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Sperrung zwischen Pulsnitz und Kamenz: Der Ärger ist groß

Die S95 ist in Steina dicht. Pendler, Anwohner und Händler sind genervt. Dann stoppte auch noch der Bau. Woran das lag und wie es jetzt weitergeht.

Von Reiner Hanke
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Hier ist kein Durchkommen: In Niedersteina wird derzeit eine Gewölbebrücke saniert. Die Sperrung der S95 zwischen Pulsnitz und Kamenz sorgt für reichlich Ärger.
Hier ist kein Durchkommen: In Niedersteina wird derzeit eine Gewölbebrücke saniert. Die Sperrung der S95 zwischen Pulsnitz und Kamenz sorgt für reichlich Ärger. © Matthias Schumann

Steina. An der Straßenbaustelle in Steina auf der S95 entzünden sich derzeit heftige Diskussionen. Die Staatsstraße ist seit Anfang Mai komplett dicht, weil eine Brücke über den Weißbach saniert wird. Seitdem erhitzen die Baustelle und die damit verbundenen Einschränkungen die Gemüter. Erst recht, als der Bau ganz zum Stillstand kam.

Nach Pfingsten ungefähr, versichern Anwohner aus Steina, sei erstmals tote Hose auf der Baustelle gewesen. Erst Anfang voriger Woche ging es weiter. Tausende Pendler müssen unterdessen eine Umleitung über die Dörfer von 14 Kilometern in Kauf nehmen. Und das bei Spritpreisen von bis zu zwei Euro oder sogar darüber. Dazu kommt der Zeitfaktor. Auf den Nahverkehr umzusteigen, ist auch nicht für jeden so leicht machbar.

Wenn genervte Autofahrer auf Schleichwege ausweichen, stöhnen die Anwohner. Der über den Steinaer Semmelweg wurde ganz gesperrt.

Kunden bleiben weg

Bei Caty liegen die Nerven auf dem täglichen Weg zur Arbeit blank, wie sie bei Facebook mitteilt: „Und man kann nix tun.“ Hilflos müssen auch viele Händler den Kundenschwund hinnehmen. So trifft es zum Beispiel die Tankstelle von Pächterin Sylvi Richter in Pulsnitz. Etwa ein Drittel der Kunden bleibe weg. Es sei ja nun wie eine Sackgasse. Kein Durchgangsverkehr mehr, der direkte Weg nach Kamenz gekappt. Die benachbarten Märkte hätten genauso zu leiden.

Auf der anderen Seite der Baustelle treffe es die Geschäfte in Gersdorf und bis Kamenz. Was für Anwohner ein Katzensprung zum Bäcker oder Einkaufsmarkt war, wird gefühlt zur Weltreise. „Alles wegen der Brücke über ein Minibächlein“, schimpfen Betroffene. Da würde auch ein großes Rohr reichen, zumal die Brücke kaum zu sehen sei.

Bis Mitte Oktober dieses Jahres soll die Trasse laut Ankündigung gesperrt bleiben. Ein Steinaer schreibt dazu beim sozialen Netzwerk: „Da die Verbindung zwischen Kamenz und Pulsnitz eine wichtige und stark frequentierte Straße ist, sollte man meinen, dass die Bauarbeiten zügig durchgeführt werden.“ Um sowohl die Umleitungsstrecken zu entlasten, als auch die Autofahrer von den erheblichen Zusatzkilometern und dem Stress zu befreien. Aber danach sehe es eben nicht aus.

Gerüchte und Vermutungen machen die Runde

So hat auch Henry Schmidt aus Kamenz kein Verständnis für den riesigen Aufwand mit dieser Baustelle und Kosten von 270.000 Euro. Andere fragen sich, warum das nicht mit einer halbseitigen Sperrung zu machen sei. Die Bürger sind genervt, vor allem wenn es dann auch noch zu Verzögerungen kommt, schimpft ein anderer Leser am SZ-Telefon.

In sozialen Netzwerken wird unterdessen gemutmaßt, ob die Arbeiter vielleicht zu einer anderen Baustelle abzogen wurden oder ob Material fehle. Ein Kommentator, der sich Bergi nennt, behauptet, dass man sich um 2,5 Meter verrechnet haben soll. Auch plötzlich gefundene seltene Tierarten werden für den Baustopp vermutet.

Sie sind aber nicht die Ursache der Verzögerung. „Nach dem Freilegen der bestehenden Brücke wurden erhebliche Differenzen zu den Arbeitsgrundlagen festgestellt, die bei der Planung der Instandsetzung herangezogen wurden“, erklärt Rosalie Stephan, Pressesprecherin im Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv). Die ursprüngliche Brücke sei 1945 gesprengt worden, erklärt das Lasuv.

Über das Bauwerk gibt es kaum Dokumente

Zum Wiederaufbau gäbe es aber nur wenige bis gar keine Dokumentation. So sei die Sanierung wegen geometrischer Abweichungen am Bauwerk nicht wie geplant möglich gewesen: „Es war notwendig, die örtlichen Gegebenheiten neu zu bewerten, das heißt, Vermessungen vorzunehmen und Abstimmungen gemeinsam mit den Planern und dem Bauunternehmen zu führen“, so Rosalie Stephan. Mittlerweile habe man die Pläne angepasst.

Die lange Bauzeit und den großen Aufwand erklärt das Landesamt auch mit einer rund zehn Meter langen Stützmauer, die neben der Brückensanierung neu zu bauen ist. Im Baufeld seien Leitungen umzulegen. Aus Umweltsicht sollte außerdem möglichst nicht in den Bach eingegriffen werden.

Ziel des Projektes sei es, die Bausubstanz der Gewölbebrücke aus Naturstein zu erhalten. Zumal sie Teil einer Bauwerksfamilie sei. So befinden sich noch zwei gleichartige Brücken in unmittelbarer Nähe.

Straßenbauamt: Halbseitige Sperrung nicht möglich

Mit einer halbseitigen Sperrung zu arbeiten, sei nicht möglich. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und der Bauleute hätte Vorrang. Das Amt müsse Gesetze und Richtlinien einhalten. Danach sei eine Mindestbreite des Verkehrsweges von rund 7,20 Metern erforderlich, um eine Baustelle halbseitig betreiben zu können. Es stünden aber nur 6,80 Meter zur Verfügung.

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Um den Auto-Verkehr über eine Behelfsbrücke zu führen, stünden neben der Brücke keine Flächen zur Verfügung. Eine alternative Verkehrs- und Umleitungsführung sei nicht möglich.

Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr ist immerhin zuversichtlich, dass die verlorene Zeit wieder aufgeholt werden kann. Mancher Beobachter ist da pessimistischer. Carsten schreibt bei Facebook: „Die Wetten laufen schon, dass es bis nächstes Jahr gehen wird.“