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Getötete Wiktoria: Warum musste sie sterben?

Ein Vierteljahr nach dem Gewaltverbrechen an der 16-Jährigen in Großröhrsdorf ist die wichtigste Frage noch immer offen - für die Eltern und die Ermittler.

Von Reiner Hanke
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Die 16-jährige Schülerin Wiktoria wurde im September in einem Garagenhof in Großröhrsdorf getötet. Anfang des kommenden Jahres wird mit Ermittlungsergebnissen gerechnet.
Die 16-jährige Schülerin Wiktoria wurde im September in einem Garagenhof in Großröhrsdorf getötet. Anfang des kommenden Jahres wird mit Ermittlungsergebnissen gerechnet. © privat

Großröhrsdorf. Für Radosław und Katarzyna Jaskulski wird es in diesem Jahr ein besonders trauriges Weihnachtsfest. Es ist das erste Weihnachten ohne ihre Tochter Wiktoria. Die 16-Jährige war im September in Großröhrsdorf einer Gewalttat zum Opfer gefallen. Das hatte Entsetzen und große Anteilnahme in der Kleinstadt ausgelöst.

Jetzt wendet sich die Familie noch einmal persönlich mit einem Brief an die Öffentlichkeit. Aus den Zeilen spricht eine tiefe Trauer und Verzweiflung. Am 15. Dezember seien drei Monate nach dem Verlust ihrer Tochter vergangen, die am „15. September 2021 in der Stadt Großröhrsdorf auf bestialische Weise von einem Freund ermordet wurde“, schreiben die Eltern.

Eltern: Ein furchtbarer Albtraum

Sie wollen sich bei allen, die in dieser schwierigen Zeit bei ihnen waren und sind, von ganzem Herzen bedanken: „Die Unterstützung, die wir von denen, die uns kannten und nicht kannten, bekommen haben, war das Schönste, was wir erlebt haben. Eure Tränen und Traurigkeit in Euren Augen haben uns gezeigt, dass wir damit nicht allein sind.“

Die Familie wolle allen zeigen, dass „wir Gewalt nicht akzeptieren“. Egal, wen sie treffe und in welcher Form. Gewalt von Menschen wie dem Täter, „der unserer Wiktoria die Erfüllung ihrer Träume, ihres Lächelns und ihrer Freude“ beraubt habe. Der jüngsten Tochter habe er ihre geliebte Schwester genommen. Es sei auch für sie ein furchtbarer Albtraum. „In solchen Momenten fragen wir uns, warum Gott so etwas zulässt … Wir haben nur einen Gedanken im Kopf - Warum?“

Staatsanwalt: Es ist ein sehr komplexer Fall

Auf diese Frage gibt es noch keine Antwort. Noch im September war ein 15-jähriger Großröhrsdorfer verhaftet worden. Der Jugendliche sei „dringend tatverdächtig“, hieß es damals von der Staatsanwaltschaft.

Kai Siebenäuger, Sprecher der Polizeidirektion in Görlitz, erklärt: „Die Ermittlungen und die Auswertungen der Spuren sind noch nicht abgeschlossen und werden auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Der Beschuldigte befinde sich nicht auf freiem Fuß, stellt Siebenäuger klar. Weitere Informationen zum Aufenthaltsort, zum Tatmotiv und zu möglichen Äußerungen des Beschuldigten gibt die Polizei nicht und verweist auf die Staatsanwaltschaft.

Aber auch die will sich derzeit nicht zu Details äußern, erklärt Sprecher Christopher Gerhardi. Nach der Festnahme war der Schüler auf Anordnung eines Haftrichters in die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses eingewiesen worden. Zum derzeitigen Aufenthaltsort werde die Staatsanwaltschaft aus Rücksicht auf das jugendliche Alter des Beschuldigten keine Auskunft geben.

Die Ermittler seien dabei, die Ergebnisse der Recherchen wie ein Puzzle zusammenzufügen: „Wir werden sehen, ob sich ein schlüssiges Gesamtbild ergibt.“ Er verstehe den Wunsch der Familie nach Erklärungen, so Christopher Gerhardi. Es werde mit Hochdruck ermittelt.

Ermittlungen noch bis Anfang des neuen Jahres

Aber es sei ein sehr komplexer Fall, „sonst wären wir weiter“. Es habe viele Befragungen gegeben, auch Verwandter und im Freundeskreis. Die Ermittlungen seien zudem schwierig, weil der Jugendliche keine weiteren Angaben mehr gemacht habe. Die Ergebnisse seien noch nicht spruchreif: „Es wird keine einfache Lösung geben“, sagt der Staatsanwalt.

Die 16-Jährige war am 15. September mit schweren Stichverletzungen in einem Garagenhof in Großröhrsdorf gefunden worden und wenig später im Krankenhaus gestorben. Eine Woche später nahm die Polizei den 15-Jährigen fest. Die Wohnung liegt nicht weit vom Tatort, einem Garagenhof, entfernt und wurde durchsucht.

Das Opfer der furchtbaren Gewalttat lebte in Lichtenberg und lernte an der Rödertal-Oberschule in Großröhrsdorf. Der mutmaßliche Täter war dort ebenfalls Schüler.

„Ich gehe davon aus, dass die polizeilichen Ermittlungen Anfang des neuen Jahres abgeschlossen werden können“, sagt Staatsanwalt Gerhardi. Bis dahin werde man zu Details keine Stellung nehmen. Es sei auch noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden, inwieweit die Staatsanwaltschaft Anklage erheben werde.