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Massiver Unterrichtsausfall: Eltern der Oberschule Pulsnitz sind besorgt

An der Oberschule in Pulsnitz fallen viele Stunden aus. Stark betroffen ist auch der Englisch-Unterricht. Der Elternrat befürchtet Lerndefizite - und nimmt die Situation nicht einfach hin.

Von Heike Garten
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An der Oberschule in Pulsnitz fällt aufgrund von Lehrermangel viel Unterricht aus.
An der Oberschule in Pulsnitz fällt aufgrund von Lehrermangel viel Unterricht aus. © Symbolfoto: Dietmar Thomas

Pulsnitz. Annett Manthey, Elternsprecherin und Mutter eines Sohnes der Klasse 9a der Oberschule Pulsnitz, ist sauer und mächtig wütend. Von den Herbstferien 2023 bis zu den Winterferien 2024 gab es in dieser Klasse keinen Englisch-Unterricht, nicht eine einzige Stunde. „Wie soll die Sprache erlernt oder vertieft werden? Bei so einem Ausfall ist der Unterrichtsstoff gar nicht mehr aufzuholen - und das in einem so wichtigen Schuljahr wie der Klasse neun“, sagt die Mutter, die mit ihrer Familie in Großnaundorf lebt.

Annett Manthey gehört zum Elternrat der Schule. Dort ist das Problem des massiven Stundenausfalls bestens bekannt. „Nicht erst jetzt beschäftigen wir uns mit dem Thema, das erste Mal bereits im September, also kurz nach Schuljahresbeginn“, erklärt die Vorsitzende des Elternrates Kathrin Hommel. Denn bereits da sei abzusehen gewesen, dass es aufgrund der zu diesem Zeitpunkt schon fehlenden Lehrer in den Fächern Englisch, Sport, Deutsch und Religion über das Schuljahr zu massiven Ausfällen kommen werde.

Immer wieder gab es Gespräche mit der Schulleitung und Schulleiterin Sylvana Wendt, doch die Situation hat sich kaum geändert. Der Elternrat schrieb an das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) in Bautzen und Chemnitz und sogar an Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) Anfang Dezember und schilderte die Situation.

Mehrere Klassen hatten gar kein Englisch

Und so war, beziehungsweise ist die Lage bezüglich des Stundenausfalls an der Schule: Gab es seit letztem Schuljahr nicht einmal eine Lehrkraft für Religion, so konnte vor den Herbstferien wenigstens eine Religionslehrerin für ein paar Stunden gefunden werden. Bereits zu Beginn des Schuljahres wurde der Englischunterricht für die Klassen 5 und 6 auf ein Minimum reduziert und durch eine Referendarin durchgeführt. Die Klassen 7 und 8 hatten gar kein Englisch, da eine Englischlehrerin aufgrund von Schwangerschaft ausfiel.

In den Herbstferien ging einer der beiden noch vorhandenen Englischlehrer in den Ruhestand. Eine neue Lehrerin wurde dafür über das Lasub der Schule zugewiesen. Nach nur anderthalb Wochen meldete diese sich krank, was zur Konsequenz hatte, dass die Klassen 9a sowie die siebenten und achten Klassen keinen Englischunterricht mehr hatten. „Die zu diesem Zeitpunkt einzige Englischlehrerin an der Schule gab Unterricht in den zwei anderen neunten Klassen, der Hauptschulklasse neun sowie den drei zehnten Klassen“, so Kathrin Hommel.

Die Oberschule in Pulsnitz. Eltern machen sich große Sorgen, weil viel Unterricht ausfällt.
Die Oberschule in Pulsnitz. Eltern machen sich große Sorgen, weil viel Unterricht ausfällt. © Archivfoto: René Plaul

Seit Schuljahresbeginn gab es in der Klasse 6a keinen Deutschunterricht. Außerdem haben die Klassen 6a, 8a und 9c noch keine einzige Sportstunde absolvieren können. Auch in Mathe, Physik Chemie, Biologie und anderen Fächern musste stark gekürzt werden.

Eltern Pulsnitzer Schüler schreiben an Kultusminister

„Für uns Eltern ist es fraglich, wie der fehlende Unterrichtsstoff bis zum Ende des Schuljahres aufgeholt werden soll, da Englisch eine sehr wichtige Grundlage in Bezug auf den weiteren Werdegang der Kinder ist“, so Matthias Kotte, auch Mitglied im Elternrat. Dazu kommt, dass auch Lehrstoff aus den Corona-Jahren noch nicht zu 100 Prozent aufgeholt werden konnte.

Die Eltern haben Bedenken, ob die Abschlussprüfungen unter diesen Zuständen durch die Kinder überhaupt zu schaffen sind. Und sie wollen das nicht länger hinnehmen. In ihrem Brief an den Kultusminister sehen sie diesen in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen und die Oberschule in Pulsnitz zu unterstützen.

Sächsische.de fragte bei der Schulleitung nach, wie sie die Situation an der Oberschule sieht. Eine Antwort von der Schulleiterin gab es nicht. Sie verwies an das Lasub.

Auf Stellenausschreibung ging keine Bewerbung ein

In der Behörde ist das Problem mit dem Unterrichtsausfall in der Oberschule Pulsnitz bekannt. Pressesprecher Clemens Arndt bestätigt, dass vom Ausfall an dieser Schule besonders die Fächer Englisch und Sport betroffen sind. „Der Unterrichtsausfall zu Beginn des Schuljahres , etwa zehn Prozent, war krankheitsbedingt, also außerplanmäßig“, erklärt er. Durch das Ausscheiden von Lehrkräften ab Oktober 2023, beispielsweise durch Renteneintritt und Schwangerschaft, wurde eine weitere Lücke beim Fach Englisch gerissen.

„Das Lasub versuchte über die Möglichkeit der schulscharfen Stellenausschreibung rechtzeitig, die Lücken zu schließen. Aber es gab keinen Bewerber“, berichtet Clemens Arndt. Er bestätigt, dass in den Monaten Oktober bis Januar der größte Unterrichtsausfall zu verzeichnen gewesen sei. Genaue Zahlen gibt es erste Ende März/Anfang April 2024. Auf dem Halbjahreszeugnis der betroffenen Klassen steht dementsprechend keine Note, sondern der Vermerk „teilgenommen“.

Nachhilfeangebot über Studenten

Das Lasub versuche gemeinsam mit der Schule, eine Möglichkeit zu finden, den Schülern trotzdem in Englisch zu helfen. So gibt es seit Ende November 2023 ein Nachhilfeangebot, für das Studenten gewonnen werden konnte. „Es haben sich 17 Schüler angemeldet. Davon besuchen etwa 12 Schüler regelmäßig das Angebot“, so Clemens Arndt. Außerdem werde geprüft, ob man das Angebot auf zwei Stunden pro Woche erweitern könne. In den Februar-Ferien bestand die Möglichkeit, ein dreitägiges Ferienangebot in Englisch und Mathe zu nutzen. Dafür haben sich nur wenige Schülerinnen und Schüler angemeldet.

Nach den Winterferien hat sich die Lage im Fach Englisch in den oberen Klassen etwas entspannt. Die bisherige Referendarin konnte als Lehrerin eingestellt werden. Außerdem gibt es weitere Nachhilfeangebote. Trotzdem schätzt das Lasub ein, dass in den unteren Klassen weiterhin ein hoher planmäßiger Unterrichtsausfall vorhanden ist.

Zufriedenstellend ist die Lage für alle Beteiligten nicht. Die Eltern werden gemeinsam mit dem Elternrat die Lage weiter beobachten und aktiv sein, bis sich die Situation deutlich bessert. „Wir wollen doch nur, dass unsere Kinder die bestmöglichen Chancen für ihre Zukunft erhalten, die gleichen wie Kinder anderer Schulen“, so der Elternrat. Gegenwärtig hat er da sehr starke Bedenken.