt ebenfalls ab dem 8. Februar 2024 die Filminstallation Alreadymade. Darin beschäftigt sich die Künstlerin Barbara Visser mit der in Vergessenheit geratenen Dada-Künstlerin Elsa von Freytag-Loringhoven. Die "Dada-Baroness" hatte vor mehr als 100 Jahren ein Pissoir geschaffen, das 1917 zur Kunst erhoben wurde und heute laut Museum als bekanntestes konzeptionelles Werk des 20. Jahrhunderts gilt.

Dada zeitgleich in Zürich und Kamenz

Kamenz selbst ist seit März 2023 dada. Am 17. März 2023 eröffnete in der Alten Posthalterei an der Zwingerstraße das Dada-Zentrum als neues Kunst- und Kulturzentrum der Städtischen Sammlungen seine Pforten. Den Grundstock bildeten hunderte Dada-Werke, die die sächsischen Künstler Petra Lorenz, Volker Lenkeit und Frank Voigt der Stadt schenkten.

Das Trio hatte sich bereits zu DDR-Zeiten mit der Dada-Bewegung beschäftigt, die vor allem in der Kunststadt Dresden seit dem Entstehen um 1915 ein Begriff ist. Später schufen sie ihre eigene Dada-Kunst, indem sie halbfertige Postkarten zu anderen Künstlern in die Welt schickten, um sie fertig gestaltet zurück zu erhalten.

Nun ist das Dada-Zentrum Kamenz aus dem Gröbsten heraus. Das erste Jahr sei erfolgreich gelaufen und habe Kamenz auch überregional Anerkennung verschafft, schätzt die Stadtverwaltung ein. Und es geht weiter: Kurator Schwabe kündigt für März 2024 eine neue Sonderausstellung in der Alten Posthalterei an.

"Holy Altar – Dada Altar", Eröffnung am 8. Februar 2024, 19 Uhr, im Schauraum der Stadtinformation Kamenz, zu sehen bis zum 5. Mai 2024, geöffnet montags bis freitags 10 bis 18 Uhr, sonnabends, sonntags und feiertags 11 bis 16 Uhr